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ContraQuelle unbekannt

Von Tom Albiez / 31. März 2023
picture alliance / NurPhoto | Alexander Pohl

Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, unser Leben nachhaltig zu verändern. ChatGPT gibt uns einen Vorgeschmack auf diese Zukunft, die für die einen ein Versprechen, für andere eine Drohung ist.

Keine Frage, das System ChatGPT ist genial. Die Fähigkeit, in Sekundenschnelle grammatikalisch korrekte und umfassende Antworten auf präzise Aufgabenstellungen und Fragen zu geben, ist beeindruckend.

Programmieren, Texte schreiben, recherchieren: ChatGPT ist ein wahrer Alleskönner, nur wie diese Form der künstlichen Intelligenz (KI) auf ihre Ergebnisse kommt, verrät sie nicht. Das erscheint erstmal irrelevant, solange alles stimmt. Aber wie will man Informationen überprüfen, wenn man sich in Zukunft ausschließlich auf die KI verlassen sollte?

Dass die KI nicht fehlerfrei operiert und teilweise Dinge erfindet, ist sicherlich ein Problem, das sich durch Weiterentwicklung reduzieren lässt, doch ausmerzen lässt es sich wohl kaum. Somit gilt für jede/n Benutzer:in dasselbe wie für Journalist:innen: Niemals der Information aus allein einer Quelle trauen!

Die Informationsflut steht bevor

Allerdings geht es nicht nur um unbeabsichtigte Falschinformationen, die von KI generiert werden, sondern auch um die bewusste Verbreitung von Fake News. So kann man sich von ChatGPT eine Pressemitteilung der Polizei im täuschend echten Fachjargon zu einem angeblichen Vorfall schreiben lassen. Dann beim KI-Bildgenerator Dall-E durch einfache Texteingabe ein entsprechendes Foto (z.B. zu einem Anschlag an einem öffentlichen Platz) generieren lassen, und schon hat man Material, um das Internet mit Desinformationen zu verseuchen. Ethisch vertretbar ist die Nutzung von KI an dieser Stelle also eher nicht.

Weiterer Nebeneffekt: Die Quantität von Content wird massiv anwachsen. Durch ChatGPT ist es denkbar, ganze Webseiten oder Bücher erstellen zu lassen, ohne auch nur ein einziges Wort selbst geschrieben zu haben. Vielleicht wird es bald einen Vermerk „Created by a human being“ auf Büchern geben müssen, um überhaupt noch unterscheiden zu können, ob nicht eine KI dahintersteckt.

Verlernen von Fähigkeiten

Eine weitere Gefahr ist, dass wir durch die zunehmende Verwendung von KI unsere grundlegenden Fähigkeiten verlieren. Es ist wie beim Taschenrechner oder dem Autonavi: Je öfter man sich auf diese Hilfsmittel verlässt, desto aufgeschmissener ist man ohne sie. ChatGPT kann einem sowohl das selbstständige Denken als auch die Recherche von Informationen abnehmen. Schulen und Universitäten stehen damit aber vor der Herausforderung, wie individuelle Leistungen wie Hausaufgaben oder wissenschaftliche Arbeiten korrekt zu bewerten sein sollen, wenn diese Mensch oder Maschine im Vorhinein nicht sicher zugeordnet werden können. Wie also funktioniert der wirklich verantwortungsbewusste Umgang damit?

Große berufliche Verunsicherung

Und was soll man überhaupt noch als junger Mensch lernen, wenn die KI so viele Tätigkeiten übernehmen kann, von denen bisher ganze Berufszweige leben? Der klassische Journalismus hat(te) es durch die Digitalisierung stellenweise sehr schwer. Nun scheint er in seiner Ursprungsform noch stärker an den gesellschaftlichen Rand gedrängt zu werden. Denn im Gegensatz zu menschlichen Redakteur:innen und Autor:innen verlangt die KI keinen Cent pro Zeichen und ist unschlagbar schnell.

Man denke außerdem an die Bildgeneratoren: Diese könnten den Job der Grafiker:innen überflüssig machen. Und selbst die bisher als sicher geltende Zunft der Informatiker:innen scheint ebenso bedroht, ihr Mittel zum Zweck – codieren – reicht für ein Alleinstellungsmerkmal dann schon lange nicht mehr aus.

Natürlich können die genannten Berufsgruppen KI für sich als Tool nutzen, um komplexe Aufgaben zu lösen, die bisher nicht zu bewältigen schienen. Sicherlich freut sich auch der ein oder die andere, dass lästige Arbeiten durch KI wegfallen. Unzweifelhaft ist, dass KI den Arbeitsmarkt nachhaltig verändert wird. Das bedeutet nicht zwangsläufig einen massiven Stellenabbau, ohne dass neue Arbeitsplätze entstehen. Dies wurde auch schon beim Aufkommen des Internets und des Computers befürchtet. Dennoch gibt es bis heute keine Vier-Tage-Woche. Von einer unkontrollierbaren Massenarbeitslosigkeit in den digital entwickelten Ländern ganz zu schweigen.

Der Sozialstaat braucht Antworten

Das Mantra vom lebenslangen Lernen wird wieder in den Fokus rücken müssen. Die Zeiten, in denen man einen Job erlernt, im Glauben, diesen auch noch in zehn Jahren ausüben zu können, neigen sich dem Ende entgegen. Ja, es gibt Branchen, wie beispielsweise die Sozialwirtschaft, bei der eine Disruption durch KI unwahrscheinlich ist. Und ein Dach decken kann auch noch keine KI. Sämtliche Jobs aber, die keine praktische menschliche oder handwerkliche Arbeit erfordern, wird KI allerdings auf den Prüfstand stellen. Und diese Jobs machen den Großteil aus in den westlichen “Industrienationen“, die tatsächlich viel mehr Dienstleistungsgesellschaften geworden sind.

Auf diese Veränderungen muss ein Sozialstaat Antworten finden. Bisher jedoch fehlen sie. Wer die KI feiert, sollte auch bereit sein, über das bedingungslose Grundeinkommen zu reden und darüber nachzudenken, wie breite Schichten der Bevölkerung von diesem Fortschritt profitieren können. Dass ChatGPT bisher jedem (noch) kostenlos zugänglich ist, ist dabei zumindest ein Hoffnungsschimmer.

Dennoch sollte man bei der ganzen Debatte nicht den Humor verlieren. Denn wer ChatGPT schon einmal nach einem Witz gefragt hat, weiß: Immerhin hier hinkt die KI dem Menschen noch meilenweit hinterher.



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