Four more Years!
Nach 18 Monaten Wahlkampf gaben die Medien am Dienstag um kurz nach 23 Uhr Washingtoner Ortszeit den Gewinner bekannt. Barack Obama hat die Wahl souverän gewonnen. 270 von 538 Wahlfrauen und –männern brauchte er, 303 konnte er hinter sich vereinen. Auch die Mehrheit der so genannten “popular vote” konnte er für sich einnehmen. Hier liegt […]
Nach 18 Monaten Wahlkampf gaben die Medien am Dienstag um kurz nach 23 Uhr Washingtoner Ortszeit den Gewinner bekannt. Barack Obama hat die Wahl souverän gewonnen. 270 von 538 Wahlfrauen und –männern brauchte er, 303 konnte er hinter sich vereinen. Auch die Mehrheit der so genannten “popular vote” konnte er für sich einnehmen. Hier liegt das vorläufige Endergebnis bei 50 zu 48 Prozent. Romney musste sich geschlagen geben, auch wenn er es bis 1 Uhr morgens nicht wahr haben wollte, dann erst rief er Präsident Obama persönlich an, um ihm zu gratulieren.
Barack Obama und sein Wahlteam haben es geschafft, Minderheiten, Frauen und moderate Wähler zu mobilisieren. So konnte er, bis auf North Carolina, alle
„Battleground-States“ – Ohio, Virginia, Wisconsin, New Hampshire, Iowa, Nevada und Colorado– für sich gewinnen. Der Sieger in Florida stand bis Donnerstagmittag noch nicht fest, allerdings führte Obama leicht, und selbst wenn Romeny hier gewänne, änderte es den Wahlausgang nicht mehr. Am Ende war es doch eine Überraschung, denn nach der verpatzten ersten TV-Debatte konnte Romney im Kampf um Stimmen in den Umfragen deutlich auf- und in manchen Umfragen Obama sogar überholen. Bis zuletzt sah es zwischen den Kandidaten sehr knapp aus. Eine so deutliche Niederlage für Romney hatte daher niemand erwartet.
Die Wählerschaft bestand ethnisch betrachtet zu 73% aus weißen Amerikanern, 13% Afroamerikanern, 10% Latinos und 3% Asiaten. Obama konnte sich bei weißen Frauen und den Minderheiten durchsetzen und z.B. 70% der Latino-Stimmen gewinnen. Ein klares Votum der Latinos, die die Immigrationsvorstellungen der Republikaner sehr kritisch sehen. Sie rufen Obama nun auf, endlich seine schon 2008 versprochene Reform des Immigrationssystems anzugehen.
Als wichtigstes Thema sahen 60% der Wähler/innen die Wirtschaftslage. Aber auch die fundamentalen Meinungsunterschiede bei Gesundheitsvorsorge, Gleichberechtigung und Abtreibung spielten vor allem bei Frauen eine wichtige Rolle, die Obama mit 55% (Reuters) wiederwählten. Themen, die Romney nicht offen angehen konnte, ohne die Basiswählerschaft der Republikaner zu erzürnen. So konnte er nur 43% der Frauenstimmen auf sich vereinen. Seinen Vorsprung bei Frauen konnte Obama im Vergleich zu 2008 damit fast halten. Der Abstand zum Kontrahenten McCain lag 2008 bei 13 Prozentpunkten, zu Romney lag er nun immer noch bei 12 Punkten.
Ein herausragendes Ergebnis für Frauen gibt es aus New Hampshire zu berichten. Hier sitzen seit 2011 zwei Frauen im US-Senat (eine Republikanerin, eine Demokratin). Gestern wurden nun auch die beiden Abgeordnetensitze an Frauen vergeben, beides Demokratinnen. Hinzu kommt, dass Maggie Hassan sich als Gouverneurin durchsetzen konnte. Damit sind erstmals alle Positionen in einem Bundesstaat (US-Repräsentantenhaus, US-Senat, Gouverneursamt) mit Frauen besetzt.
Die Amerikaner haben den teuersten und schmutzigsten Wahlkampf aller Zeiten hinter sich. 2,5 Milliarden Dollar haben allein die beiden Kandidaten ausgegeben. Es waren insgesamt 6 Milliarden, wenn man die Kongresswahlkämpfe dazu zählt. Doch die wichtige Frage ist jetzt, ob Obama das Land wieder einen kann. Die Politik der letzten zwei Wahlkampfjahre war eher Stillstand. Die Republikanische Opposition hat im Kongress alles getan, um Obamas Initiativen zu blockieren. Doch nun hat das Land sich deutlich für eine weitere Amtszeit von Obama entschieden und auch die Republikaner müssen dieser Tatsache ins Auge schauen. Bei seiner Rede in der Nacht zum 7. November betonte Obama seinen Willen zur Zusammenarbeit, um die drängenden Probleme gemeinsam anzugehen. Allerdings haben sich die Machtverhältnisse im Repräsentantenhaus (Republikanische Mehrheit) und im Senat (Demokratische Mehrheit) nicht wesentlich verändert. Obama muss also weiterhin um Kompromisse werben, wenn er seine Initiativen durchsetzen möchte, wozu eine Steuerreform, ein neues Einwanderungsgesetz, die Beschleunigung der Energie- und Klimawende sowie Investitionen in das teilweise marode Bildungssystem gehören.
Außenpolitisch wird sich Obama weiterhin eher zurückhalten. Die innenpolitischen Probleme sind mit 16 Billionen Dollar Staatsschulden und einer sich nur sehr langsam erholenden Wirtschaft zu gravierend, um die Aufmerksamkeit zu stark nach außen zu richten. Der Rückzug aus Afghanistan ist beschlossen und wird bis 2014 durchgeführt, obwohl die Lage am Hindukusch nach wie vor schwierig ist und eine dann folgende Machtübernahme der Taliban wahrscheinlich scheint. Doch die Amerikaner sind kriegsmüde und wollen einen Präsidenten, der sich vor allem auf ihre Belange vor Ort konzentriert. Wie es Obama auch schon in seiner ersten Amtszeit gezeigt hat, ist er in der Lage, mit internationalen Partnern zusammenzuarbeiten, um Fragen wie z.B. Irans Nuklearprogramm oder die Folgen der Revolution in Nordafrika anzugehen. Alleingänge und Schwarzweißdenken wird es mit ihm auch weiterhin nicht geben.
Barack Obamas erste Amtszeit verlief ohne Skandale, im Gegenteil, sie ist gezeichnet von Souveränität und Integrität. Auch das ist es, was die Menschen wahrnehmen und am Wahltag anerkannt haben. Obama wird das Land weitere vier Jahre lenken. Er wird dabei aber auch versuchen müssen, das durch den Wahlkampf erneut parteipolitisch überhitzte Klima der USA abzukühlen und überparteilich zu agieren.
Über den Autor:
Michael Czogalla ist Programmkoordinator im Büro Washington D.C. der Friedrich-Ebert-Stiftung. Dort verfolgte er auch schon den ersten Präsidentschafts-Wahlkampf von Barack Obama. Czogalla stammt aus Magdeburg und studierte an der Universität Leipzig Amerikanistik, Germanistik und Politik. 2004 erschien sein Buch “Behind the Laughter. ‘Die Simpsons’ im Kontext der amerikanischen Populärkultur.”
Überparteilichkeit wäre jetzt, genau so wie vor viel Jahren ein Fehler. Obama hat seine ganze politische Agenda dem Konsens geopfert und die USA nahezu genau so konservativ und rückwärtsgewandt regiert, wie Bush vor ihm.