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2024 – ein europäischer Marathon

Von Sophie Hubbe / 23. August 2023
picture-alliance / dpa | Afp Joel Saget

Das kommende Jahr wird aus politischer und sportlicher Sicht ein bedeutendes für Europa. Neuwahl des EU-Parlaments, Fußball-Europameisterschaft und Olympische Sommerspiele. Brüssel, Berlin, Paris: Die Kalender sind gefüllt. Bisher bekommt man jedoch wenig davon mit.

Europas größter demokratischer Vorstoß

Noch scheint alles eher weit weg. Aber in knapp einem Jahr, am 9. Juni 2024, wählen wir das 10. Europäische Parlament (EP). Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine könnte diese Wahl eine wichtige Zäsur werden: ein klares Bekenntnis für die Europäische Einheit, für Frieden und Solidarität.

Man könnte meinen, dass ein so bedeutsames Ereignis für Europa längst seine Schatten vorauswirft. Stattdessen fordert auch in diesem Kontext der Krieg die meiste Aufmerksamkeit. Fragen nach dem Einfluss der Europäischen Union (EU) auf den weiteren Kriegsverlauf werden laut. Als Staatenverbund fungiert sie neben den USA und Russland ebenso als Global Player, was gleichzeitig zeigt, wie wichtig die anstehenden Wahlen sind.

Auch 30 Jahre nach Gründung der Europäischen Union ist für viele Menschen das, was in Brüssel passiert, schwer greifbar und hat mit der eigenen Lebensrealität scheinbar wenig zu tun. Es überrascht kaum, dass die Präsidentin des EU-Parlaments Roberta Metsola umso vehementer für den Gang zur Wahlurne wirbt. Die EU sei nicht perfekt, doch gerade in der sich rasant verändernden Welt müsse dieses Projekt leben und weiter vorangetrieben werden: „Beteiligen Sie sich an der größten demokratischen Aktion in Europa!“, so ihr Credo.

Für die politische Riege in Deutschland ist die Wahl der nächste Stimmungstest für die Bundestagswahl 2025. Bei der letzten Europawahl gaben 50,66 Prozent der EU-Bürgerinnen und -Bürger ihre Stimme ab. Im kommenden Jahr dürfen in Deutschland erstmals Personen ab dem 16. Lebensjahr wählen. Junge Menschen können aktiv über die europäische und ihre eigene Zukunft mitentscheiden. Zwar gibt es offiziell „keine allgemeine Kompetenz der EU zur Regelung des Privatrechts in seiner Gesamtheit, jedoch eine Reihe spezifischer Befugnisse bei ausgewählten Aspekten“, die vertraglich festgeschrieben sind. Übersetzt heißt das: Bei höchst persönlichen Themen im Zivilrecht, zu dem etwa Wohnen und Erben gehört, kann europäische Gesetzgebung zum Zug kommen. Vielen geht das zu weit und ihre intimsten Angelegenheiten gerade die EU nichts an. Andere setzen Hoffnungen auf europäische Vorgaben einer solidarischen „Schicksalsgemeinschaft“.

Bislang konnten junge Leute unter 18 Jahre lediglich in Österreich und Griechenland wählen (sich aber nicht als Kandidatinnen und Kandidaten für politische Ämter aufstellen lassen). Es bleibt zu hoffen, dass gerade diese jungen Stimmen sich für die EU aussprechen und lauter werden als die Forderungen des rechten Randes nach einer Auflösung der EU.

An die politische und sportliche Spitze

Nicht einmal eine Woche nach der EP-Wahl geht am 14. Juni der Kampf um die Spitze auf europäischer Ebene weiter: von Brüssel nach Berlin, von der Wahlurne auf den Rasen. Die 17. Fußball-Europameisterschaft (offiziell: UEFA EURO 2024) findet kommendes Jahr zum zweiten Mal in Deutschland statt. Wie die Türkei so auch hatte sich die Bundesrepublik 2018 um die Austragung beworben und den Zuschlag erhalten. Präsent ist dieses Ereignis in den Medien bislang kaum. Stattdessen beherrscht das frühzeitige WM-Aus der deutschen Fußballfrauen die Schlagzeilen.

Das Motto der kommenden Europameisterschaft „United by Football. Vereint im Herzen Europas“ ignoriert dabei die innereuropäischen Spannungen. Doch was, wenn nicht solch intensiver Sport, vermag es, im Sinne von familiärem Fair Play und Vertrauen fördendem Teamgeist Gemeinschaft über Ländergrenzen hinweg zu schaffen?

Von der Idee eines Friedens

Und pünktlich zum Ende der Fußball-Europameisterschaft wird die Sportwelt ihren Blick von Deutschland Richtung Frankreich schwenken. Dort starten am 26. Juli 2024 die 33. Olympischen Sommerspiele, mitten im Herzen Europas. Ganz im Sinne der Völkerverständigung finden diese an zentralen, öffentlichen Plätzen in Paris statt: vom Vorplatz des Eiffelturms bis in die Gärten des Versailler Schlosses. Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Sage und schreibe 1,4 Milliarden Euro werden allein dafür ausgegeben, die Wasserqualität der Seine zu verbessern.

Wäre bisher niemand freiwillig in und um Paris in den Fluss gesprungen (zumal es verboten ist), sollen im kommenden Jahr Triathleten und Freischwimmerinnen dort ihre Wettkämpfe austragen. Bereits 1990 in seiner Zeit als Pariser Bürgermeister hatte der einstige Staatspräsident Jacques Chirac das Baden in der Seine versprochen. 35 Jahre später soll dieser Traum nun wahr werden. Und wer hätte überhaupt zu träumen gewagt, dass Paris die Olympischen Spiele bereits zum dritten Mal ausrichtet und damit hundertjähriges Jubiläum feiert: Erstmals 1924 fanden die Olympischen Spiele in der französischen Hauptstadt statt.

Nun steht dieses sportliche Großereignis der Neuzeit im Zeichen einer friedlichen Weltgemeinschaft und damit in der Tradition des sogenannten „Olympischen Friedens“ im antiken Griechenland: Während der Spiele sollten alle Kriegshandlungen ruhen, damit Athleten und Zuschauende sicher zu den Wettkämpfen an- und abreisen konnten. 1998 hat die UNO diesen Gedanken wieder aufgegriffen. Seitdem verfasst jedes Gastgeberland eine Resolution, wonach für die Dauer der Spiele keine Kriege zu führen und Kampfhandlungen auszusetzen seien.

Und auch wenn Wladimir Putin bei den vergangenen Olympischen Winterspielen zum dritten Mal diesen Olympischen Frieden gebrochen hat, so setzt die Resolution doch immer wieder ein wichtiges Zeichen für Frieden und gegen Gewalt. Nicht zuletzt geht es im Sport ebenso wie in der Politik um Fair Play und das friedliche Austragen von Wettkämpfen. Vielleicht gelingt es 2024, hier einen Unterschied zu machen für Europa und für die Welt.

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