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Fair Fashion als Chance für uns alle

Von Paula Meister / 25. November 2020
picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON

Die wahren Fashion Victims? Stehen am Anfang der Produktionskette, wo weiterhin unter unfairen Bedingungen unsere Bekleidung hergestellt wird. Aber nicht mehr lange.

Ein neues Kleidungstück kann uns glücklich machen und unser Selbstbewusstsein steigern. Die Auswahl an Klamotten ist groß, die Trends wechseln schnell. Laut einer vielzitierten Greenpeace-Umfrage von 2015 kaufen die Deutschen im Schnitt 60 neue Kleidungsstücke im Jahr, die sie dann nur vier- bis siebenmal tragen. Wenn überhaupt. Um sich derart häufig neue Anziehsachen leisten zu können, kaufen die meisten „Fast Fashion“ – günstige Kleidung aus synthetischen Stoffen und zu unfairen Arbeitsbedingungen im Ausland hergestellt.

Doch das Bewusstsein, welche Bedeutung einer fair und nachhaltig produzierten Mode zukommen sollte, steigt. Das lässt sich auch am Konsumverhalten beobachten: Im Jahr 2019 wurden in Deutschland mit rund 194 Millionen Euro 33 Prozent mehr Umsatz mit Fairtrade-Textilien gemacht als im Vorjahr.

Auch im Kampf gegen die Klimakrise beschäftigen sich immer mehr Menschen mit den Umweltauswirkungen der Kleidungs- und Textilbranche. Diese soll nach den Berechnungen von Greenpeace 1,2 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr verursachen. Damit wäre sie einer der größten Klimasünder überhaupt.

„Fair Fashion“ designen und studieren

Dass es anders geht, beweisen kleine Modelabels, die auf Nachhaltigkeit und regionale Produktion setzen. Hochschulen bieten Studiengänge zu fairem Fashion Management, Design und nachhaltiger Modeproduktion an. An der privaten BSP Business School Berlin können Interessierte ab 2021 den Bachelor-Studiengang Sustainable Fashion studieren.

„Wir wollen uns ein neues Standbein in der Mode, im Marketing und kreativem Bereich ausbauen und ohne Nachhaltigkeit geht es heute einfach nicht mehr“, erklärt Claudine Brignot, Professorin für Modemarketing. Zukünftige Modedesigner und -manager sollen erfahren, wie sie sich für eine gerechte Modewelt einsetzen können. „Die Studierenden sollen lernen, wie Marketing, Organisation und der ganze Prozess der Textilkette anhand nachhaltiger Kriterien funktionieren kann“, sagt Brignot.

Der Natur etwas zurückgeben

Der 26-jährige Yannik Zellweger aus der Schweiz hat sich bereits intensiv mit „Fair Fashion“ auseinandergesetzt. Gemeinsam mit Freund Sebastian Jaramillo hat er das nachhaltige Modelabel Native-Original gegründet. Ihre Kleidung wird allerdings nicht in der Schweiz produziert, sondern in Singapur und der Türkei. Geht so die proklamierte „ökologisch und sozial verantwortliche Textilproduktion“ der Zukunft? Durch Nachhaltigkeitszertifikate und Besuche in den Produktionsstätten wollen die jungen Modemacher sicherstellen, dass ihre Kleidung unter fairen Bedingungen produziert wird.

Die Köpfe hinter dem Schweizer Label Native-Original: Yannik Zellweger und Sebastian Jaramillo. (Foto: Native-Original)

sagwas: Wie kamst du auf die Idee ein faires Modelabel zu gründen?

Yannik Zellweger: Ich bin ein modebewusster Mensch und gerne gut gekleidet. Den Wunsch, ein eigenes Modelabel zu gründen, hatte ich schon mit 18 Jahren. Allerdings bin ich kein Freund von „Fast Fashion“ und habe deswegen ein Konzept ausgearbeitet, das für mich moralisch vertretbar ist. Es ist aber auch viel Mut damit verbunden, in diese überfüllte Branche einzusteigen, weshalb ich mich erst 2019 dazu entschließen konnte, endlich eine Firma mit meinem Freund Sebastian zu gründen.

Warum ist dir „Fair Fashion“ so wichtig?

Weil Textile im Übermaß produziert werden, ist es umso wichtiger, Wert auf die Nachhaltigkeit der Kleidungsstücke zu legen. Die Natur stellt uns die ganzen Ressourcen für die Textilverarbeitung zur Verfügung, deshalb sollten wir ihr auch wieder etwas zurückgeben. Dazu kommen die Sozialkriterien, die es zu beachten gilt. Gemeint sind die Arbeitsbedingungen, unter denen die Mitarbeitenden der jeweiligen Produktionsstätte ihre Arbeit leisten. Viele große Marken produzieren leider nicht – oder nicht immer – unter vertretbaren Sozialkriterien.

Was macht ausgerechnet euer Modelabel zu einer „Fair Fashion“– Marke?

Wir produzieren unter strengen Auflagen, alle unsere Stoffe sind GOTS (sogenannter Global Organic Textile Standard) zertifiziert und zu 100 Prozent aus Biobaumwolle. Wir versuchen bei der Produktion und durch GoGreen-Lieferungen so „grün“ wie möglich zu produzieren. Außerdem arbeiten wir mit den Non-Profit-Organisationen Greenpop und Coral Gardeners zusammen: Für jedes gekaufte Kleidungsstück wird ein Baum gepflanzt, gleichzeitig investieren wir mit jeder Kollektion in den Wiederaufbau von Korallenriffen.

Wie sieht für dich die Zukunft der Modeindustrie aus?

Ich denke nicht, dass die Branche ganz von „Fast Fashion“ wegkommen wird, dafür ist billige Mode einfach zu gefragt. Ich hoffe aber, dass sich der Trend „Fair Fashion“ in der Branche durchsetzt und auch große Labels faire Mode produzieren. Wir wollen doch alle, dass unsere Welt nicht zugrunde geht, aber die Hürde, etwas dafür zu tun, ist vermeintlich zu groß. Der Großteil der Menschheit muss irgendwann erkennen, wie wichtig es ist, auf unsere Umwelt zu achten. Wir müssen vielleicht etwas teurere Klamotten kaufen, unterstützten dafür aber einen guten Zweck und investieren in die Zukunft der Erde.

Danke für das Gespräch!

By the way: Was macht „Fair Fashion“ eigentlich fair?

  • „Fair Fashion“ steht für sozial und ökologisch verträglich produzierte und gehandelte Bekleidung. Das heißt, dass alle am Produktionsprozess beteiligten Menschen einen angemessenen Lohn und sichere Arbeitsbedingungen haben. Um unnötige Transportwege und Emissionen zu vermeiden, ist es am besten, wenn Kleidung regional produziert wird. Außerdem sollten die Stoffe lange tragbar und am Ende biologisch abbaubar oder wiederverwertbar sein.

  • Übrigens: „Grüner Knopf“, das erste staatliche Textilsiegel, das hilft, nachhaltige Mode im Markendschungel zu erkennen, wurde 2019 vom Bundesentwicklungsministerium eingeführt. Um das Siegel zu bekommen, muss ein Modeunternehmen nicht weniger als 26 Kriterien erfüllen. 50 Firmen führen das Siegel bereits.

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