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Zahlen, bitte!

Von Nadine Tannreuther / 10. August 2022
picture alliance / imageBROKER | Georg Stelzner

Zahlen sind reine Erfindung. Sie sind sie von der Menschheit erdacht worden, um Dinge zu beschreiben und begreifbar zu machen, um das Chaos da draußen zu bändigen. Manchen gelingt es sogar.

Ein Querschnitt durch die Gesellschaft ist es nicht gerade, aber die Zusammensetzung passt und eröffnet interessante Blickwinkel auf ein eher trockenes Thema: Mit Klaus Fuhrmeister, Freiberufler und Informatikstudent, Grafik-Designerin Beatrice Schuh, Markenbotschafterin Chu Münster-Müller, Volker Rösner, ehemaliger Banker, und Ingo Leipner, Volkswirt und Wirtschaftsjournalist, versuche ich nicht nur aus akademischer Sicht per Brainstorming hinter das Geheimnis abstrakter Objekte zu kommen, die wir alle täglich gebrauchen.

„Wir zählen unser Alter, wir lesen die Uhrzeit, wir bezahlen im Supermarkt oder online. Wir entwickeln mit der Zeit dadurch ein Gefühl für „viel“ und „wenig“. Dies gibt uns die Möglichkeit, uns Größen vorzustellen und Dinge miteinander zu vergleichen“, beschreibt es Informatikstudent Klaus Fuhrmeister. Doch klar ist: Ein solches Gefühl für Zahlen vermittelt sich aber nicht auf Anhieb.

Zahlen kennen wir aus der Schule, wie “Pi“ aus dem Mathematikunterricht. Manchen Mathematikern gilt die Kreiszahl als „irrational, transzendent und fantastisch.“ „3,14159… konnte ich mir gut merken“, freut sich Grafik-Designerin Beatrice Schuh rückblickend. „Bei Zahlen denke ich auch an James-Bond-Filme. „007“ steht dabei für den Codenamen des fiktiven Charakters des MI6-Agenten James Bond.“ Einen weniger begeisterungswürdigen Begriff für ihr persönliches Zahlen-Gefühl, den Schuh häufig verwendet, wie sie zugibt, ist die „08/15“-Floskel. „Um schnell auszudrücken, was ziemlich gewöhnlich, nicht so besonders, einfach durchschnittlich ausfällt.“

„Geld regiert die Welt“

Unser Verhältnis zu Zahlen ist ambivalent. „Aber sind Zahlen nicht überbewertet?“, frage ich Chu Münster-Müller. Die Markenbotschafterin erwidert: „Zahlen verbinden Menschen überwiegend mit Geld und demnach mit Reichtum. Wer sich also mit Zahlen auskennt und beschäftigt, hat es leichter, auch mit Geld umzugehen. Zudem verbinden wir Zahlen mit Zeit, die uns ja bekanntlich immer davonrennt.“ Warum so viele „zahlenfixiert“ seien, wie sie sagt, läge daran, dass Zahlen „uns “beherrschen“ und unsere Gewohnheiten beeinflussen“.

Doch gerade Erfolg muss man, um ihn zu messen, greifbar kommunizieren, denke ich. So entstehen nicht nur Vergleiche, Wettbewerbe, sondern auch Ziele. Und die geben uns Halt. Oder? Beatrice Schuh gibt zu bedenken: „Oft geht man davon aus, dass Menschen nur dann Leistung bringen, wenn man sie engmaschig kontrolliert“. 

Wohlstands-Zahlen

Zahlen sind eine Kennzeichnung: ein Zustand der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ingo Leipner sagt: „Als Wirtschaftsjournalist habe ich immer die Kennziffer für angeblichen Wohlstand im Auge – wie das Bruttoinlandsprodukt, das BIP – welches natürlich von Jahr zu Jahr einen anderen Wert annimmt“, so der Diplom-Volkswirt. Was ihn fasziniert: 1991 betrug das BIP in Deutschland 1,6 Billionen Euro. 2021 waren es 3,6 Billionen Euro. Die wichtigste Kennziffer für den materiellen Wohlstand hat sich also mehr als verdoppelt. Aber Leipner zögert. „Geht es uns inzwischen wirklich doppelt so gut wie 1991? Oder anders gefragt: Was wäre schlecht, bewusst auf das Wohlstandsniveau von 1991 zurückzukehren? Genug Ferienreisen, Autos und gutes Essen gab es auch damals.“ Ließe sich so vielleicht der zerstörerische Ressourcenverbrauch der heutigen Wirtschaftsweise reduzieren?

42 – die Antwort auf alles

Und dann hört man manchmal in Gesprächen eine vielleicht unerwartete Antwort: „42“. Die berühmte Zahl – allerdings nicht aus wissenschaftlicher Sicht. Ihr Hintergrund: Im britischen Science-Fiction-Film „Per Anhalter durch die Galaxis“ (2005) wurde ein Supercomputer nach dem Sinn des Lebens gefragt, welcher nach mehreren Millionen Jahren Rechenzeit endlich zu einem Ergebnis kommt: „42“. Warum? Weil die Frage zu unpräzise gestellt wurde! Noch heute wird gerne auf unspezifische oder schwer zu beantwortende Fragen mit „42“ geantwortet.

Fibo… was?

Leonardo Fibonacci, Entdecker der nach ihm benannten “Fibonacci-Zahlen“, wollte die Entwicklung der Kaninchenpopulation beschreiben. Wie viele Kaninchenpaare nach x-Generationen existieren sollte die x-te Fibonacci-Zahl zeigen. Die besonderen Eigenschaften der Reihe wurden später entdeckt, beispielsweise dass sich der Quotient zweier aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen dem “Goldenen Schnitt“ annähert, wenn die Zahlen größer werden. Das bei etwa 1,6180 gelegene Teilungsverhältnis einer Strecke oder einer Größe – das heißt, der Quotient der größeren Teilstrecke und der Gesamtstrecke ist genau so groß wie der Quotient von kleinerer und größerer Teilstrecke – gilt als besonders ästhetisch. Berühmte Gemälde wie Leonardo da Vincis “Mona Lisa“ und Gebäude basieren auf diesem Prinzip.

Lieblingszahlen

Sich Zahlen zu entziehen, ist unmöglich. Zeitlich messbare Ereignisse wie Geburtstag oder Hochzeitstag gehören gefeiert! Ob auch ein gewisses Maß an Aberglaube dahinter steckt? „Komischerweise ist meine absolute Glückszahl die 13. Die trug bereits der legendäre Fußballer Gerd Müller. Ich hatte als Teenager sogar ein Kettchen mit einer roten 13 als Anhänger“, erinnert sich Volker Rösner, ehemaliger Banker. Die Anziehungskraft ging bei ihm soweit, dass er sogar sein Autokennzeichen nicht ohne 13 auskommen sollte. „Meist waren meine Buchstaben bereits vergriffen und so nahm ich einfach die doppelte 13, also 1313.“

Glück und Wunschdenken prägen auch wieder bei Markenbotschafterin Chu Münster-Müller den Bezug zu einzelnen Zahlen. „Die 13 gilt für viele als Unglückszahl, doch ich freue mich über jeden Freitag den 13., denn es passiert immer etwas Gutes!“, so ihre abschließende Botschaft.

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