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Praktisch, provokativ – Panther Ray

Von Jule Zentek / 14. September 2016
Credits: Panther Ray;

Mensch und Umwelt scheinen nicht zu harmonieren. Die Menschheit verschmutzt die Erde, anstatt sie zu schützen. Doch beide können wieder zueinanderfinden. Das zeigt das Umwelt-Projekt Panther Ray.

25 Quadratmeter Holzplanken. Alte Einkaufswagen und Tischbeine. Jede Menge Holzabfall und Metallschrott – all das schwimmt auf der Wasseroberfläche. Doch was dort in der Spreebucht liegt, wurde nicht etwa von Umweltsündern via Wasser entsorgt. Ganz im Gegenteil: Hinter dem Müllberg steckt das Umweltprojekt „Panther Ray“. Ein Floß, das eine Gruppe junger Leute aus recycelten Materialien gebaut hat. Für wen? Für alle!

Von der Müllkippe zum Umweltprojekt

Während das Floß an der Kaimauer liegt, sind die kleinen Wellen kaum zu spüren. Doch werden die Bewegungen im Wasser wilder, beginnt auch Panther Ray zu schaukeln. Bei Fahrten in den ruhigen Gewässern der Berliner Spree, wie zum Beispiel dem Müggelsee ist ein ständiges auf und Ab eher selten.

Wer genau hinschaut, dem fällt auf, dass Panther Ray gar kein Floß ist, sondern ein Katamaran. Zwei Schwimmkörper aus alten Holzkisten liegen unter der bunten hölzernen Fläche. Über dieser befinden sich drei weitere Ebenen – allesamt aus alten Holzplanken und -balken. Eine kleine offene Sitzecke mit Küchenzeile für Koch- und Gesprächsrunden auf der ersten Ebene. Eine Etage höher lädt eine weitere Fläche zum Sonnen ein. Darüber thront, was Panther Ray deutlich von einem Baumhaus unterscheidet: Das Steuerrad.

Beim Bau fehlte der achtköpfigen Floßmannschaft zwar das handwerkliche Wissen. Dafür mangelte es nicht an Ehrgeiz. Die acht Freunde sind Wahlberlinern, die sich im Studium kennengelernt haben und mittlerweile mit ihren Dissertationen beschäftigt sind oder lohnarbeiten. Daher stand für sie schnell fest, wie sie das ehrenamtliche Projekt verwirklichen wollen. „Drei Prinzipien haben wir uns auferlegt“, sagt Nadja Berseck. „Wir wollten Nachhaltigkeit, eine Finanzierung über Open Source und ein offener Treffpunkt sein.“

Nadja hat ihren Master in Wirtschaftswissenschaften und Management gemacht und widmet sich vielen Projekten. Eines davon ist Panther Ray. Die junge Frau sprüht vor Energie, scheint nicht stillstehen zu können. Noch während sie die Überreste der letzten Aktion vom Floß entsorgt, plant sie gemeinsam mit der übrigen Gruppe die nächsten Aktivitäten.

Sie war von Anfang an dabei, hat alle Hochs und Tiefs von Pather Ray miterlebt. Wie lange die Materialsuche gedauert hat. Wie erfolgreich die Finanzierung über Crowdfunding ablief. Und wie dankbar sie den Berliner Abfallunternehmen und Metallschrotthöfen für deren Unterstützung noch heute ist. Doch am liebsten spricht Nadja über die Erfolge und Ziele von Panther Ray.

„Im Februar 2015 war die Idee in unseren Köpfen, dann ging alles ganz schnell und im Juli schwammen wir bereits auf der Spree“, erinnert sich Nadja und schaut sich stolz auf dem hölzernen Gefährt um. Ihr Blick bleibt an einem Wok hängen, der auf der Küchenzeile steht. „Letztens hatten wir hier einen Kochabend“, erklärt sie und erzählt von weiteren Plänen. Kunst und Kultur wollen sie auf Panther Ray anbieten und ein Ort zum „Chillen“ sein. „Jeder ist hier willkommen“.

Auf dem Floß treffen sich die Freunde für kleine Fahrten, manchmal auch nur um Sachen zu besprechen oder zu entspannen. An den Wochenenden widmet sich die Crew dann den ehrenamtlichen Aktionen und Angeboten. So läuft es in den Sommermonaten ab. „Doch dann geht auch das Floß in den Winterschlaf auf seinen Winterliegeplatz“, sagt Nadja. Fallen am Boot Reparaturen an, übernehmen die acht Freunde die Ausbesserung selbst. „Unsere Schwimmkörper laufen mit Wasser voll, aber wir pumpen das raus“, erklärt Nadja und greift beherzt selber zu.

Mehr als ein alternativer Treffpunkt

Damit aber nicht genug. „Vergangene Woche haben wir einen Workshop gemacht und die Wasserqualität der Spree untersucht“, berichtet Nadja. Denn die Baumaterialien bestehen nicht ohne Grund aus vermeintlichen Abfallprodukten. Sie sollen eine Botschaft sein. Für nachhaltiges Handeln und für den Umweltschutz.

Ein Floß als ökologisches Wunderwerk – klingt toll. Damit es auch hält, was es verspricht, helfen alte Einkaufswagen. Aus denen entstand ein Drahtgitter, das vorn am Floß befestigt ist. „Wenn wir in See stechen, können wir es herunterklappen und damit Müll aus dem Wasser fischen“, erklärt Nadja und zeigt auf das eiserne Gitter am Bug des Floßes. So keschert Panther Ray Müll aus der Spree. Später entsorgt die Crew den Abfall ordnungsgemäß. Auf diese Weise helfen sie dem Naturschutzbund Nabu bei dessen Reinigungsaktionen der Berliner Spree.

Manches von dem was sie aus dem Wasser heben, bleibt allerdings direkt an Bord. Hölzer, Stahlstriemen und Eisenketten sind das eine. Aber auch aus scheinbar Nutzlosem kann wieder Neues entstehen. Es braucht nur ein bisschen Fantasie. Eine Girlande aus alten Getränkedosen ziert die Kochnische an Bord. Über dem Tisch in der Sitzecke baumelt eine alte Tasse, die als Lampenersatz dient. Wer den Flaschenöffner für die Bierflasche sucht, wird am Schnürsenkelende eines alten Paar Turnschuh fündig, das an einem Holzbalken klebt. Alles scheint hier Verwendung zu finden. Kreislaufwirtschaft nennt sich dieser Gedanke.

Alles passt, wenn nichts mehr passt

Zunächst mag die Lampion-Deko seltsam wirken und besonders die ausgelatschten Schuhe könnten Fragen aufwerfen. Außerdem scheint optisch einfach gar nichts zu passen. Doch kennt man den Hintergrund von Panther Ray, erscheint auf den zweiten Blick alles ganz anders. Es ist normal. Vollkommen richtig so. Alles hat hier seinen Platz, wird gebraucht.

Kultur, Spaß, Wissenschaft, Nachhaltigkeit und Umweltschutz – das alles ist an einem Ort vereint. Was als vermeintliches Hirngespinst in den Köpfen acht junger Leute begann, ist wahr geworden. Nichts, was dazugehört, wurde gekauft. Alles ist aus bestehenden Teilen in gemeinsamer Handarbeit entstanden. Eine Win-Win-Situation für Mensch und Natur.

Vor allem aber zeigt die Konstruktion, wie alles ineinander übergeht. Auch deshalb scheint der Name des hölzernen Gefährts mehr als passend. Panther Ray steht für den Satz des griechischen Philosophen Heraklit: „Panta rhei“ – alles fließt.

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