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ProDer Mehrwert der Meinungsforschung

Von Hans Komorowski / 10. April 2014
(Foto: pollytix)

von Rainer Faus Wenn Meinungsforschung ein tiefergehendes Verständnis für gesellschaftliche Probleme schafft, statt nur der medialen Logik zu folgen, kann sie der Demokratie gute Dienste leisten. Gute Meinungsforschung kann dafür sorgen, dass Politik besser verstanden wird, Bürger effizienter angesprochen werden und somit politische Partizipation und Wahlbeteiligung steigen. Sie kann sogar helfen, gesellschaftliche Probleme zu lösen. […]

von Rainer Faus

Wenn Meinungsforschung ein tiefergehendes Verständnis für gesellschaftliche Probleme schafft, statt nur der medialen Logik zu folgen, kann sie der Demokratie gute Dienste leisten. Gute Meinungsforschung kann dafür sorgen, dass Politik besser verstanden wird, Bürger effizienter angesprochen werden und somit politische Partizipation und Wahlbeteiligung steigen. Sie kann sogar helfen, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Leider gibt es auch einige Beispiele für schlechte Meinungsforschung, die entweder irrelevant oder irreführend ist: Oft sind es sensationslüsterne Medien, die aus Mücken Elefanten machen, oder Meinungsforschungsinstitute stellen inadäquate Fragen.

Dilettantismus schadet der Meinungsforschung

Im vergangenen Jahr wurde etwa 250-mal die sogenannte Sonntagsfrage nach der Wahlabsicht bei der Bundestagswahl veröffentlicht. Sicherlich kann man sich fragen, ob es wirklich notwendig ist, durchschnittlich alle 1,5 Tage Daten dazu zu diesem Thema zu generieren. Viel problematischer aber ist, wie die Medien mit diesen Zahlen umgehen. Die statistische Fehlertoleranz einer Befragung von 1000 Wahlberechtigten liegt bei etwa 3 Prozent, dennoch scheuen sich Medien nicht, Schwankungen von einem Prozent als Schlagzeile zu nutzen, wie es eben gerade so in den Zeitgeist passt, Parteien hochzuschreiben oder ihr Ende zu prophezeien. Meinungsforschung wird hier zur Jagd auf die geile Zahl.

Während man Journalisten noch statistische Ignoranz zu Gute halten kann, ist es umso trauriger, wenn Profis irrelevante und irreführende Fragen stellen. Hier bietet sich als Beispiel folgende Frage an, die ein Meinungsforschungsinstitut im Vorfeld der Bundestagswahl für die ARD gestellt hat: „SPD und Grüne haben beschlossen, dass sie im Falle einer Regierungsbeteiligung nach der Wahl die Steuern für höhere Einkommen anheben wollen. Glauben Sie, dass das den Grünen im Wahlkampf eher nützt oder schadet?“ Selbstverständlich antwortete die Mehrheit mit „schadet“, denn die Mehrheit wählt nicht Grün und zumindest die Konservativen mögen sogar heimlich hoffen, dass die Diskussion über die Steuerpolitik den Grünen schadet. Allerdings ist die Frage lediglich nach dem „Glauben“ gestellt. Tatsächliche Effekte der Steuerdebatte wie beispielsweise Änderungen in der Wahlabsicht wurden nicht berichtet. Die mediale Logik beeinflusst zusammen mit schlechter öffentlich-rechtlicher Meinungsforschung durch das Berichten der vermeintlich öffentlichen Meinung die eigentliche öffentliche Meinung und schafft so eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Wie strategische Meinungsforschung trotzdem nützen kann

Wird Meinungsforschung nicht nur zur Generierung von Schlagzeilen aus politischem Kalkül genutzt, kann eine Kombination qualitativer und quantitativer Methoden der Meinungsforschung helfen, Politik verständlicher zu machen, Zielgruppen besser anzusprechen und die Politik näher an den Bürger zu rücken.

Sagen wir mal, eine Stromtrasse soll quer durch Deutschland gebaut werden. Bei der Diskussion über den Bau treffen berechtigte Argumente auf teils irrationale Ängste und die Volksseele kocht bei öffentlichen Informationsveranstaltungen. Aber auch irrationale Ängste sind reale Ängste. Daher ist es umso entscheidender, diese ernst zu nehmen und durch qualitative Meinungsforschung ein tiefes Verständnis darüber zu gewinnen,  wie hoch das Informationsniveau tatsächlich ist, welche Fehlinformationen und welches Halbwissen vorhanden sind, was die Menschen bewegt und sorgt. Dann können diese Sorgen durch geeignete Maßnahmen und passgenaue Kommunikation gemindert werden. Quantitative Studien in den betreffenden Regionen helfen, die qualitativen Ergebnisse zu validieren und zu bestimmen, ob es sich bei den Protesten um eine kleine aber laute Minderheit handelt oder aber um ein größeres Problem, das weite Teile der Bevölkerung bewegt.

Oder nehmen wir mal die Partei mit dem Mobilisierungsproblem, die zwar ein gutes Wahlprogramm hat, aber nicht weiß, auf welche Weise sie ihre potentiellen Wähler ansprechen soll. Hier hilft Meinungsforschung, die Zielgruppen entsprechend zu segmentieren, demografische Profile zu erstellen und zu zeigen, welche Art von Argumentation am ehesten verstanden wird und zur Mobilisierung beiträgt. Studien zeigen, dass Meinungsforschung sogar die Wahlbeteiligung erhöhen kann, wenn es durch sie gelingt, politikfernere Schichten adäquater zu erreichen. Hier geht es im Übrigen nicht darum, als Meinungsforscher das Wahlprogramm der Partei zu schreiben, sondern vielmehr darum, mit der bestehenden Politikplattform bestimmte Wählergruppen mit den richtigen Themen in der passenden Sprache anzusprechen.

Das Bundesland, das Landflucht und damit die Entvölkerung ganzer Landstriche stoppen will, der Handwerksverband, dem der Nachwuchs ausgeht, oder die Stadt, die den Volksentscheid um den Flughafenausbau beeinflussen will: Um die Menschen für sich zu gewinnen, muss man sie verstehen, ihre Motivationen, Erwartungen, Befürchtungen und Ziele kennen. Und man muss mit ihnen kommunizieren, in ihrer Sprache und mit Themen, die für sie relevant sind und sie betreffen.

Sich bei der Formulierung von Politik und der Entwicklung von Kampagnen auf das Bauchgefühl zu verlassen, kann teuer werden. Meinungsforschung, die statt bedeutungslosem Zahlensalat strategische Politikberatung auf der Basis fundierter Forschung liefert, bietet einen Mehrwert. Sie schafft eine höhere Mobilisierung, effektivere Kampagnen und eine Politik, die näher am Menschen ist.



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