Mit Vorsatz unterwegs
Eigentlich bin ich nicht so der Tagebuch-Typ. Aber: Sein Privatleben öffentlich zu teilen, liegt im Trend. Zum Jahresbeginn gibt es darum ganz klassisch ein paar Gedanken zum Thema „Gute Vorsätze“.
2022 wollte ich meine Cousine in Köln besuchen. Ich wollte die Kölner Süßwarenmesse mit der Kamera dokumentieren, den Kunstpalast in Düsseldorf bestaunen und mein Gedächtnis trainieren, damit ich mir künftig Namen besser merken kann. Aber: Pustekuchen. Zwischendurch ist mir einfach die Luft, der Ehrgeiz oder was auch immer verloren gegangen.
Schon wieder sind zwölf Monate nur so vorbeigerauscht. Mit Anfang 30 stehe ich mittlerweile als selbstständige Creative Director im Rhein-Main-Gebiet mitten im Berufsleben und muss das kommende Jahr gut durchplanen, beruflich wie privat. Spontan sein kommt da nicht so gut, sondern begründet nur noch mehr Chaos.
Auch auf seltsame Macken oder unschöne Gewohnheiten (zum Beispiel mit dreckigen Schuhen schnell nochmal etwas aus der Wohnung holen) kann ich gerne verzichten. Klingt nach wenig, aber irgendwo muss man ja mit der Selbstoptimierung beginnen.
Insofern: Herzlich willkommen 2023! Was gibt es denn diesmal für Chancen, wo wartet ein neues Glück?
„Gott des Neubeginns“
Um gute Vorsätze für ein neues Jahr zu finden, kommt man nicht drum herum, das alte Revue passieren zu lassen. Gleichzeitig stellt sich mir die Frage: Wieso gibt es diesen Hype immer noch, sich zum Jahreswechsel verändern zu wollen, wenn gut die Hälfte der Planer es dann doch sein lässt?
Laut den Geschichts-Cracks unter uns liegt die Antwort bei den Römern. Hohe Beamte legten traditionell am 1. Januar während einer öffentlichen Zeremonie vor dem Kaiser den Eid ab, die Republik loyal zu vertreten. Heute “geloben“ wir eben vor uns selber, unsere eigenen Ziele motiviert anzugehen. Den Römern zufolge unterstützt uns dabei der „Gott des Neubeginns“, genannt Janus, mit seinen zwei Gesichtern: Anfang und Ende oder auch Zukunft und Vergangenheit.
Also beste Aussichten, oder?
Auf der Suche nach Highlights
Im Gegensatz zu vielem, was die Gesellschaft als Ganzes betrifft, war das letzte Jahr für mich persönlich insgesamt ein gutes Jahr. Negativen Umständen konnte ich häufig etwas Positives abgewinnen. Es kommt auf die Blickrichtung an. Dass ich meinen Geburtstag im Januar wegen des Lockdowns nicht groß feiern konnte, war nicht schlimm. Ich musste keine großen Vorbereitungen treffen, mich um nichts kümmern. Heißt: Zeit, Geld und Nerven gespart.
Zuvor war ich eine Meisterin in „zu viel Stress schieben“ mit dem Nebeneffekt, allen auf den Keks zu gehen. Endlich habe ich mich mal an diesem Tag auf das Wesentliche beschränkt: ausschlafen, spazieren gehen, gut essen und trinken, alles im engsten Kreis der Familie. Was will man mehr?
Auf zu viele Personen zu treffen, ist sowieso eine meiner größten Herausforderungen – besonders über die digitalen Medienkanäle. Wie soll man sich bei so vielen „Meetings“ Namen merken, wenn man wie ich schon im direkten Austausch Namen vergisst, sobald sie ausgesprochen wurden? Immerhin bietet sich auch hier Potenzial für einen guten Vorsatz.
Mein 2022 war gespickt mit kleinen, aber nicht weniger besonderen Highlights. Den Geburtstag meiner Mutter am Titisee zu verbringen oder an einer Preisverleihung für engagierte Unternehmen in Wiesbaden teilzuhaben, sind nur ein paar davon. Sogar die schlecht besuchte Vernissage meiner eigenen Ausstellung hat sich gelohnt. Es gab leckeres Essen und auch wenn keine 100 Gäste kamen, so handelte es sich bei allen, die gekommen waren, um hundertprozentig coole Leute.
Zurücklehnen und entspannen
Auf die Kopfschmerzen nach dem Weinfest hätte ich hingegen verzichten können. Ein Kino von innen würde ich gerne mal wiedersehen. Ist das schon genug für einen guten Vorsatz oder zwei?
Laut Studien bin ich nicht allein. Rund 34 Prozent der Deutschen sammeln zu Neujahr gute Vorsätze. Dauerbrenner wie gesunde Ernährung, mehr Sport treiben oder sparen tangieren mich allerdings nicht. Auch bei weniger oder nicht mehr rauchen bin ich raus. Nikotin schmeckt mir nur alle Schaltjahre.
39 Prozent der Befragten lehnen Listen mit guten Vorsätzen dagegen ab. Machen sie es sich zu leicht? Einfach zurücklehnen, entspannen und das Gehabe sein lassen funktioniert bei manchen vielleicht eher.
Ich will mich dem Ganzen nicht entziehen. In manchen Bereichen habe ich einfach Aufholbedarf. Um mir Namen besser merken zu können, werde ich beim Kennenlernen eben diesen zur Begrüßung laut wiederholen. Mein Gegenüber soll meine Wertschätzung bekommen. Ratgeber empfehlen, sich Namen still ein paar Mal ins Gedächtnis zu rufen, zusammen mit einer visuellen Komponente wie der Frisur oder einem Kleidungsstück. „Oder die Person an eine Umgebung koppeln“, heißt es da.
Und wem der Name dann doch entfällt: Nehmt es mit Humor! Frei nach dem deutschen Schauspieler Curt Goetz: „Drei Dinge kann ich mir nicht merken. Das Eine sind Namen, das Andere Zahlen, und das Dritte habe ich vergessen.“