Jenseits der Mitte
Rechts, rechtsradikal oder rechtsextrem – alles das Gleiche? Weit gefehlt. In politischen und gesellschaftlichen Diskussionen werden diese Begriffe oft verwechselt. Oder bewusst falsch verwendet. Doch eine Differenzierung ist wichtig, denn die Begriffe haben unterschiedliche Bedeutungen.
Wer sich als rechts bezeichnet, steht laut dem Magazin Katapult für konservative Werte. Auch wenn die Vertreter dieser Werte nicht unbedingt das Kaiserreich oder den Nationalsozialismus zurückwollen, sehnen sich politisch rechtsgerichtete Menschen nach vergangenen Zuständen. Sie möchten Traditionen und das gesellschaftliche Gefüge bewahren, sie sind patriotisch und stolz auf ihr Land.
SZ Jetzt, das Onlinemagazin der Süddeutschen Zeitung,beschreibt dabei einen zentralen Gegensatz zur politischen Linken: Während linke Strömungen die Gesellschaft als ein Projekt betrachten, das durch Reformen und Veränderungen verbessert werden kann, sehen Rechte sie als etwas, das bewahrt und geschützt werden muss. Am rechten Rand kann sich das auch in Aggressivität und Gewalt äußern.
Radikal, aber (noch) innerhalb der Verfassung
Rechtsradikale Positionen gehen einen Schritt weiter als konservative oder rechte Haltungen. Sie wollen bewahren und zugleich Veränderungen herbeiführen, radikale Veränderungen, um ihre politischen Überzeugungen umzusetzen. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung zeichnen sie sich dabei häufig durch nationalistische, autoritäre und antiliberale Ansichten aus.
Das Wort „radikal“ leitet sich vom lateinischen Begriff „radix“ ab, was „Wurzel“ bedeutet. Rechtsradikale wollen gesellschaftliche Probleme „an der Wurzel“ anpacken und einen grundlegenden Wandel herbeiführen. Diese Radikalität richtet sich häufig gegen die bestehenden liberalen und pluralistischen Strukturen der Gesellschaft. Dennoch akzeptieren Rechtsradikale in der Regel die Grundprinzipien des Verfassungsstaates und bleiben somit formal innerhalb der rechtlichen Ordnung.
Ein Beispiel für rechtsradikale Positionen ist die Forderung nach einer stärkeren nationalen Abschottung oder einer autoritären Führung. Diese Ideen mögen extrem erscheinen, bewegen sich jedoch innerhalb der Grenzen des demokratischen Systems, solange sie nicht auf die Abschaffung der Verfassung abzielen. Der Verfassungsschutz betont, dass radikale Meinungen in einer Demokratie erlaubt sind, solange sie die Grundwerte des Grundgesetzes respektieren. Dennoch sind die Übergänge zum Rechtsextremismus oft fließend und radikale Positionen können in extremistische Haltungen münden, wenn sie gewaltbereit oder verfassungsfeindlich werden.
Rechtsextremismus: Verfassungsfeindlichkeit und Gewalt
Rechtsextremismus unterscheidet sich von Rechtsradikalismus lautder Bundeszentrale für politische Bildung dadurch, dass er die freiheitlich-demokratische Grundordnung direkt angreift. Rechtsextreme wollen die Demokratie abschaffen und durch ein autoritäres oder sogar totalitäres System ersetzen. Dabei bedienen sie sich häufig rassistischer, nationalistischer und antisemitischer Ideologien und verbreiten diese aktiv.
Eine zentrale Position und mitunter die gefährlichste Einstellung des Rechtsextremismus ist die Ablehnung universeller Menschenrechte. Stattdessen propagieren Rechtsextreme die Idee einer ethnisch homogenen Volksgemeinschaft, in der Rechte und Freiheiten des Einzelnen stark eingeschränkt werden.
Rechtsextreme Ideologien sind oft gekennzeichnet durch einen Nationalismus, bei dem die Interessen der eigenen Nation über alles gestellt werden. Sie verherrlichen den Nationalsozialismus, was mit einer Relativierung oder Leugnung des Holocaust einhergeht. Dementsprechend sind Rechtsextremisten fremdenfeindlich, rassistisch und antisemitisch.
Der Rechtsextremismus ist dabei der Bundeszentrale für politische Bildung zufolge kein einheitliches ideologisches Gebilde. Es handelt sich um ein Sammelsurium verschiedener Gruppen und Strömungen, die aber demokratischen Strukturen widersprechen und ihrer Unterstützung nationalistischer und rassistischer Ideen übereinstimmen. Die Gefahren des Rechtsextremismus sind vielfältig. Er bedroht nicht nur einzelne Bevölkerungsgruppen, sondern auch die grundlegenden Werte der Demokratie. Rechtsextreme Gruppen scheuen oft nicht davor zurück, Gewalt einzusetzen, um ihre Ziele zu erreichen.
Getarnte Ideologie
Bruderschaften oder Nipster (zusammengesetztes Wort aus Nazi und Hipster) und die Identitäre Bewegung bieten unterschiedliche Möglichkeiten, sich politisch und darüber hinaus zu organisieren. Regelmäßig im Zusammenhang mit rechtsextremen Straftätern zur Anwendung kommt der Paragraph 130 des Strafgesetzbuchs: Volksverhetzung. Gewalt gegen Andersdenkende ist in diesen Kreisen ein anerkanntes Verhalten, aber nach deutschem Recht unerlaubt. Einige Gruppierungen aus dem rechtsradikalen Spektrum lehnen diese nach außen hin ab und wehren sich gegen eine zu extreme Einordnung, um Konflikt mit dem Gesetz zu vermeiden. Gemeinsam ist ihnen die Strategie, in den sozialen Netzwerken ihre Ideologie verbreiten zu wollen. Um nicht ins Visier der Gesetzeshüter zu geraten, tarnen sich Vertreter der gesellschaftlichen Rechten zudem in der Gaming-Community, die für rechtsextremistische Propaganda genutzt wird. Es gibt viele menschenverachtende Memes oder Videos, die oft unauffällig oder sogar harmlos wirken, weil sie dem Design bekannter PC-Spiele nachempfunden sind. Darüber hinaus entwickeln Rechtsextreme eigene Games, in denen Spielende in die Rolle rechtsextremer Attentäter schlüpfen.