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ProEnteignung gegen Wuchermieten

Von Sophia Hörhold / 28. Februar 2025
picture alliance / Westend61 | Jose Carlos Ichiro

Wohnraum wird immer mehr zum Luxusgut. Um Mieten wieder bezahlbar zu machen, bleibt langfristig nur die Enteignung von privaten Wohnungsbaugesellschaften.

In nahezu allen deutschen Städten sind die Mieten innerhalb von zehn Jahren rasant gestiegen. In Berlin haben sie sich von 2009 bis 2019 mit 104 Prozent mehr als verdoppelt. Und das birgt sozialen Zündstoff: Laut der 30-Prozent-Regel sollte die Miete 30 Prozent des Nettoeinkommens nicht übersteigen. Durchschnittlich haben die Deutschen im Jahr 2023 laut Statista 2.550 Euro im Monat verdient. 30 Prozent davon wären dann circa 765 Euro. Eine Regel, die für viele schon lange nicht mehr gilt: Bereits 2021 gaben die Deutschen im Schnitt monatlich 779 Euro für die Miete aus.

Über die Hälfte der Deutschen wohnten dem Statistischen Bundesamt zufolge 2023 zur Miete, knapp 60 Prozent dieser Menschen bei privaten Vermietern. Sieben der größten 25 Wohnungseigentümer*innen sind privatwirtschaftliche Unternehmen. Diese gehören zu den Top 10 der größten Wohnungseigentümer*innen in Deutschland. Gerade in Großstädten haben diese Unternehmen damit großen Einfluss auf den Mietmarkt. Mieter*innen sind von ihnen abhängig und Mieterhöhungen werden oftmals einfach umgesetzt.

Vorbild Österreich

Zur Lösung des Problems lohnt sich ein Blick zu unseren Nachbarn nach Österreich. In der Hauptstadt Wien leben 62 Prozent der Bevölkerung in einer geförderten oder kommunalen Wohnung. Die Stadt verwaltet damit einen großen Teil des Wohnimmobilienbestands selbst und unterliegt gesetzlichen Bestimmungen, die Mieten niedrig zu halten. Das zahlt sich für die Wiener*innen aus. Es gibt nicht nur genug Wohnungen, die Menschen können sich diese auch leisten. Hier stiegen die Mieten in den letzten zehn Jahren nur um 39 Prozent an.

2021 forderte die Berliner Initiative „Deutsche wohnen & Co. enteignen“ (DWE), private Immobiliengesellschaften, die in Berlin mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, zu verstaatlichen und sammelte Unterschriften für ein entsprechendes Volksbegehren. Die Gesellschaften sollten enteignet und unter Marktwert entschädigt werden. Diese Entschädigung könne durch die Mieten refinanziert werden, so die DWE. Zur Verwaltung der Immobilien schlägt die Initiative vor, eine Anstalt des öffentlichen Rechts zu gründen, bei der Mieter*innen demokratisch mitbestimmen können.

Am 26.09.2021 kam es zum Volksentscheid. 59,1 Prozent der Berliner Bevölkerung stimmten mit „ja.“. Enteignet wurde bisher allerdings noch keine der Immobiliengesellschaften. Die Beratungen einer Expert*innen-Kommission ergaben, dass eine Vergesellschaftung rechtlich möglich ist. Der Berliner Senat setzt das Vorhaben jedoch bisher nicht um.

Die Initiative DWE hält an ihren Forderungen fest. „Wir bleiben dran, bis die Konzerne enteignet werden!“, heißt es in einem Statement auf der Website der Initiative. Im Sommer 2024 beauftragte DWE eine Kanzlei mit der Erarbeitung eines Vergesellschaftungsgesetzes. Das Ziel ist ein zweiter Volksentscheid, bei dem ein Gesetzesentwurf zur Abstimmung gestellt werden soll. Würde diesem zugestimmt, müsste das Gesetz in Kraft treten.

Profitmaximierung vs. Menschenrecht                                             

Große Immobilienkonzerne haben das Ziel der Profitmaximierung, sie bereichern sich bewusst an den Mieter*innen. Mieter*innenvertretungen oder Initiativen wie der DWE werfen ihnen beispielsweise unnötige Renovierungen vor, um gesetzlichen Höchstgrenzen bei den Mieten zu umgehen, oder unzureichende Reparaturen im Schadensfall vor.

Das Problem ist durchaus nicht auf Berlin beschränkt. Viele Immobilienkonzerne wie die Deutsche Wohnen oder Vonovia agieren bundesweit. In Universitätsstädten ist das Problem groß, da viele der Studierenden nur über ein geringes Einkommen verfügen.

Das Recht auf Wohnen ist als Menschenrecht in Artikel 11 des UN-Sozialpakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte festgeschrieben. Wie kann ein Grundrecht gewährleistet werden, wenn es von der Profitmaximierung eines Konzerns abhängt? Gerade in Großstädten werden Geringverdienende, kleine Kunst- und Kulturbetriebe oder soziale Einrichtungen aus beliebten Stadtteilen verdrängt. Der Staat hingegen wäre keinen Aktionären gegenüber verpflichtet, seine Gewinne zu maximieren.

Im Grunde gibt es hierzulande kaum eine andere Lösung für das Problem der Wuchermieten, als private Wohnungsbaugesellschaften zu enteignen. Der Staat schafft es seit Jahren nicht, gegen die Methoden der Konzerne vorzugehen. Um die Mieten deutschlandweit wieder bezahlbar zu machen, bleibt langfristig nur die Vergesellschaftung.



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