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Die Rente sichern, aber wie

Von Markus Nathan / 31. Mai 2016
picture alliance / photothek | Ute Grabowsky

Die Rentendebatte wird den nächsten Bundestagswahlkampf prägen, denn das System krankt an allen Ecken und Enden. Offen ist, welche Reformen wirklich vor der Altersarmut bewahren können.

Wenn in Gesprächen der Generation U-30 das Thema Rente auftaucht, dann dauert es nicht lange, bis Einigkeit herrscht: „Für uns reicht das nicht mehr“, heißt es häufig. Der Spruch des ehemaligen Arbeitsministers Norbert Blüm – „die Rente ist sicher“ – hat sich anscheinend ins Gegenteil verkehrt. Trotzdem machen sich die wenigsten jungen Menschen Gedanken über ihr Auskommen im Alter. Aber Nichtstun bringt auch eben genau das: Nichts. Es ist also an der Zeit, über Reformideen nachzudenken.

Zu wenig Kinder

Die Problemanalyse ist relativ einfach. In Deutschland basiert die wichtigste Säule des Rentensystems – die gesetzliche Rente – auf dem Umlageverfahren. Die Rentenbeiträge der momentanen Arbeitnehmer finanzieren unmittelbar die Leistungen der heutigen Rentner. Gleichzeitig basieren die Renten derzeitig Erwerbstätiger auf den Einkommen der Arbeitnehmer von morgen. Das individuelle Problem der Altersvorsorge wird vergemeinschaftet und dadurch gelöst. So weit, so sinnvoll.

Dieses System droht aber zu kollabieren, wenn die Zahl der geborenen Kinder über einen längeren Zeitraum sinkt – genau das ist in Deutschland der Fall und wird unter dem Stichwort „demografischer Wandel“ diskutiert. Während 1960 etwa fünf Arbeitnehmer einen Rentner finanzierten, liegt das Verhältnis heute bei 3:1 und dürfte Prognosen zufolge bis 2030 auf 2:1 fallen. Wenn die Rentenbeiträge in der Folge nicht enorm steigen sollen, dann muss das Rentenniveau, also das Verhältnis von Rentenhöhe zum Einkommen, fallen.

Altersarmut droht

Das ist fatal für diejenigen, deren Einkommen im Laufe ihres Berufslebens insgesamt niedrig war. Dazu zählen Menschen, die lange arbeitslos waren oder Kinder erzogen haben – insbesondere Frauen.

Derzeit müssen Arbeitnehmer 45 Jahre lang in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um später etwa die Hälfte ihres Gehalts als Rente zu beziehen. Es ist geplant, dass dieser Wert von derzeit knapp 50 Prozent bis 2030 auf 43 Prozent sinkt – Tendenz auch darüber hinaus fallend. Insbesondere für die Ärmeren erhöht dies die Gefahr von Altersarmut massiv. Wenn Menschen nach 45 Jahren harter Arbeit, etwa auf dem Bau, nicht mehr von ihrer Rente leben können, dann sind die Gerechtigkeitsgrundsätze unserer Gesellschaft bedroht. Der Rückgang des Rentenniveaus muss also irgendwie ausgeglichen werden, womit wir bei den politischen Konsequenzen der Rentendebatte wären.

Drei wackelige Säulen

Natürlich sind die Auswirkungen des demografischen Wandels nicht erst seit gestern bekannt. Daher versucht die Politik bereits seit längerem, das Rentensystem zu verbessern. Neben der Erhöhung des Renteneintrittsalters („Rente mit 67“) und einem höheren Steuerzuschuss an die Rentenversicherung sind vor allem zwei Instrumente ausgebaut worden: Zum einen die betriebliche Altersvorsorge und zum anderen die kapitalgedeckte Rente. Doch auch diese beiden zusätzlichen Säulen des Rentensystems haben mit Problemen zu kämpfen.

Die betriebliche Altersvorsorge wird zwar vom Staat gefördert, scheint allerdings in Zeiten von Start-ups und häufigen Jobwechseln nur noch mäßig attraktiv. Bei der kapitalgedeckten Rente werden die persönlichen Abgaben an die Versicherung als Vermögen angesammelt. Die Versicherung investiert dieses Vermögen am Kapitalmarkt in Aktien oder andere Wertpapiere und der Sparer bekommt im Alter eine Rente. Über Riester- und Rürup-Verträge fördert der Staat diese Art der Rente, um die Absenkung des Rentenniveaus abzufedern.

Allerdings krankt dieses Verfahren an mehreren Stellen. Erstens sind gegenwärtig die Renditen der privaten Altersvorsorge sehr gering. Dieses Problem ist zwar weniger strukturell bedingt, sondern liegt in der derzeitigen Niedrigzinsphase begründet. Dennoch kann die Abhängigkeit von den Schwankungen des Kapitalmarktes als Nachteil dieser Säule gesehen werden. Schlimmer ist aber, zweitens, ein strukturelles Problem: Riester ist nicht verpflichtend. Das führt dazu, dass gerade Geringverdiener keine Verträge abschließen und so besonders vom sinkenden Rentenniveau betroffen sind.

Deutschland-Rente“

Was also ist zu tun? Aus Hessen kam einer neuer, möglicherweise zielführender Vorschlag – die Deutschland-Rente. Dieses Modell sieht vor, dass automatisch zusätzliche Rentenbeiträge erhoben werden, die in einem vom Staat organisierten Rentenfonds angelegt werden. Dieser Fonds soll ohne Gewinnabsicht auf Selbstkostenbasis arbeiten und vor politischem Zugriff geschützt sein.

Die Hoffnung ist, dass so ein Fonds deutlich einfacher zu verstehen wäre als die Vielzahl unterschiedlicher Riester-Angebote. Außerdem könnte er mit einem langfristigen Anlagehorizont und starker Streuung deutlich höhere Renditen erwirtschaften. Gerade letzteres ist bei großen Staatsfonds in anderen Ländern tatsächlich der Fall. So erwirtschaftet etwa der norwegische Staatsfonds eine Rendite von durchschnittlich fünf Prozent.

Neben der Einfachheit und Anlagesicherheit hat die Deutschland-Rente vor allem einen Vorteil: Sie soll mit einer sogenannten Opt-out-Regelung versehen sein. Das bedeutet, wer nicht aktiv widerspricht, ist automatisch mit dabei. So könnte dieses Modell die Vorteile der Vergemeinschaftung mit den Vorteilen der kapitalgedeckten Altersvorsorge verbinden. Zumindest diese Säule könnte dann deutlich stabiler sein als vorher und die Rente so auch für die Generation U-30 etwas sicherer machen.

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