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DebatteInnovativ und gerecht oder leistungsfeindlich?

Von Helen Arling / 30. Juli 2024
picture alliance / CHROMORANGE | MICHAEL BIHLMAYER

Olympia 2024 steht im Zeichen der Gleichstellung. Heiß diskutiert wird insbesondere, dass die 50-Kilometer-Gehen-Disziplin der Männer einer geschlechtergemischten Staffel weichen wird.

Kräftemessen der Nationen, Traum aller Nachwuchssportlerinnen und -sportler und ein milliardenschweres Unterhaltungsspektakel – all das ist Olympia. Aber darüber hinaus ist Olympia auch ein Spiegel der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und Debatten. Wichtiger Gegenstand solcher Debatten ist – nach wie vor – Diskriminierung auf Grund des Geschlechts. Dieses Jahr nehmen erstmals bei den Olympischen Spielen in Paris genauso viele Athletinnen wie Athleten an den Wettkämpfen teil.

Eine weitere, aktuelle Veränderung in Sachen Geschlechterverteilung bei Olympia betrifft die 50-Kilometer-Gehen-Disziplin der Männer. Diese wird in Paris erstmalig durch eine Mixed-Staffel auf Marathondistanz ersetzt. Ein Mann und eine Frau gehen bei der neuen Staffel abwechselnd vier Teilstrecken der insgesamt 42,195 km Kilometer.

Frauen bei Olympia – ein langer Weg bis nach Paris

Seit mittlerweile über 120 Jahren nehmen Frauen an den Olympischen Spielen teil. Doch natürlich nicht, ohne zunächst einige Hürden überwinden zu müssen. Die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit 1896 in Athen waren noch eine reine Männerveranstaltung. Nur inoffiziell, außerhalb der festgelegten Wettkampfzeiten, liefen zwei Frauen die olympische Marathonstrecke. Mit der Zeit wurden Frauen zu immer mehr Disziplinen zugelassen – zunächst vor allem zu solchen, die den sozial Bessergestellten vorbehalten waren, wie Segeln oder Tennis.

Insbesondere die Zulassung von Frauen zu olympischen Leichtathletikwettbewerben musste hart erkämpft werden. Zu stark waren Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts noch die Stereotype und biologistischen Ansätze, die den weiblichen Körper vor allem aus der Perspektive der Fortpflanzung betrachteten und eine „Vermännlichung“ durch zu viel und zu kraftintensiven Sport befürchteten. Seit 1987 nimmt das Internationale Olympische Komitee (IOC), die Organisation, die die Spiele abhält und betreut, auch Frauen als Mitglieder auf. Und erst seit 2012 können Frauen in allen olympischen Disziplinen gegeneinander antreten. Boxen kam damals als letzte Sportart hinzu.

Neue und alte Disziplinen im Mix

Gemischte Teams und Wettkämpfe gibt es bei Olympia hingegen schon länger. Die erste Frau, die einen Olympiasieg verzeichnen konnte, die Schweizerin Hélène de Pourtalès, gewann 1900 als Teil eines solchen Mixed-Teams gemeinsam mit drei Männern den Segelwettbewerb. Im Tennis beispielsweise gab es zwischen 1900 und 1924 gemischte Doppel, dann aber erst wieder seit 2012 – wobei Tennis generell lange Zeit wegen Differenzen zwischen dem Tennisweltverband und dem Internationalen Olympischen Komitee nicht olympisch war. Die meisten Mixed-Disziplinen kamen bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio hinzu.

Dieses Jahr treten gemischte Teams unter anderem in der Leichtathletik, im Schwimmen und im Tischtennis an, bei den Olympischen Winterspielen tun sich Männer und Frauen in Sportarten wie Biathlon, Skispringen oder Curling zusammen. Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer jedweden Geschlechts geöffnet, ohne Unterteilung nach Geschlechtern, sind seit Mitte des letzten Jahrhunderts olympische Wettkämpfe aus der Kategorie Reitsport.

Obwohl Mixed-Staffeln bei den Olympischen Spielen also nicht neu sind, werden dahingehende Veränderungen in einzelnen Disziplinen kontrovers diskutiert, wie die eingangs erwähnte Mixed-Staffel in der Sportart Gehen. Hier fallen die öffentlichen Reaktionen gemischt aus. Carl Dohmann, dreimaliger deutscher Meister im 50-Kilometer-Gehen zeigt sich gegenüber dem Deutschlandfunk nicht begeistert. Gehen sei ein Individualsport, die individuelle Leistung sollte dementsprechend im Vordergrund stehen. Als „innovativ, dynamisch und unvorhersehbar“ bezeichnet hingegen Jon Ridgeon, CEO des Leichtathletik-Dachverbands World Athletics, das neue Staffelformat.

Jenseits der Diskussion um Mixed-Staffeln lässt sich immerhin festhalten: Es geht voran in Sachen Gleichstellung im Sport. Nach den EM-Spielen sehen wir Interviews mit Fußballexpertinnen und Olympia 2024 möchte mit der Geschlechterparität ganz gezielt einen neuen Meilenstein setzen. Neben dieser Maßnahme und den neuen Mixed-Wettkämpfen soll auch innerhalb der Olympischen Leitung die Frauenquote weiter steigen.



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