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ProSpielerische Vorbereitung auf das Leben

Von Katharin Tai / 7. August 2014
picture alliance / Zoonar | Robert Kneschke

Digitale Medien sind ein integrativer Teil unseres Alltags geworden. In der Schule sollte deshalb auch eine entsprechende Medienkompetenz vermittelt werden – mit Hilfe von Computerspielen. Zur Jahrtausendwende, vor 14 Jahren, kamen Computer in den Schulen an – oft in Form von klobigen, schmuddeligen Röhrenmonitoren. An Grundschulen war dann zum Beispiel die kinderfreundliche Suchmaschine „Blinde Kuh” […]

Digitale Medien sind ein integrativer Teil unseres Alltags geworden. In der Schule sollte deshalb auch eine entsprechende Medienkompetenz vermittelt werden – mit Hilfe von Computerspielen.

Zur Jahrtausendwende, vor 14 Jahren, kamen Computer in den Schulen an – oft in Form von klobigen, schmuddeligen Röhrenmonitoren. An Grundschulen war dann zum Beispiel die kinderfreundliche Suchmaschine „Blinde Kuh” als Startseite eingestellt, um die Schüler bei ihren ersten Schritten im Netz zu schützen.

Im Sommer 2014 haben nahezu alle Schüler über zwölf Jahre ein Handy, deutsche Konsumenten verbringen pro Tag durchschnittlich viereinhalb Stunden im Internet und fast 90 Prozent der Internetnutzer sind in sozialen Netzwerken unterwegs.

Während die Digitalisierung unser Leben in allen anderen Bereichen gründlich durchdrungen hat, stellen wir uns bei der Bildung immer noch die Grundsatzfrage, ob Digitalisierung überhaupt eine gute Idee ist.

Doch diese Frage ist eine, die vor zehn Jahren hätte gestellt werden müssen. Heute muss nicht überlegt werden, ob man Computer in die Schulbildung integriert – sondern wie. Natürlich kann Schule bei Stiften und Papier bleiben, doch wenn sie wirklich beansprucht, Schüler auf die Lebensrealität vorzubereiten, bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich mit digitalen Medien auseinanderzusetzen und sie in den Schulen zu nutzen – beispielsweise in Form von Computerspielen.

Die Realität in die Schulen lassen

Die Angst vor einem radikalen Wandel ist oft unbegründet. Digitalisierung der Bildung bedeutet nicht, dass es nur noch elektronische Medien in der Schule gibt. In Deutschland gehen erste Projekte so weit, dass die Schüler ihre eigenen Geräte bei Bedarf mit in die Schule bringen. Für eine Präsentation wird dann mit Smartphones, Laptops und Tablets gearbeitet.

Die unterschiedlichen Kenntnisse der Schüler ergänzen sich gegenseitig. Der Pädagogikprofessor Michael Kerres von der Universität Duisburg hat eines dieser Projekte betreut und berichtet von durchgehend positivem Feedback: „Die Schulen wollen gar nicht wieder zurück zu anderen Unterrichtsformen.”

Dabei ist die Integration von digitalen Medien oft noch ein Horrorszenario für viele Schulen. Lehrer versuchen, die Schüler durch Handyverbote vor Ablenkungen zu schützen, und wollen medienfreie Räume schaffen. So verschließen sie die Augen vor der Realität – denn Schüler bewegen sich heute zu keinem Zeitpunkt in einem medienfreien Umfeld. Mandy Rohs, Juniorprofessorin für Pädagogik an der TU Kaiserslautern, glaubt, dass Schüler den Umgang mit digitalen Medien lernen können: „Geräte gezielt einzusetzen und sich nicht ablenken zu lassen – genau diese Kompetenzen müssen Kinder eigentlich erwerben.”

Die Möglichkeiten, digitale Medien im Unterricht einzusetzen, sind vielfältig. Wir müssen nur von der Idee wegkommen, dass sie vor allem als Papier- und Stiftersatz taugen. „Oft wird fälschlicherweise angenommen, dass allein die Bereitstellung dieser Medien schon eine Innovation darstellt“, sagt Michael Kerres. „Dabei reicht die Innovation eigentlich viel weiter.”

Oft helfen beispielsweise Computerspiele, Lerninhalte auf spielerische Art und Weise zu vermitteln. Der Markt dieses „Edutainments“ wächst – und mit ihm die Möglichkeiten, Unterricht attraktiv zu ergänzen.

Es gilt, die neuen Medien gezielt in neue pädagogische Konzepte einzubinden. Ob eine Stunde gut ist und die Schüler etwas lernen, hängt nicht davon ab, ob Tageslichtprojektor oder Tablets benutzt werden, sondern davon, ob der pädagogische Aufbau der Stunde stimmt.

Informatik neu denken

„Letzlich bereiten digitale Medien in der Schule die Schüler auf den Arbeitsmarkt vor“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Lars Klingbeil, der sich auf neue Medien spezialisiert hat. Er warnt, dass wir für eine Diskussion, ob eine Digitalisierung der Bildung notwendig ist, eigentlich gar keine Zeit mehr haben. „Da geht es um Kompetenzen, die in 15 Jahren darüber entscheiden werden, ob die Schüler eine Arbeit finden – genau dieses Legen von Grundlagen ist ja die Aufgabe von Schule.”

Nicht nur auf dem Arbeitsmarkt, auch im ganz alltäglichen Leben wird digitales Grundwissen immer wichtiger. Immer wieder wird vage von Algorithmen gesprochen, die unser Surfverhalten analysieren und die dafür sorgen, dass uns online diese und nicht jene Produkte empfohlen werden.

Aber wie Google funktioniert oder was ein Algorithmus ist, weiß nur, wer sich aus persönlichem Interesse damit auseinandersetzt. Das gilt auch für die Generation der sogenannten Digital Natives, die mit Smartphones und sozialen Netzwerken aufwachsen: Sie können die Oberflächen bedienen, doch ihr Wissen um die Prozesse dahinter ist meist begrenzt.

Mandy Rohs könnte sich gut vorstellen, das Schulfach Informatik neu zu interpretieren. „Um einen Computer kompetent nutzen zu können, muss ich nicht unbedingt wissen, wie er bis ins Detail funktioniert“, so Rohs. „Aber es wäre hilfreich, zu verstehen, wie Algorithmen, Suchmaschinen und personalisierte Werbung funktionieren.”

Allerdings müsse nicht jeder Programmieren lernen, meint auch Rohs – denn auch das Fach Physik soll aus Schülern keine Physiker machen und den Französischunterricht sollen nicht alle als Dolmetscher verlassen.



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