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EU-Energiepolitik: Zwischen Wettbewerbsfähigkeit und grünem Willen

Von kamilachilewski / 13. März 2014
picture alliance / imageBROKER | Michael Weber

Die europäische Energiepolitik muss den Spagat zwischen Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiger, grüner Energieversorgung schaffen. Der neue Rahmen der Europäischen Kommission bis 2030 könnte ein erster Schritt sein. Von Bettina Benzinger 20 ist die magische Zahl, die seit 2008 die Energie- und Klimapolitik der Europäischen Union (EU) dominiert. Die sogenannten „20-20-20-Ziele“ bezeichnen drei gesetzte Kernziele bis zum […]

Die europäische Energiepolitik muss den Spagat zwischen Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltiger, grüner Energieversorgung schaffen. Der neue Rahmen der Europäischen Kommission bis 2030 könnte ein erster Schritt sein.

Von Bettina Benzinger

20 ist die magische Zahl, die seit 2008 die Energie- und Klimapolitik der Europäischen Union (EU) dominiert. Die sogenannten „20-20-20-Ziele“ bezeichnen drei gesetzte Kernziele bis zum Jahr 2020, hinter denen bald drei Häkchen stehen werden, denn voraussichtlich werden sie erreicht. Die Emissionen der klimaschädlichen Treibhausgase sollen um 20% im Vergleich zu den Werten im Jahr 1990 reduziert werden. Der Anteil erneuerbarer Energien im Energiemix der EU soll mindestens 20% betragen. Außerdem soll die Energieeffizienz um 20% verbessert und somit der Energieverbrauch reduziert werden.

Grün und wettbewerbsfähig

Anfang des Jahres hat die Europäische Kommission einen neuen Rahmen für die europäische Klima- und Energiepolitik vorgestellt, der verbindliche Zielvorgaben von 2020 bis 2030 liefern soll. Der neue Rahmen gibt vor, den inzwischen veränderten wirtschaftlichen Bedingungen gerecht zu werden. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, Entwicklungen auf den Energiemärkten, unterschiedliche Voraussetzungen in den Mitgliedsstaaten und auch unterschiedliche Ambitionen sollen berücksichtigt werden.

Die Energiepolitik steht in einem Spannungsfeld zwischen drei wichtigen Polen, die in Wechselbeziehungen stehen: Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit und Energieversorgungssicherheit. Im Grünbuch der Kommission zu den neuen Plänen heisst es, „dass ein höherer Anteil der erneuerbaren Energien und vermehrte Energieeinsparungen allein weder eine größere Wettbewerbsfähigkeit noch eine verbesserte Versorgungssicherheit gewährleisten werden“. Der Vorschlag für den weiterführenden Rahmen scheint daher kein klares Bekenntnis zu erneuerbaren Energien, sondern eher ein  Kompromiss zwischen „Go Green“ und Wettbewerbsfähigkeit zu sein.

Energiekommissar Günther Oettinger sagte bei der Vorstellung des Planes, der Rahmen für die Politik bis 2030 richte hohe Ansprüche an die Klimaschutzmaßnahmen, „macht jedoch auch deutlich, dass die Ziele möglichst kostengünstig erreicht werden müssen“. Ein Vorschlag der Europäischen Kommission ist der Ausbau des ersten der 20-20-20-Ziele: Er sieht eine für jeden Mitgliedsstaat eine verbindliche Reduktion der Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2030 um 40% unter den Stand von 1990 vor.

Das zweite 20er-Ziel hinsichtlich des Ausbaus erneuerbarer Energien präsentiert sich in der neuen Zielsetzung wie folgt: Mindestens 27% des Energiemixes auf europäischer Ebene soll auf erneuerbare Energien entfallen. Dieses Ziel räumt den Mitgliedsstaaten eine gewisse Flexibilität für nationale Zielvorgaben ein. Auf diese Weise gibt die Kommission zwar ein übergeordnetes Ziel auf EU-Ebene vor, anders als bei den bisherigen Zielen jedoch ohne verbindliche Vorgaben für die Mitgliedsstaaten. Wie genau die 27% zustande kommen, ist freigestellt. Das kritisiert die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young in ihrem aktuellen Trendreport „Renewable Energy Country Attractiveness Index“ (RECAI) als Niederlage für die erneuerbaren Energien.

Das dritte 20er-Ziel, der reduzierte Energieverbrauch, ist in den Handlungsvorschlägen der Europäischen Kommission bis 2030 nicht weiter erläutert worden. Die Rolle der Energieeffizienz soll bei der Überprüfung der Richtlinie über Energieeffizienz, die im Laufe des Jahres abgeschlossen wird, thematisiert werden. Neben der Weiterführung der 20-20-20-Ziele soll außerdem eine Reform des EU-Emissionshandelssystems erfolgen.

Die EU-Kommission will die staatlichen Subventionen für erneuerbare Energien kürzen. (Foto: Pixabay, Mutinka)
Die EU-Kommission will die staatlichen Subventionen für erneuerbare Energien kürzen. (Foto: Pixabay, Mutinka)

Subventionen kürzen

Etwa zeitgleich mit dem neuen Rahmen für die Energiepolitik legte die Kommission einen Vorschlag zu den staatlichen Subventionen für Umweltschutz und Energieprojekte vor. „Angesichts steigender Marktanteile und sinkender Kosten der erneuerbaren Energien sollten staatliche Beihilfen schrittweise auf eine marktfreundlichere Förderung erneuerbarer Energien in Form von Marktprämien oder Zertifikaten übergehen“, heißt es in einer entsprechenden Pressemitteilung. Zu gut Deutsch: Staatliche Subventionen für erneuerbare Energien sollen gekürzt werden. Die Kommission begründete ihren Vorschlag unter anderem mit niedrigeren Energiekosten für energieintensive Unternehmen und für Verbraucher. Außerdem förderten Subventionen die Wettbewerbsverzerrung. Die derzeitigen Leitlinien für Umweltschutzbeihilfen gelten noch bis Ende 2014.

Verschärfter Wettbewerb

Der neue Rahmen der Kommission und der Vorschlag zur Subventionskürzung werden den globalen Energiemarkt nachhaltig beeinflussen. Die Änderungen in den Subventionsrichtlinien „könnten beträchtliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Region haben“, heisst es in der Ernst&Young-Studie. Vor allem bestehe die Gefahr, dass wachsende Energiemärkte wie zum Beispiel Äthiopien, Kenia, Indonesien, Malaysia und Uruguay dem europäischen Markt den Rang ablaufen könnten, wenn die erneuerbaren Energien nicht mehr so subventioniert werden wie derzeit.

Die Vorschläge zur neuen Energiepolitik der Kommission werden laut RECAI „wahrscheinlich den Grundstein für jeglichen internationalen Klimawandel-Vertrag im Jahr 2015 bilden“. Gleichzeitig gelte: „Der zukünftige Erfolg des Sektors der erneuerbaren Energien wird nicht von nationalen oder internationalen Treibhausgas-Reduktionszielen angetrieben werden. Den Erfolg wird es geben, weil erneuerbare Energien Sinn machen – für die Wirtschaft, für die Gesellschaft, für Investoren und für Unternehmen.“

Über die Autorin:
Bettina Benzinger hat internationalen Journalismus studiert. Zuletzt hat sie ein Medienprojekt im westlichen Afrika bei der Strategieentwicklung und im Management beraten.

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