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Demokratie in Kilowattstunden

Von Judith Dauwalter / 13. März 2014
Ihre alten Mühlen haben die Besitzer in Mühlhausen zu kleinen Wasserkraftwerken umfunktioniert. (Foto: privat)

Krisen von Stromriesen wie jüngst von RWE zeigen: Bei der Energieerzeugung ist „groß denken“ nicht das einzig Wahre. Wenn die Bürger vor Ort mitmachen, kann die Energiewende auch dezentral gelingen. Zum Beispiel im mittelfränkischen Mühlhausen. Dort gewinnen die Bürger mehr als das Vierfache des verbrauchten Stroms aus regenerativen, gemeinschaftlich organisierten Erzeugungsformen. Am Rand der 1700-Seelen-Gemeinde […]

Krisen von Stromriesen wie jüngst von RWE zeigen: Bei der Energieerzeugung ist „groß denken“ nicht das einzig Wahre. Wenn die Bürger vor Ort mitmachen, kann die Energiewende auch dezentral gelingen. Zum Beispiel im mittelfränkischen Mühlhausen. Dort gewinnen die Bürger mehr als das Vierfache des verbrauchten Stroms aus regenerativen, gemeinschaftlich organisierten Erzeugungsformen.

Am Rand der 1700-Seelen-Gemeinde Mühlhausen in Franken drehen sich vier Windräder auf einer kleinen Anhöhe im Wind. Die Dächer im Ort sind mit Solaranlagen gespickt, alte Mühlen sind zu kleinen Wasserkraftwerken umfunktioniert worden. Unter dem Asphalt des Dorfs verlaufen rund 7,5 Kilometer Rohre, die die angeschlossenen Haushalte mit Wärme aus einem Holzhackschnitzelkessel und einer Biogasanlage versorgen.

In Mühlhausen passiert das, was Dezentrale Energiewende genannt wird: Die Umstellung auf erneuerbare Energien organisieren die Bürger Mühlhausens gemeinschaftlich, ihren Strom erzeugen sie selbst innerhalb der Gemeinde. Auf solch eine demokratische Energieversorgung „sind die Leute einfach unglaublich stolz“, sagt Jürgen Eiselt, Energieexperte und Autor des Buches „Dezentrale Energiewende“.

Die Mühlhäuser ziehen einfach an einem Strang. Widerstand gegen die Windräder, die seit gut einem Jahr das Gemeindebild mitbestimmen, habe es kaum gegeben, erzählt Otto Kirchner. Der Landwirt hatte den Bau der Räder vorangetrieben. Als Eigentümer von einem der Grundstücke, auf denen die Anlagen heute stehen, hatte er die Besitzer der anderen in Frage kommenden Flächen versammelt, um die Errichtung der Räder zu planen.

Gemeinsam gründeten sie die Gesellschaft „Bürgerwindenergie Mühlhausen“. 228 Interessierte aus der Gemeinde und ihrer Umgebung finanzierten ein Drittel der Baukosten. Mindestens 5000 Euro investierte jeder der Gesellschafter, die Windräder gehören nun auch ihnen. Damit geht auch ein Teil des Profits aus den Anlagen an sie.

Zugehörigkeitsgefühl durch Investition

„Das schafft ein Zugehörigkeitsgefühl“, sagt Bürgermeister Klaus Faatz. Wirtschaftlich zahlt sich das Projekt auch aus, denn Bürger, die mehr verdienen, geben idealerweise auch mehr Geld in der Gemeinde aus. Die Handwerker und Händler vor Ort erledigen die Arbeiten, die wegen der neuen Erzeugungsformen entstehen. Die neu anfallenden Steuern fließen in die kommunale Kasse. „Regionale Wertschöpfung“ wird das im Fachjargon genannt.

Für diese vielen positiven Auswirkungen gab es auch eine Auszeichnung für das Projekt. Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), ein Zusammenschluss regenerativ orientierter Unternehmen und Verbände mit Unterstützung der Bundesregierung, erklärte Mühlhausen zur Energie-Kommune des Monats Februar. Damit reiht sich die kleine Gemeinde auch offiziell in die Pioniergarde der Dezentralen Energiewende ein.

