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ProGerechter Roboter

Von Katharina Mau / 1. Januar 2018
picture alliance / Zoonar | Alexander Limbach

Manche Bewerber kommen nicht ganz so einfach an einen Job als andere, denn Bewerbungsprozesse sind oft diskriminierend. Künstliche Intelligenz kann ohne die Vorurteile entscheiden, denen sich ein Mensch nicht entledigen kann.

Die zehn Gebote des Bewerbungsgesprächs könnten ungefähr so anfangen:

  1. Du sollst einen festen Händedruck haben.
  2. Du sollst Blickkontakt halten.
  3. Du sollst eine selbstbewusste Körperhaltung einnehmen.
  4. Du sollst Gesten verwenden, aber nicht zu kleine, nicht zu viele und nicht zu hektische.

Ein Großteil dessen, was zukünftige Bewerber bei einem Bewerbungstraining lernen, handelt nicht davon, was sie sagen sollen – sondern davon, wie sie es sagen sollen. Gerne gesehen werden extrovertierte (aber nicht zu extrovertierte) Menschen. Wir leben in einer Gesellschaft, in der sich der Idealmensch nahezu perfekt präsentieren kann. Auch die Recruiter, die entscheiden, welche Bewerberin am Ende den Job bekommt, sind mit diesem Ideal aufgewachsen.

Das ist ein Problem. Denn für viele Jobs ist nicht das Auftreten entscheidend, sondern die Qualifikation und Vorerfahrung des Bewerbers. Es kann hochqualifizierte Statistiker, Ingenieurinnen oder Architekten geben, die es im Bewerbungsgespräch aber nicht schaffen, die Personaler verbal von ihrem Können zu überzeugen.

Kaum frei von Vorurteilen

Die Recruiter können sich zwar Mühe geben, ihre Vorurteile über Bord zu werfen. Sie können sich vergegenwärtigen, dass es Menschen gibt, die sich hervorragend schriftlich ausdrücken können oder gewissenhaft schwierige Formeln berechnen, im persönlichen Gespräch aber nicht immer eine schlagfertige Antwort parat haben. Dennoch können auch Personaler nicht aus ihrer sozialen Prägung heraustreten und völlig unabhängige Entscheidungen treffen.

Mit einer Künstlichen Intelligenz hingegen könnten Unternehmen für ein gerechteres Auswahlverfahren sorgen, sofern sie den Roboter vorher mit den richtigen Daten trainieren lassen. Je nachdem, wie der Roboter programmiert und trainiert ist, kann sogar Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verhindert werden – schlichtweg, weil der Roboter keine Geschlechter identifizieren kann.

Nicht nur introvertierte Menschen sind bei Bewerbungsgesprächen oft im Nachteil. Wenn sie sich um einen Job bewerben, erfahren Menschen mit Migrationshintergrund oft Diskriminierung, genauso wie ältere Menschen und Menschen mit Behinderung. Eine Künstliche Intelligenz ließe sich nicht durch Aussehen, Kleidung, Körpersprache, eine leise Stimme, Dialekt oder Akzent beeinflussen. Sie würde die Bewerberin nicht nach Äußerlichkeiten oder dem ersten Eindruck bewerten.

Schon die Auswahl derjenigen, die eine Einladung zum Vorstellungsgespräch bekommen, ist ungerecht – das belegen empirische Studien. Um eine Einladung zu erhalten, muss ein Kandidat mit einem Deutsch klingenden Namen durchschnittlich fünf Bewerbungen schreiben. Ein Bewerber mit gleicher Qualifikation und Türkisch klingendem Namen hingegen sieben. Ein Roboter hingegen kann anhand der Qualifikation und Erfahrung eine Auswahl treffen, ohne dabei den Namen, das Geschlecht, den Geburtsort oder das Alter zu berücksichtigen.

Essentiell: das richtige Training

Natürlich gibt es eine wichtige Bedingung dafür, damit das Ganze funktionieren kann: Die Daten, mit denen Menschen Künstliche Intelligenz trainieren, dürfen nicht selbst durch Vorurteile verzerrt sein. Roboter tun oder lassen das, was Menschen ihnen beibringen.

Künstliche Intelligenz könnte auf zwei Wegen den perfekten Bewerber auswählen. Sie bräuchte entweder Erfahrungswerte: Menschen mit diesen und jenen Fähigkeiten haben bislang gut in einem bestimmten Job gearbeitet. Aber: Was ist gut? Wie misst man das? Und wer misst das? Außerdem muss klar sein, ob eine riesige Datenbank möchte, in der die Leistung von Angestellten und Mitarbeiterinnen festgehalten ist.

Eine andere Möglichkeit erscheint sympathischer: Unternehmen könnten vorab festlegen, welche Fähigkeiten einen für einen bestimmten Beruf befähigen. Mit dieser Schablone könnten Roboter dann nach passenden Kandidaten suchen. Aber: Wer legt fest, welche Fähigkeiten wichtig sind? Und wie kann man überprüfen, ob diese Fähigkeiten wirklich die relevanten sind, wenn man im Nachgang nicht prüft, wie gut der Bewerber auf die Stelle passt?

Der Anfang ist gemacht

Schon jetzt nutzen Firmen Software, um sich bei der Vorauswahl von Bewerberinnen unterstützen zu lassen. Manche Firmen nutzen eine Software, die aktiv nach passenden Bewerbern sucht. Sie prüft öffentlich zugängliche Daten, etwa Angaben in beruflichen Online-Netzwerken oder Veröffentlichungen auf anderen Websites. Dadurch entdeckt sie auch Menschen, die es in einem herkömmlichen Bewerbungsprozess vielleicht nicht in die Auswahl geschafft hätten, aber hochqualifiziert sind für den Beruf.

Diese computergestützten Auswahlverfahren sind ein erster Schritt in Richtung gerechterer Bewerbungsverfahren. Sie bauen Diskriminierung beim Zugang zu Arbeit in unserer Gesellschaft ab. Daher sollten wir diese technischen Möglichkeiten nutzen und weiterentwickeln. Denn auch Menschen mit schlaffem Händedruck können zielstrebig sein.

 

Lies weiter bei…

DEBATTE | Sind Roboter die besseren Recruiter?

CONTRA | Personaler non grata



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