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ContraArbeitsplatzräuber Digitalisierung: Mein Chef, die Maschine

Von David Sahay / 14. November 2015
picture alliance / dieKLEINERT.de / Sascha Bierl | Sascha Bierl

Die Digitalisierung ist fantastisch. Schon jetzt macht sie uns den Alltag leichter. Bald wird auch lästige Arbeit von Computern erledigt werden. Alles super, könnte man also meinen. Doch Maschinen nehmen uns die Arbeitsplätze weg.

Man kennt das aus den Terminator-Filmen: Alles läuft rund, dann kommt die Maschine und wenig später fliegt alles in die Luft. Was die Filme uns nicht lehren: Wenn die schlauen Maschinen wirklich kommen – und das tun sie – werden uns nicht die Autos um die Ohren fliegen, sondern der Arbeitsmarkt.

Wir machen schon heute vieles digital: Wir shoppen online, überweisen online und schauen Filme auch meist online. So sparen wir uns den Gang zum Kaufhaus, zur Bank oder in die Videothek. Doch wir sparen uns auch den Verkäufer, die Bankkauffrau und die Menschen hinter der Ausleihtheke. Wir sparen uns Arbeitsplätze.

Sozial, kreativ oder arbeitslos

Jetzt erobert die Digitalisierung auch die deutschen Fabrikhallen. Maschinen kommunizieren über das Internet miteinander, es entsteht die sogenannte Industrie 4.0. Komplexe Produktionsketten werden präziser, effizienter – und bald auch billiger als die Arbeitskraft von den Menschen, die bisher die gleichen oder ähnliche Aufgaben erledigt haben.

Was am Fließband bereits wie am Schnürchen funktioniert, wird bald auch Berufe betreffen, an die man heute noch nicht denkt: Piloten, Anwälte, Journalisten. Langfristig bleiben nur kreative und soziale Berufe von der Digitalisierung verschont – und das auch nur vielleicht.

Das haben schlaue Menschen ausgerechnet, und sie beschreiben es in

vielen

verschiedenen

Studien.

So kommt eine Studie der Universität Oxford zu dem Schluss, dass bis 2030 rund die Hälfte aller Arbeitsplätze in den USA durch Digitalisierung zerstört werden wird.

Das iPhone sah keiner kommen

Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) rechnen in Deutschland mit 430.000 neuen Stellen und 490.000 wegfallenden Arbeitsplätzen bis 2025. Die Gleichung dahinter ist relativ simpel: Wer heute noch eine Maschine bedient, verliert morgen seinen Job. Viele der Arbeitnehmer können stattdessen in einem anderen Bereich arbeiten.

Noch sind die schlauen Maschinen oft zu teuer, aber das war das schlaue Handy auch, bevor Apple vor acht Jahren erstmals das iPhone produzierte. Bald schon sind Maschinen die besseren Arbeiter. Der Elektronik-Konzern baut gerade Roboter. Die nächste Generation soll die asiatischen Arbeiter ersetzen, die derzeit noch iPhones zusammenbasteln.

Auch Führungskräfte bedroht

Industrie 4.0 ist eine weitere industrielle Revolution. Erst wurde alles mechanisiert, dann kam die Massenproduktion, schließlich Elektronik und IT. Jedes Mal ging es den Menschen nach dem Wandel besser. Gefährliche und monotone Arbeiten wurden von Maschinen übernommen, der Lebensstandard stieg.

Dieses Mal aber gibt es ein Problem: Durch diese Revolution werden weniger Arbeitsplätze geschaffen als abgeschafft. Dabei geht es nicht um einzelne Berufe, sondern um ganze Branchen.

Die Autoren der Studie der Bank ING-DiBa gehen noch ein paar Schritte weiter als ihre Kollegen vom IAB. Laut ihnen verlieren nicht 490.000 Menschen ihren Job, sondern 18 Millionen. Denn Maschinen übernehmen nicht nur die Jobs von Arbeitern in der Industrie, sondern auch die Stellen von Bürokräften, Dienstleistern und sogar einigen Führungskräften. Dass ein Großteil der Arbeitnehmer einfach den Beruf wechselt, halten die Experten für unwahrscheinlich.

Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING-DiBa, sagte gegenüber der Welt: „Die Erfahrungen mit früheren technologischen Veränderungen zeigen, dass es unrealistisch ist, darauf zu hoffen, dass Arbeitskräfte, die durch Roboter freigesetzt werden, einfach in anderen Bereichen eingesetzt werden können.“

Ein besseres Leben für alle?

