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ContraGar nicht mal so ungefährlich

Von Milan Ziebula / 30. Januar 2018
picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Cannabis auf Rezept kann Schmerzen lindern. Das neue Gesetz zur Legalisierung als Arznei ist aber lückenhaft. Außerdem ist Kiffen zur Schmerzlinderung nicht ohne Nebenwirkungen zu haben.

Wer in Deutschland an einer schweren oder gar unheilbaren Krankheit leidet, darf sich seit März 2017 von seinem Arzt Cannabis zur Schmerzlinderung verschreiben lassen. Patienten, die zum Beispiel austherapiert sind, an chronischen Schmerzen leiden, Aids oder Krebs im Endstadium haben, sollen so weiter Hilfe erhalten.

Das klingt erst einmal gut. Bei genauerer Betrachtung ist die Gesetzesänderung aber problematisch.

Schädlich für den Körper

Auch wenn es als Medikament zugelassen ist: Cannabis ist nicht gänzlich ungefährlich. Und kann auch im „klinisch reinen“ Zustand eine ganze Reihe von Nebenwirkungen vorweisen.

Aus einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus dem Jahr 2015 geht hervor, dass Cannabis bei manchen Kosumierenden zu Panikattacken, Halluzinationen und Brechreiz führen kann. Euphorische Zustände wären höchtens von kurzer Dauer und ebenfalls nicht immer zielführend. Auch das Erinnerungsvermögen sowie der IQ leiden bei dauerhaften Konsum. Die Schadstoffe können Lungen- und Bronchialerkrankungen verursachen. Das ist fatal für Patienten, die noch andere Erkrankungen haben, weil diese generell schon geschwächt sind und die Zusatzerkrankungen schlechter verkraften können. Außerdem kann sich Cannabiskonsum massiv auf die Psyche auswirken. Bei übermäßigem Gebrauch kann es zu Depressionen und Psychosen kommen.

Rauchen Patienten Cannabis in Kombination mit Tabak, kommen weitere gesundheitsschädigende Wirkungen hinzu. Tabakrauch enthält viele giftige Substanzen. Tabakkonsum erhöht nicht nur das Risiko für Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen oder Krebs. Auch die Mundgesundheit wird durch das Giftgemisch im Tabakrauch beeinträchtigt. So weit, so schlecht.

Unfreiwilliges Outing

Kommt noch die Problematik mit der Suchterkrankung hinzu: Wird Cannabis langfristig verabreicht, kann dieses abhängig machen. Aus einer Studie des Bundesministeriums für Gesundheit aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass bei einem Prozent der Menschen zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland eine „cannabisbezogene Störung“ vorliegt. Epidemiologische Studien schätzen, dass etwa neun Prozent aller Personen, die jemals Cannabis konsumiert haben, eine cannabisbezogene Störung entwickeln. Derzeit ist die Forschungslage zu Patienten, die Cannabis zu medizinischen Zwecken konsumieren, zwar noch dünn, doch darf man vermuten, dass sich auch in dieser Gruppe Teilnehmende befinden, die abhängig werden können.

Aber nicht nur nach innen, auch nach außen kann Gras negativ wirken. Cannabis hat in Deutschland ein negatives Image. Konsumenten könnten Stigmatisierung erfahren, wenn sie ihre Behandlungsmethode offenbaren. Selbst wenn das Gras für medizinische Zwecke verwendet wird. Menschen, die kiffen, werden mitunter als antriebslos und faul gesehen. Diese Sichtweise ändert das Gesetz nicht.

Patienten, die kiffen, weil sie krank sind und Kiffen ihnen hilft, haben mit diesen Vorurteilen zu kämpfen: Wenn sie ihre Dosis unter fremden Menschen einnehmen wollen, müssen sie zwangsläufig von ihrer Erkrankung erzählen, um den Verdacht illegalen Drogenbesitzes abzuwehren und sich gegebenenfalls sogar dafür rechtfertigen. Das ist ein unfreiwilliges Outing und ein zusätzlicher Stressfaktor. Im Unterschied zu anderen Schmerzmitteln ist Cannabis für andere sicht- und auch riechbarer.

Studien fehlen noch

Auch wenn viele Menschen von der Wirksamkeit von Cannabis erzählen: Wissenschaftlich bewiesen ist sie bislang nicht. Joachim Ulma, Chefarzt der Schmerzklinik im Roten Krankenhaus in Bremen, sagte in einem Zeitungsinterview: „Das Problem ist die Datenlage. Es gibt keine umfassenden Studien zu Wirksamkeit und Verträglichkeit. Die öffentliche Euphorie ist derzeit größer als die Studienlage.“ Das sei der Grund dafür, dass bisher darauf verzichtet worden ist, einzelne Indikationen für die medizinische Anwendung von Cannabis zu veröffentlichen. Das wiederum führe dazu, dass viele Ärzte unsicher sind. Nur wenige hätten Erfahrung mit der Verschreibung von Cannabis.

Und wie wird sich die Legalisierung langfristig auf die Akzeptanz von Cannabis auswirken? Sie könnte dazu führen, dass die Droge populärer wird – auch unter gesunden Menschen. Das BKA berichtet für das Jahr 2016 von 31.861 Handelsdelikten mit Cannabis. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das einen Anstieg von 2,9 Prozent. „Damit bleibt Cannabis das mit Abstand am weitesten verbreitete Betäubungsmittel in Deutschland“, heißt es im Bundeslagebild.

 

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DEBATTE | Heilendes Hanf, ganz legal?

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