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ContraManipulierer müssen verstummen

Von Adrian Arab / 2. Juni 2017
picture alliance / Francesca Calamita/Cover Images | Cover Media Limited

Wir sollten Verschwörungstheoretiker nicht belächeln. Der US-Präsidentschaftswahlkampf hat gezeigt, dass sie mehr sind als lächerliche, lästige Idioten: Sie sind gefährlich.

Donald Trumps Wahlkampf hat eindrucksvoll gezeigt, welche Wirkung Verschwörungstheorien haben können. Im besten Fall ist es möglich, dass ein vielfacher Milliardär, der sein Vermögen als Immobilienmogul und Netzwerker auf dem politischen und medialen Parkett New Yorks gemacht hat, seine Anhänger gegen eine angebliche Elite aus Journalisten und Politikern verschwört. Wer Trump glaubt, muss kein Depp sein. Pech im Leben reicht dafür schon aus.

Einer Studie der Princeton University zufolge sind Außenseiter besonders empfänglich für Verschwörungstheorien. Jene also, die sich vom Rest der Gesellschaft abgehängt fühlen und ihren Frust bei denen abladen, denen es in ihren Augen besser geht. Frust braucht eine Zielscheibe. Die hat Trump im Wahlkampf fast täglich geliefert. Ein kluger Schachzug, der ihm skurrilerweise seinen Platz als „Führer der freien Welt“ gesichert hat.

Obama als Beispiel für eine gelungene Verschwörungstheorie

Einige Monate, nachdem Trump für die Republikaner ins Rennen um die Präsidentschaft gegangen war, fand er sein erstes Opfer in Barack Obama. Trump behauptete, Obama sei in Wahrheit kein Amerikaner und sprach ihm damit die legale Voraussetzung für sein Amt als US-Präsident ab. Als Beleg dafür zog Trump eine gefälschte Geburtsurkunde heran: Aus dem auf Hawaii geborenen Christen wurde ein aus dem pakistanischen Nord-Waziristan stammender Muslim mit dem Namen Dawood Ibrahim Khan. Sein Ziel: Hass auf Obama, die demokratische Partei und „die Eliten“ schüren, von denen sein Wahlvolk zweifelsohne enttäuscht war.

Trump weiß und wusste genau was er tut. Diese Abgebrühtheit teilt er mit denen, die Verschwörungstheorien verbreiten oder sogar in die Welt setzen. Verschwörungstheoretiker nutzen gutgläubige Menschen als Werkzeug für ihre Interessen – Macht und Geld. Trump manipulierte die Massen, um Präsident der USA zu werden. Die unzähligen Verschwörungstheoretikern, die als Autoren oder angebliche Journalisten ihre Schriften unters Volk bringen, sind auf Aufmerksamkeit und Profit aus.

Nehmen wir den Moderator Ken Jebsen, den ein öffentlich-rechtlicher Radiosender wegen Antisemitismusvorwürfen entließ und der inzwischen Referate über fast alle außenpolitischen Konflikte auf YouTube hält. Fakten präsentiert er spärlich, vermeintliche Experten, die seine unwahren Behauptungen bestätigen, dagegen reichlich. Das Ganze hat Erfolg: Sein YouTube-Kanal „KenFM“ hat 172.000 Abonnenten.

Verschwörungstheoretiker manipulieren durch Desinformation

Verschwörungstheoretische Autoren bedienen sich alle der gleichen Strategie: Sie beschreiben ein gesellschaftlich relevantes Thema, stellen halbwahre oder falsche Behauptungen auf und bestätigen diese mit Lügen oder durch Auslassung. So landen ihre Bücher regelmäßig in den oberen Rängen der Bestsellerlisten, zuletzt das Buch „Gekaufte Journalisten“ des inzwischen verstorbenen Verschwörungstheoretikers Udo Ulfkotte. Ulfkotte verspricht darin, „Netzwerke der Macht“ zu enthüllen. Seine Brandschrift gibt es mittlerweile in sechster Auflage. Wer das Buch nüchtern liest, stellt fest: Dahinter verbergen sich vor allem Behauptungen, denen es an Belegen fehlt.