So wird der Terminator kommen. Doch er wird nicht um sich schießen, sondern fleißig seine Arbeit machen. Er wird denjenigen Menschen den Job abnehmen, für die es keine Alternative gibt. Er wird nicht Autos sprengen, sondern unseren Arbeitsmarkt.

Weniger Arbeit für Menschen kann Lohn-Dumping bedeuten, Arbeitslosigkeit und in der Folge sogar ein bröckelndes Sozialsystem. Denn wer keine Arbeit hat, kann auch keine Steuern zahlen.

Die Alternative wäre ein besseres Leben für alle: Mit Steuern auf die Arbeit von Maschinen, weniger Arbeitsstunden und einem neuen Lebensstandard, den wir heute nur googlen können.

In Deutschland muss ein Umdenken stattfinden, denn im Angesicht der Digitalisierung Arbeitskraft anzubieten, ist in etwa so erfolgversprechend wie den Terminator zu bitten, statt Autos in die Luft zu jagen erstmal Steuern zu zahlen.



5 Antworten auf „Arbeitsplatzräuber Digitalisierung: Mein Chef, die Maschine“

  1. Von Jan Roessner am 15. November 2015

    David, vielen Dank für deinen Beitrag und die interessanten Daten. Ich stimme dir absolut zu, dass sich Deutschland nun nicht zurücklehnen und sich über mehr Freizeit freuen darf. Vielmehr muss sich jeder Digitalisierung kritisch gegenüber gestellt werden, um zu prüfen, ob sie notwendig ist und Verbesserungen bringt.

    Vermessener Weise teile ich jedoch nicht deine Meinung – die zugleich auch Meinung vieler Analysten ist – dass uns durch die Digitalisierung dauerhaft massenweise Arbeitsplätze verloren gehen werden. Wo ein Berufsfeld weg bricht, entsteht ein neues. Vergleicht man die Arbeitslosenquoten der letzten 20 Jahre, so befinden wir uns 2015 in einem historischen Tief. Und das trotz zunehmender Digitalisierung. Es ist oft auch für die gescheitesten Analysten nicht vorauszusehen, welche neuen Ideen und Produkte – und damit Berufe – aufgrund einer fortschreitenden Digitalisierung entstehen. Vor allem die Kreativ-Berufe werden auf weiteres lange weiterbestehen. Bspw. hat sich durch die Einführung des Smartphones ein milliardenschwerer App-Markt entwickelt, der in dieser Form vorher nicht bestand und der viele Arbeitsplätze geschaffen hat.

    Gewiss ist, dass die traditionellen Fabriksberufe Einbüssen hinnehmen müssen werden. Deutschland täte sicherlich gut daran, sich in anderen Bereichen zu professionalisieren. Aber auch hier wird sich vor allem die nächste Arbeitergeneration damit beschäftigen müssen und damit genug Zeit haben, die richtige Entscheidung zu treffen.

    Vielen Dank – J

    1. Von ripanti am 15. November 2015

      Ist es nicht so, dass die Digitalisierung im selben Maße auch für neue Jobs sorgt? Es tritt eine Verschiebung in einigen Bereichen der Arbeitswelt ein.

      Was u.a. passieren muss, ist eine angepasste Bildung in Schulen. Bringt unseren Kindern programmieren bei. Zeigt ihnen wie man Unternehmer wird. Erklärt ihnen früh, dass Journalismus heute nicht nur in der Tageszeitung passiert.

      Solche Veränderungen gab es schon immer in der Arbeitswelt. Frag mal einen Kutscher 🙂

      1. Von Lukas Leander Rosenstock am 16. November 2015

        Es gab immer Verschiebungen in der Arbeitswelt aber es gibt Argumente dafür, dass es diesmal anders ist. Ein interessanter Artikel der einige dieser Argumente aufzählt ist dieser hier: http://www.scottsantens.com/yes-it-really-is-different-this-time-and-humans-already-need-not-apply

        1. Von ripanti am 17. November 2015

          Danke @lukasrosenstock:disqus

          Es fühlt sich anders an, aber unterm Strich bleibt wohl, dass wir uns anpassen müssen, oder?

  2. Von Alexander # Digitalisierung 4.0 am 29. August 2017

    Ich glaube auch, dass man sich immer anpassen muss und das die Digitalisierung nur ein vorgeschobenes Argument ist. Es wird immer Möglichkeiten geben Arbeiten noch effektiver auszuführen oder Maschinen einzusetzen und das wird man nicht aufhalten können.

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