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Doppelter Einsatz

Von kamilachilewski / 27. März 2014
Susanne Kramer genießt die Zeit mit ihrer Familie. (Foto: Marcus Goldhahn)

Als Susanne Kramer schwanger wird, stößt sie auf Gegenwehr. Ihre Kollegen und Vorgesetzten sind alles andere als begeistert. Kramer ist seit 2004 Soldatin, Oberfeldwebel, seit ihrer Elternzeit im Vorzimmer des Kommandeurs der Henne-Kaserne in Erfurt tätig. Baby und Bundeswehr, das kann nicht funktionieren – so die Reaktionen der früheren Einheit. Die Uniform zwei Nummern größer […]

Als Susanne Kramer schwanger wird, stößt sie auf Gegenwehr. Ihre Kollegen und Vorgesetzten sind alles andere als begeistert. Kramer ist seit 2004 Soldatin, Oberfeldwebel, seit ihrer Elternzeit im Vorzimmer des Kommandeurs der Henne-Kaserne in Erfurt tätig. Baby und Bundeswehr, das kann nicht funktionieren – so die Reaktionen der früheren Einheit.

Die Uniform zwei Nummern größer bestellt

„Meine Kameraden dachten, dass ich sie im Stich lasse und ihnen mehr Arbeit aufbürde“, erzählt Kramer. „Denn genau wie im zivilen Bereich gelten bei der Bundeswehr besondere Regelungen und Mutterschutz.“ Susanne Kramer macht während der Schwangerschaft keinen Wachdienst mehr, nimmt nicht an militärischen Übungen unter feldmäßigen Bedingungen teil, arbeitet nicht nachts. „So eine Sonderbehandlung kommt in der Truppe natürlich nicht so gut an. Da habe ich so gut es ging versucht, entgegenzuwirken.“ Sie trägt bis zur Geburt Uniform, obwohl die Bundeswehr Schwangeren erlaubt, Zivilkleidung zu tragen. Diese Regelung nimmt jedoch kaum eine Soldatin in Anspruch. Kramer bestellt sich die Feldbluse einfach zwei Nummern größer und borgt Kleidung von ihrem Mann, einem Offizier, aus. „In Zivil zum Dienst zu erscheinen, da wäre ich mir komisch vorgekommen. Außerdem ist die Uniform recht bequem.“

Der Wiedereintritt in das Bundeswehr-Berufsleben nach der Elternzeit ist nicht so schwierig wie die Ankündigung der Schwangerschaft. „Ich habe die Uniform angezogen und es fühlte sich gut an, wie zu Hause zu sein“, erzählt Kramer. „Das einzig Ungewohnte war die Rückkehr zum knappen Bundeswehrdeutsch. Da musste ich aufpassen, dass ich mit meinem Kameraden nicht wie mit meinem Kind rede.“

Letztlich ähneln sich der Einsatz bei der Bundeswehr und als Mutter sogar in einigen Dingen: Bei beiden trägt man große Verantwortung, braucht Leidenschaft, volle Konzentration und Hingabe – und es ist körperlich anstrengend. Kramer schultert diese Doppelbelastung gut, bekommt noch ein Kind. Heute hat sie eine vierjährige Tochter und einen zweijährigen Sohn.

Um Beruf und Familie gut vereinbaren zu können, sind Arbeitsteilung und klare Regelungen wichtig. Susanne Kramer bringt die Kinder morgens in den Kindergarten, geht dann bis vier Uhr arbeiten und holt die Kleinen wieder ab. Wenn ihr Mann einmal nicht auf Lehrgängen oder einsatzvorbereitenden Schulungen ist – und als Offizier ist er das häufig – dann tauschen sie auch mal.

Werden die Kinder krank, benutzen die Eltern die zehn Tage Sonderurlaub pro Jahr, die ihnen zustehen. Wenn beide arbeiten müssen, gibt es ein Eltern-Kind-Zimmer in der Kaserne. Jede Kaserne in Deutschland ist verpflichtet, ein solches zu haben. „Das ist wirklich sehr praktisch. In dem Zimmer ist alles, was man braucht, von verschiedenem Spielzeug bis hin zum Fernseher“, sagt Susanne Kramer. „Für mich steht ein Schreibtisch mit Telefon und Computer bereit. So kann ich arbeiten und mich trotzdem um die Kinder kümmern.“

Außerdem verhandelt die Kaserne derzeit mit einem Kindergarten, um dauerhaft 20 Belegplätze für Angehörige der Bundeswehr zu sichern. „Ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Kramer. Für sie sei es sehr schwierig gewesen, einen geeigneten Kindergarten zu finden.

Karriere und Kind – eine Entscheidung

Susanne Kramer übernimmt den Löwenanteil der Kinderbetreuung. „Wir haben uns dafür entschieden, dass mein Mann die Karriere macht und ich mich um die Kinder kümmere“, sagt Kramer. „Mein Mann und die Kinder, das ist meine Karriere.“ Kindererziehung bedeute für sie nicht, zurückzustecken, sondern ist für sie eine weitere Aufgabe, die es zu meistern gilt. „Darauf kann ich ebenso stolz sein wie auf schwierige Einsätze bei der Bundeswehr.“

Dass ihr Mann ebenfalls für die Bundeswehr arbeitet, sei ein großer Vorteil. „Das macht vieles einfacher. Ich weiß eben genau, wie es läuft, und kann daher damit umgehen, wenn mein Mann sich mal ein paar Tage nicht meldet. Da mache ich mir keine Sorgen.“

Kramers Einstellung gegenüber dem Soldatensein hat sich durch den Familienzuwachs nicht geändert. „Ich bin stolz darauf, was ich als Soldatin leisten kann.“ Einsätze im Ausland gehören allerdings nicht mehr dazu. „Obwohl ich voll hinter Auslandseinsätzen stehe, würde ich die jetzt nicht mehr zu 100 Prozent machen wollen. Gerade jetzt wo die Kinder noch so klein sind, kann ich mir nicht vorstellen, für so eine lange Zeit von ihnen getrennt zu sein.“ Diese Einschränkung der Einsatzfähigkeit sei allerdings kein Problem.

Auch der übliche Versetzungsturnus von etwa zwei Jahren wird bei jungen Familien nicht strikt durchgesetzt. „Generell ist die Bundeswehr sehr flexibel und rücksichtsvoll. Es wird darauf geachtet, junge Familien möglichst nicht auseinander zu reißen.“

Im Jahr 2019 wird Kramer aus der Bundeswehr austreten, zwölf Jahre Dienst sind dann vorbei. Danach steht ihr alles offen. „Ich bin stolz auf meine Familie, aber auch darauf, Soldatin und Mutter zu sein“, sagt Kramer.

Über den Autor:
Marcus Goldhahn begann nach seinem Studium der Betriebswirtschaft in Erfurt 2010 mit der Arbeit als freier Autor, Journalist und Fotograf bei diversen deutschen und schweizerischen Zeitschriften und Magazinen. „Man muss sich immer wieder neu erfinden und ausprobieren“. Seit 2012 ist er auch als Filmemacher unterwegs und produziert Kurzfilme.
 
 

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