Helfen leicht gemacht
Freiwilliges Engagement stützt die Gesellschaft, vermittelt ein Gefühl für Verantwortung und macht sich obendrein gut im Lebenslauf – genau das Richtige für junge Menschen. Deshalb bieten Entwicklungshilfeorganisationen vielfältige Möglichkeiten, sich einzubringen und dabei Spaß zu haben.
Knapp die Hälfte der unter Dreißigjährigen in Deutschland engagiert sich freiwillig. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Bundesfamilienministeriums 2014. Eine beachtliche Quote – schließlich gehört einiges an Zeit und Energie dazu, um sich neben Lehre, Ausbildung oder Studium, Freunden, Familie und Hobbys regelmäßig einer weiteren Beschäftigung zu widmen. Und zwar einer, die nicht bezahlt wird.
Entwicklungshilfeorganisationen in Deutschland wie der gemeinnützige Hamburger Verein Viva con Agua freuen sich über die vielen freiwilligen Helfer. Seit 2005 bringen sich Organisationen und Privatpersonen in dem von Viva con Agua geschaffenen Netzwerk ein, um Menschen weltweit einen menschenwürdigen Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen zu ermöglichen.
Deutschlandweit agieren über 50 individuelle Viva con Agua-Teams. Das Durchschnittsalter der Freiwilligen liegt bei nur rund 25 Jahren – ziemlich niedrig im Vergleich zu anderen gemeinnützigen Initiativen. Die Freiwilligen von Viva con Agua sammeln hauptsächlich Pfandbecher auf Veranstaltungen ein. Aus dem einkassierten Pfand speist sich die Haupteinnahmequelle des Vereins.
Beschwingtes Engagement
Mal eben kurz die Welt retten – so ließe sich die Devise der Aktionen vielleicht zusammenfassen. Mit der etwas bescheideren Formulierung: „Auch ernste Themen dieser Welt mit Freude angehen“, bringen es die Vereinsmitgleider auf ihrer Website auf den Punkt. Um Spenden, sprich leere Pfandbecher, während eines Konzerts, Festivals oder Fußballspiels zu sammeln, müssen sich Freiwillige nur auf der Onlineplattform POOL registrieren. Dann können sie auch schon loslegen.
Sonstige Formulare und gar Mitgliedsbeiträge? Fehlanzeige. Wissen über die Trinkwassersituation in Uganda, Hygiene-Workshops in Nepal oder die Zusammenarbeit mit der Welthungerhilfe? Nicht notwendig. Junge Menschen können sich ohne viel Aufwand für den Verein engagieren. Sie müssen potenzielle Pfandspender noch nicht mal durch viel Reden überzeugen. Erfahrungsgemäß interessieren diese sich ohnehin nur vereinzelt für die Arbeit des Vereins – schon allein deshalb, weil es sich während eines Konzerts viel schwerer kommunizieren lässt als in einer Fußgängerzone.
Viva con Agua ist für viele gerade deswegen so attraktiv, weil Gutes (tun) ganz nebenbei passiert und ziemlich cool daherkommt. Optimistisches Auftreten, trendiges Merchandise und Kooperationen mit angesagten Akteuren aus Musik, Kunst und Sport. „Damit grenzen wir uns von den herkömmlichen Hilfswerken, die sich eben vor allem an der klassischen Spenderzielgruppe orientieren und sich an diese wenden, ab“, so der Verein.
Die Rechnung scheint aufzugehen: Auf der Helferplattform sind knapp 10.000 Freiwillige registriert. Laut Jahresbericht sammelten vergangenes Jahr allein auf Festivals knapp 1.000 von ihnen Pfandbecher für den guten Zweck.
Andere Zielgruppe, andere Strategie
Im Fall der Entwicklungsorganisation Brot für die Welt lassen sich konkrete Mitgliedszahlen nur schwer auftreiben. Als Hilfswerk der evangelischen Landeskirchen und Freikirchen ist sie strukturell sehr verzweigt. Während das Alleinstellungsmerkmal von Viva con Agua die Verbindung aus junger Zielgruppe und unkompliziertem Engagement ist, fokussiert Brot für die Welt eher die Gegenden, „wo manche staatliche Struktur nie hinreicht und NGOs nie auftauchen“.
Die Organisation betont aber explizit, „Jung und Alt Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement“ zu eröffnen. Konkrete Vorschläge richten sich jedoch größtenteils an Gemeinden, Pfarrer und spendenwillige Gläubige, also eher die „klassische“ Zielgruppe: wohlhabende Menschen mittleren Alters. Für „Kinder, Jugend & Konfis“ gibt es Unterrichtsmaterial und Ideen für Infostände oder Straßenaktionen. Bei letzteren sollen Lieder gesungen oder Szenen aufgeführt werden, um Vorbeilaufende auf Missstände in wenig entwickelten Regionen der Welt aufmerksam zu machen. Fast alle Vorschläge fordern organisatorischen Aufwand, zum Teil auch finanziellen und sehr viel Eigeninitiative.
Dieses Jahr findet zum ersten Mal ein bundesweites Treffen der Freiwilligen von Brot für die Welt statt. Man richte sich an „Menschen zwischen 14 und 27“ und wirbt mit „reichlich Spaß, Musik, Spiel, Tanz und tolle[m] Essen“. Eine ziemlich konventionelle, fast schon konservative Methode, um Freiwillige für sich zu gewinnen. Aber immerhin.
Am Ende müssen Engagierte für sich selbst entscheiden, welchen Weg sie gehen wollen und was ihnen wichtiger ist – ein fröhliches Miteinander oder die konkrete Aufklärung über Missstände? So oder so, am Ende geht es darum, mitzumachen.