„Für mich ist ein Film wie eine Party“
Alberto Ruano, Filmemacher und Schauspieler, war Mitglied der Jury für die Kategorie langformatige Serien auf dem Kurzserienfestival „die Seriale“. Der erfahrene Schauspieler ist in Berlin und Zürich zu Hause.
sagwas: Herr Ruano, wir haben Sie Ihre Liebe zur Schauspielerei entdeckt?
Alberto Ruano: Mein erster Berührungspunkt war die Schule. Erst der Französischunterricht, bei dem wir regelmäßig Texte aufsagen mussten und dann eine Theatergruppe am Gymnasium. Nach der Schule entschied ich mich allerdings für finanzielle Sicherheit und studierte Wirtschaft in Lausanne. Danach folgten vier Jahre Tätigkeit bei einer Bank und zwei Jahre bei einer Unternehmensberatung. In der Wirtschaft war ich jedoch nicht glücklich und das Theater ließ mich auch in der Zeit nicht los. Ich spielte neben Studium und Beruf weiter.
Wer hat Sie darin bestärkt, den Weg der Schauspielerei weiter zu beschreiten?
Vor allem Freunde, die mich ermutigten: „Du bist gut“. Lange Zeit traute ich mich nicht, mich selbst als Schauspieler zu bezeichnen, da ich nie eine Schauspielschule absolviert habe. Erst durch ein Training mit anderen, ausgebildeten Schauspielern, wusste ich, dass ich diesen in nichts nachstehe und mich guten Gewissens Schauspieler nennen darf.
Wichtig ist, an sich selbst zu glauben und zu verstehen, dass Regisseure oft nach bestimmten Typen suchen. Man kann somit nicht alles spielen. Es geht bei einer Rolle weniger darum, eine Person zu imitieren, als vielmehr sie zu sein. Die Entscheidung fällt dann letztlich oft auf Basis des Aussehens. Das ist bei Frauen noch viel drastischer. Insbesondere mit fortschreitendem Alter sind Frauen im Nachteil.
Sie habe eine vielfältige Filmografie. Sie haben sowohl in der ARD-Serie „Rote Rosen“ gespielt als auch für die in Cannes preisgekrönte Dramaserie „The left handed son“. Welche Rollen spielen Sie am liebsten?
Mir macht alles Spaß. Film ist für mich wie eine Party, bei der jeder etwas zu tun hat. In einer Komödie mitzuspielen, ist aber schon ein Traum von mir. Auch aus bisherigen Rollen etwas auszubrechen, reizt mich. In deutschen Serien bin ich aufgrund meines südländischen Aussehens in der Regel der Ausländer. In der spanischen Produktion „The left handed son“ konnte ich auch in die Rolle eines Inländers schlüpfen. Das hat mir gut gefallen.
Je nach Serie unterscheiden sich zudem die Produktionsbedingungen stark. Bei einer Soap schauspielert man jeden Tag, manche Schauspieler über Jahre. Es bleibt wenig Raum, um Szenen erneut zu drehen. Als schwierig habe ich ein Projekt erlebt, bei dem zwei Regisseure sich abwechselten und dabei unterschiedliche Anweisungen gaben. Auch der Grad der Freiheit beim Schauspielen variiert. Manche Regisseure geben alles im Detail vor, bei anderen kann man eigene Ideen einbringen. Einem gut gecasteten Schauspieler muss man nur wenig sagen, damit er seine Rolle gut spielen kann, denn er bringt das meiste schon mit. Sei es, weil er persönlich der Rolle sehr nahe kommt oder weil er gut bedienen kann, was die Rolle erfordert.
Worum geht es in „The left handed son“?
Die Serie handelt von einer Mutter, deren Sohn in Neonazikreise gelangt. Ich spiele den Vater, der als Politiker arbeitet. Beide leben getrennt. Der Mann befürchtet Nachteile für seine Karriere, als er von den Abwegen seines Sohnes erfährt. Nach einer schweren Verletzung des Sohnes geschieht aber auch etwas Positives: Frau und Mann finden durch das Drama um den eigenen Sohn wieder enger zusammen.
In deutschen Serien bin ich aufgrund meines südländischen Aussehens in der Regel der Ausländer.
Alberto Ruano
Sie produzieren zur Zeit mit Ihrer eigenen Firma die Serie „Brennende Themen“. Die Serie handelt von einer Kriegswitwe und einem Priester in den 1930er Jahren, die neuartige sexuelle Praktiken für sich entdecken. Wie kamen Sie auf dieses Thema?
Gespräche über Sex haben komödiantisches Potential. Andererseits faszinierte mich die Retroperspektive. Die Serie wird in schwarz-weiß gedreht, um den Charme der 30er zu unterstreichen. Nach Plan wird Sie Mitte 2025 zu sehen sein.
Was würden Sie einem jungen Mann bzw. einer jungen Frau raten, die in die Schauspielerei möchte?
Erstmal sollte man Absagen nicht persönlich nehmen. Wie bereits gesagt, haben Regisseure meistens ein sehr klares Bild von einem bestimmten Typ Mensch bereits im Kopf. Man braucht einfach das richtige Gesicht am richtigen Ort, zur richtigen Zeit. Besetzung hat oft mehr mit Glück als mit Können zu tun. Beziehungen sind sehr wichtig. Idealerweise wird man weiterempfohlen. Ich habe auch in Spanien einen Agenten, der mich vermittelt. International aufgestellt zu sein, ist ein großer Vorteil. Letztlich ist es eine Mischung aus Talent und Zufall, die darüber entscheidet, ob man als Schauspieler Erfolg hat oder nicht. Und Zuschauerzahlen sind alles. Sie definieren den Erfolg.
Vielen Dank für das Gespräch.
Sehr gerne.