Energieerzeugung auf dem Balkon

Möglich ist die „Umstellung im Kleinen“ aber nicht nur auf kommunaler Ebene, sondern in jedem Haushalt. Energieexperte Jürgen Eiselt berichtet von Mini-Solarmodulen auf dem Balkon und Infrarot-Heizelementen an der Wand, mit deren Hilfe sich Wohnungen selbst mit Strom und Wärme versorgen können.

Ob auf Wohnungs-, Gemeinde- oder Stadtteilebene: Neben Wirtschaftlichkeit und Bürgerbeteiligung hat eine dezentrale Energieumstellung noch weitere Vorteile. Das wird in Gesprächen mit dem Experten Eiselt, aber auch aus der Mühlhäuser Erfahrung von Bürgermeister Faatz und Landwirt Kirchner deutlich. Wer selbst produziert, ist unabhängiger von großen Konzernen, kann Preisschwankungen vorbeugen, auf unterschiedliche Energiebedürfnisse flexibler reagieren und spart bares Geld: „Die Sonne stellt keine Rechnung aus“, sagt Jürgen Eiselt etwa in Bezug auf private Solarzellen.

Abschottung vom öffentlichen Netz falsch

Eine völlige Autarkie und Abschottung im eigenen kleinen Stromnetzwerk ist aber laut einer Studie des Umweltbundesamtes vom September 2013 auch nicht der richtige Weg. Die groß angelegte Speicherung von überschüssig produzierter Energie und die zusätzliche Versorgung in Zeiten mangelnder Erzeugung überfordere Kommunen und rechne sich selten.  Die Anbindung an Nachbargemeinden oder auch das große Stromnetz bleibt also weiter wichtig, auch wenn die Versorgung so unabhängig wie möglich gestaltet wird.

Deshalb wird auch in Mühlhausen der regenerativ erzeugte Strom aus Windrädern, Solarzellen, Biogasanlage und Wasserkraftwerken ins öffentliche Netz eingespeist, obwohl eine Direktvermarktung vor Ort geplant ist. Die gewonnene Wärme geht bereits direkt an die Haushalte, dennoch gibt es für den Notfall eine Anbindung an andere Quellen.

2 Antworten auf „Demokratie in Kilowattstunden“

  1. Von Sven am 13. März 2014

    Ähmmm… irgendwie fehlt im Artikel der Diskussionsansatz, oder überlese ich den jetzt nur? Aber egal!

    Dezentrale Stromerzeugung ist generell ein großer Vorteil, da er verhindert, dass zu viele Menschen ohne Strom dastehen, wenn mal ein Kraftwerk ausfällt. Das Problem ist bei einer zentralen Stromversorgung mit großen Kraftwerken nämlich gegeben.

    Der Schritt, dass das Netz und die Stromerzeugung allen gehört, ist auch der Richtige, da so der Profitdruck genommen wird, was sich nur positiv auf die Strompreise auswirken kann. Zusätzlich gibt es eine gewisse Unabhängigkeit von großen Unternehmen und so auch eine gewissen Planungssicherheit.

  2. Von Stefan am 6. Oktober 2015

    Lügen, Schönschwätzen, das Propaganda Potential der Anhänger von alternativen Energien wird mal wieder voll ausgespielt:

    1. Unternehmen wie RWE gehen nicht deshalb am Stock, weil ihre Struktur falsch war, sondern weil ihnen durch den Einspaeisevorrang die Geschäftsgrundlage entzogen wurde. Auch der undemokratisch per Dekret verfügte Atomaustieg bringt diese Unternehmen natürlich in Schwierigkeiten.
    2. Die Anbindung an Nachbarnetze erfolgt nicht, um Überschüsse zu verkaufen, daß wäre schön, sondern weilö mit der regenativen Spuk Energie keine konstante Versorgung sichegerstellt werden kann. Nach dem Motto, wenn brenzlig und kinapp wird, ist Atomstrom doch noch von nöten.

    Gruß

    Stefan

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