ProSeenotrettung führt zu mehr Migration
Die Hoffnung auf Hilfe in Gefahrensituationen hat sich im Fall der Seenotrettung zur Gewissheit entwickelt. Weil es immer mehr zivile Hilfe gibt, steigt der Anreiz, sich über den Seeweg nach Europa zu machen und somit die Zahl Flüchtende.
Was genau ist Seenotrettung? Zumindest laut Völkerrecht beinhaltet die Hilfe für in Not geratene Menschen die Rettung von Schiffbrüchigen, die Suche nach Verschollenen und Ertrunkenen und die Brandbekämpfung auf dem betroffenen Schiff. Dieses internationale Seerechtsübereinkommen (SOLAS) von 1974 und die Übereinkunft zur Seenotrettung fünf Jahre später verpflichten alle Küstenstaaten, Menschen in ihrem bis zu 200 Meilen breiten Seegebiet zu helfen. Auf offener See müssen Besatzungen aller Schiffe Hilfsbedürftige in Not retten.
Flüchtlinge sind davon nicht ausgenommen. Immer öfter erhalten sie Unterstützung durch zivile Schiffe von internationalen NGOs. Was auf den ersten Blick richtig erscheint, hat langfristig negative Folgen vor allem für die Flüchtlinge in den Booten selbst.
Meistens halten diese völlig überfüllten Holz- oder Schlauchboote dem Wellengang im Mittelmeer kaum stand. Zusammengepfercht auf wenig Platz für gerade einmal eine Handvoll Personen drängt sich ein Vielfaches an Bootsmigranten darin. Ein verlässlicher und erfahrener Kapitän findet sich selten mit an Bord. Die Menschen, meistens Männer, bezahlen für diese Überfahrt nicht nur viel Geld, sondern oft auch mit ihrem Leben.
Seenotretter oder Schlepper
Die Frage, ob Seenotretter in die Nähe von Schleppern gerückt werden dürfen, würde ich in vielen Fällen mittlerweile mit „Ja“ beantworten. Die Besatzung ziviler Schiffe wie zum Beispiel im Fall der Iuventa des bekannten deutschen Vereins Jugend Rettet steuert Flüchtlingsboote direkt an. Nicht weil Schiffsbruch gemeldet wurde, sondern weil die Helfer über Koordinaten verfügen, mit denen ihre Besatzung die Flüchtlingsboote lokalisieren kann. Diese Informationen stammen in der Regel von Schleppern, die die Überfahrt organisieren.
Obwohl nach internationalem Seerecht der nächstgelegene Hafen angesteuert werden sollte, wird anschließend nicht die Küstenwache um Hilfe gerufen, die am nächsten ist und deshalb zuständig wäre. Befolgt wird diese Vorgabe eher selten. Zur Begründung heißt, dass es zum Beispiel in einem beliebten Urlaubsland wie Tunesien gefährlicher sei, an Land zu gehen, als in Italien oder Griechenland. Nachdem die Geflüchteten von Bord gegangen sind, machen sich viele Seenotretter wieder auf den Weg Richtung Süden, wo sie manchmal sogar die geborgenen, jetzt leeren Boote zurückgeben. Der Transit erinnert an eine Fähre.
Am Ende ergibt sich eine Überbelastung vor allem der italienischen oder griechischen Behörden. Die Bilder von Massenankünften auf der Insel Lampedusa vor Süditalien in Folge einer zunächst freiwilligen Aufnahme gingen um die Welt. Viel besser geworden ist es dort seitdem nicht wirklich.
Helfen bei der irregulären Einwanderung
Italien verweigerte Migranten zu Recht bereits mehrfach die Einreise. Warum auch sollte der Mittelmeeranrainer Hilfe bei der irregulären Einwanderung leisten? Das Signal, das davon ausgeht, wirkt wie ein indirekter Aufruf, sich auf die gefährliche Route einzulassen, weil am Ende der Reise Europa wartet. Europas Regierungen erhoffen sich dagegen den Zuzug von Fachkräften.
Laut dem Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) in Berlin, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wird, hat die Zahl der Überfahrten zwischen 2011 und 2020 nicht zugenommen. Die europäischen Grenzschutzagentur Frontex zählte 2023 etwa 355.300 Menschen, die irregulär in die EU eingereist sein sollen. Das ist der höchste Wert seit 2016. Feststeht, dass die irreguläre Migration zu Land und zu Wasser zugenommen hat und es immer noch tut. Die Diskussion darüber und auch mein Eindruck, dass diese Form der Seenotrettung einen Anreiz zur Flucht aus menschlichem Elend bietet, kommt also nicht von ungefähr.
Profit machen
Schleuser und Schlepper lassen sich ihre Fluchthilfe teuer bezahlen. Die meisten zivilen Seenotretter sind Freiwillige, die unentgeltlich arbeiten. Aber private Seenotrettung wird staatlich gefördert, da es sich in den meisten Fällen wie bei Sea-Watch oder Mission Lifeline um gemeinnützige, deutsche Vereine handelt, denen die Steuern erlassen werden. Zusätzlich erhält zivile Seenotrettung aktiv staatliche Unterstützung in Millionenhöhe wie zum Beispiel 2022 im Fall der Sea-Watch 5. Dieses Jahr und 2026 folgen jeweils zwei Millionen Euro.
In meinen Augen profitieren Initiativen wie diese von ihrem Status und geben staatliche Mittel aus, um eine rechtlich eigentlich unzulässige Migration unter dramatischen Fluchtbewegungen zu ermöglichen. Zumindest noch bis 2026, solange bleibt laut Außenministerium die staatliche Förderung privater Seenotrettung bestehen.
Keine Frage, Seenotrettung ist Pflicht. Das sehe ich genauso. Der Einsatz für die Rettung von Menschenleben darf nicht gering geschätzt werden. Wer sich aber mit dem Thema befasst, stößt auf Details, die mit purer Uneigennützigkeit wenig zu tun haben können. Hier glauben einige Leute scheinbar, ohne ihre Seenotrettungsaktionen würde es nicht gehen. Notwendig ist, international besser organisierte Migrationsströme mit Diplomatie auf den Weg zu bringen.
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) mit Sitz in Bremen verzichtet übrigens auf öffentliche Gelder und finanziert sich nur über Spenden. Allerdings ist ihr Einsatzgebiet die Ost- und Nordsee.