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DebatteDie Zukunft spricht bargeldlos?

Von Christa Roth / 20. November 2015
picture alliance / imageBROKER | Ingo Schulz

Das digitale Zeitalter dringt in fast alle Lebensbereiche vor. Auch Bezahlen ist längst ein Vorgang geworden, der bargeldlos funktioniert. Aber funktioniert das wirklich – ein Leben ohne Münzen und Scheine? Und wie soll das Ganze aussehen? Darauf haben Ökonomen verschiedene Antworten.

Das Smartphone ist nicht nur Telefon, sondern auch Computer, Fotoapparat und vieles mehr. Bald könnte es auch die klassische Brieftasche ersetzen. Zumindest häufen sich in letzter Zeit Nachrichten zu eben diesem Thema. Doch überraschend sind ganz andere Medienberichte.

So heißt es etwa, der Iran wolle sämtliches Bargeld abschaffen. Zunächst soll das Experiment bargeldlose Zukunft nur auf einer Insel getestet werden. Aber das ehemalige persisische Großreich ist nicht das einzige Land, in dem die Vorteile des digitalen Bezahlens diskutiert werden.

Langfristig sollen dänische Tankstellen, kleine Geschäfte und Restaurants nicht mehr verpflichtet werden, Bares anzunehmen. Die Notenbank hat sogar angekündigt, ab 2017 keine neuen Banknoten mehr zu drucken – mangels Nachfrage, wie es in der Pressemitteilung lautete. In Italien sind bereits seit vier Jahren Bargeldzahlungen nur noch bis knapp 1000 Euro zulässig. Für Frankreich gilt diese Regelung seit September.

Es gibt Für- aber kaum Widersacher

In wieweit elektronische Zahlungsmittel Vor- und Nachteile mit sich bringen, ist unter Experten umstritten. Der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger ist für eine Abschaffung von Bargeld. Zentralbanken, so Bofinger, könnten über Negativzinsen Geschäftsbanken dazu bringen, zusätzliche Kredite zu vergeben. Mit diesen sollen Unternehmen zu mehr Investitionen angeregt werden und die Wirtschaft schneller in Schwung kommen. Ein anderes Argument der Befürworter digitaler Bezahlvorgänge lautet: Der Kampf gegen organisierte Kriminalität sei so deutlich leichter. Auch Schwarzarbeit würde damit schwerer möglich.

Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank schrieb im Sommer dagegen, die „Bürgerinnen und Bürger sollen selbst entscheiden, in welchem Ausmaß sie Bargeld oder bargeldlose Zahlungsmittel verwenden möchten“. Digitale Geldströme lassen auch viele Rückschlüsse auf die Besitzer und ihr verfügbares Guthaben zu. Wer wo wieviel wann und wofür ausgegeben hat, lässt sich leichter nachvollziehen.

Innovation, die bald zum Standard werden könnte

Doch damit ist die Bundesbank eher allein. Denn die Digitalisierung als neuer, scheinbar unverzichtbarer Aspekt von Wirtschaft ist auch für die Börse plötzlich interessant. Unerwartet große Börsengänge gehen derzeit auf die Konten von jungen Bezahldiensten. So hat etwa Twitter-Chef Jack Dorsey auch seinen Bezahldienst Square an die Börse neuerdings an die Börse gebracht.

Apple war wie so oft zuerst da und hat seinen iPhone-Bezahldienst Apple Pay börsentechnisch schon debüttiert. Samsung ist aber bereits mit einem eigenen System nachgezogen und hat sich die Mehrheit an der Firma LoopPay gesichert, die für ein besseres Zusammenspiel von Bankkarten in der Ära der digitalen Brieftasche sorgt. Und selbstverständlich arbeitet auch Google an einer Plattform, die allen Android-Geräten die Integration ihres eigenen Dienstes ermöglichen soll.

Da geht noch mehr

Allerdings geht es offenbar um mehr als nur Bargeld durch Kreditkarten und Kartenzahlungen über das Smartphone abwickeln zu lassen. Kunden durch die digitale Vernetzung über den Zahlvorgang an sich zu binden, sei ebenso wichtig, sagte etwa PayPal-Produktchef Hill Ferguson beim Mobile World Congress in Barcelona. Es gehe zusätzlich darum, Treuekarten und Rabattangebote einzubinden. „Die Händler wollen, dass der Kunde in ihrem Geschäft insgesamt ein besseres Erlebnis hat als bei der Konkurrenz.“

Und die gibt es weltweit. Und das nicht mehr nur in innerhalb einer Branche: Die Bank Stanley Morgan hat ausgerechnet, es gebe auf der ganzen Welt 1,3 Milliarden Kredit- und sonstige Bankkarten. Dem stünden allerdings 7,3 Milliarden aktive Mobilfunk-Nutzer gegenüber. Insofern ist das Handy künftig der Maßstab, um das Marktpotential der Digitalisierung klassischer Bargeldzahlungen zu ermessen. Immerhin werden heute schon in vielen Ländern Asiens oder Afrikas, in denen Millionen von Menschen keine Bankkonten, aber Handys haben, insgesamt hohe Geldbeträge per Mobiltelefon verschickt.

Zuletzt wird der häufigere Einsatz von Smartphones an der Ladenkasse, darin sind sich die Experten einig, zu einer Gebühren-Neuverteilung für elektronische Transaktionen führen. Schließlich wollen Apple und Co. von genau diesem Kuchen einen Teil abhaben. Und dieser Kuchen ist laut Morgan Stanley gewaltig: 2012 zahlten allein amerikanische Einzelhändler, die Kartenzahlungen akzeptierten, rund 67 Milliarden Dollar Gebühren.

 

Lies weiter bei…

Pro | Nicht nur Bares ist wahres

Contra | Das Bargeld bleibt



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