OSPI: Glaube bedeutet füreinander da sein

Wertschätzung und Hingabe sind Leitmotive ganz besonderer Nonnen in Berlin. Wie der verstorbene Papst Franziskus widmen auch sie sich Menschen, die die Gesellschaft oft über- oder schief ansieht.
Es war Ostern 1979, als drei Männer im schwul-lesbisch dominierten Stadtviertel The Castro von San Francisco auftauchten. Sie trugen echte Ordenskleider – zum Zeichen der Hingabe an einen Gott für alle und der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft. Die Habite stammten von einem katholischen Nonnenkonvent und waren den Männern für eine angebliche Theaterproduktion zur Verfügung gestellt worden. (Aber nie zurückgegeben.)
Die The Sisters of Perpetual Indulgence, wie sie sich nannten, sind seitdem nicht nur in den USA der Öffentlichkeit bekannt. Durch ihr prägnantes Erscheinungsbild wird die Vereinigung weit über die internationale LGBT-Community hinaus wahrgenommen, aus der heraus sie entstanden ist. Auch heute soll mit ihrem Engagement das Bewusstsein für eine vorherrschende Hypermaskulinität geschärft werden.
Der Ausdruck „perpetual indulgence“ lässt sich als „ewiger Sündenablass“ übersetzen; allerdings kann „indulgence“ auch „Nachsicht, Nachgiebigkeit“ meinen. Im Deutschen bedeutet Indugenz auch „Ablass“. Orden der Schwestern der perpetuellen Indulgenz (OSPI) nennt sich die Berliner Sektion, die unabhängig von anderen Häusern aktiv ist.
Warum Nonnen statt Mönche? Der traditionellen Rolle der Nonne als gehorsame, fromme Frau (die auch in Horror- oder Pornofilmen vorkommt) stellen die Schwestern ein liberales, queeres Frauenbild entgegen, das ebenso großen Wert auf Engagement setzt. Unter anderem gegen Homophobie und Diskriminierung in religiösen Gemeinschaften.
Der verstorbene Papst Franziskus empfing Gruppen transsexueller Menschen zu Audienzen und sprach sich für eine offene und respektvolle Haltung der Kirche gegenüber Transpersonen aus. Der OSPI sammelt bei diversen Aktionen Spendengelder, die an gemeinnützige Organisationen weitergegeben werden, die sich um Menschen kümmern, die von HIV und Aids betroffen sind. Auch Trauungszeremonien oder Trauermärsche gehören zu der Ordensarbeit dazu.
Anders als der unauffällig gekleidete, bescheiden aufgetretene Franziskus wollen die spirituellen Schwestern bunt, aktivistisch und „ein bisschen verrückt“ universelle Freude verbreiten. Wie es darum künftig in der katholischen Kirche bestellt ist, wird sich zeigen. Die Schwestern der perpetuellen Indulgenz zeigen sich bis in alle Ewigkeit. Amen.