Sofern Verschwörungstheoretiker Indizien finden, die ihre Behauptungen entlarven, klammern sie diese bewusst aus. Damit erreichen sie Menschen, die intellektuell nicht durchdringen, an welcher Stelle sie aufs Glatteis geführt werden; Menschen, die ihre Antworten in möglichst einfachen Erklärungen suchen. Das ist unfair, brandgefährlich und reißt Gräben in die Gesellschaft anstatt sie zu kitten.

Dass Verschwörungstheorien schon immer gefährlich waren, zeigt der Antisemitismus seit dem 19. Jahrhundert. Damals haben Verschwörungstheoretiker einer „jüdischen Finanzelite“ – dem „Weltjudentum“ – unterstellt, es wolle die Weltherrschaft an sich reißen. Dargelegt war die Behauptung in einer Verschwörungstheorie, den „Protokollen der Weisen von Zion“. Obwohl der Text eine offensichtliche Fälschung ist, rechtfertigten die Nazis damit die Judenverfolgung.

Menschen, die den kalkulierten Schwachsinn verbreiten, lassen sich nur bekämpfen, wenn man sie gar nicht erst machen lässt. Für einen Dialog sind Verschwörungstheoretiker nicht offen. Sie gehören aus sozialen Netzwerken verbannt und dort strafrechtlich verfolgt, wo sie mit Behauptungen Hetze betreiben.

 

Lies weiter bei…

Debatte | Suchen Verschwörungstheoretiker nach der Wahrheit?

Pro | Ein Funken Wahrheit



2 Antworten auf „Manipulierer müssen verstummen“

  1. Von Sven am 3. Juni 2017

    “ Damit erreichen sie Menschen, die intellektuell nicht durchdringen, an welcher Stelle sie aufs Glatteis geführt werden; Menschen, die ihre Antworten in möglichst einfachen Erklärungen suchen. Das ist unfair, brandgefährlich und reißt Gräben in die Gesellschaft anstatt sie zu kitten.“

    Menschen, denen das Werkzeug fehlt, sich kritisch mit Texten auseinander zu setzen, wird nicht dadurch geholfen, dass die Texte unzugänglich werden, sondern damit, dass sie das Werkzeug bekommen, um die Schwachstellen der Texte zu erkennen. Es braucht also keine Zensur, sondern es braucht eine öffentliche Auseinandersetzung mit solchen Verschwörungstheorien. Damit meine ich, dass die Schwachstellen offengelegt werden, das Fakten und Argumente ausgetauscht werden, mit denen die Theorien widerlegt werden können. Von vornherein davon auszugehen, dass diese Menschen es eh nicht verstehen werden, ist ein Blick von oben herab und genauso der Versuch, durch Zensur die Menschen vor solchen Theorien zu „schützen“. Das ist kein handeln auf Augenhöhe …

    Hinzu kommt, dass die Menschen, die solchen Theorien anhängen, in Zensur und Verboten durch den Staat und der Wirtschaft nur eine Bestätigung ihrer Theorien sehen. Sie sehen dadurch nicht die Schwachstellen, werden dadurch nicht eher von den Gegenargumenten und Fakten überzeugt. Eine Zensur erreicht genau das Gegenteil und wird dadurch zur Gefahr.

  2. Von Luise am 15. Oktober 2017

    Ich stimme Svens Kommentar zu, außerdem sollten wir uns meiner Meinung nach die Frage stellen, wie wir auf eine solche Regelung blicken würden, wenn ein Land mit einer anderen politischen Einstellung sie einführen würde. Vielleicht stimmen sie gerade mit der aktuellen politischen Meinung überein, aber wie stände es, wenn sie in den USA leben würden und Trump plötzlich die Löschung/Sperrung aller Informationen über den Klimawandel herbeiführen könnte?
    Ich bin bei ihnen, wenn sie der Wissenschaft die Möglichkeit geben wollen, die Theorien ad absurdum zu führen oder Hetzer zu bestrafen, aber das Recht der Löschung/Sperrung und damit das Recht auf Wahrheit sollten wir niemandem überlassen, denn „“The truth isn’t a thing of fact or reason. It is simply what everyone agrees on.”“ (Gregory Maguire, Wicked).

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