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ProZum Schutz der nationalen Sicherheit

Von Sophie Hubbe / 29. Dezember 2023
picture alliance / dpa-Zentralbild | Matthias Tödt

Jeder Mensch hütet Geheimnisse vor der Familie, dem Freundeskreis oder in einer Beziehung. Mit dem Ziel, andere oder sich selbst zu schützen. Auch staatliche Institutionen verfügen über Geheimnisse. Doch wer diese preisgibt, begeht Landesverrat, was zu Recht unter Strafe steht.

Nicht nur Liebhabern der Serie „House of Cards“ vermittelt sich der Eindruck, der politische Alltag bestünde vor allem aus Geheimniskrämerei, Intrigen und Zerwürfnissen. Dass diese Darstellungen nicht der Realität entsprechen, wissen die meisten. Und dennoch: Auch in der deutschen Politik bleiben manche Prozesse vor der Öffentlichkeit verborgen.

Eine, wenn nicht sogar die zentrale Rechtfertigung von Staatsgeheimnissen ist der Schutz der nationalen Sicherheit. Für den Schutz des eigenen Landes und der in ihm lebenden Bevölkerung vor Angriffen, Terrorismus und Spionage arbeiten Geheimdienst und Polizei mit hochsensiblen Daten. Was wäre die Folge einer kompletten Offenlegung dieser Vorgänge? Potenzielle Angreifer würden gewarnt und könnten ihre Pläne anpassen. Das Verhindern von Anschlägen ebenso wie das Aufdecken von illegalen Netzwerken wäre damit unmöglich. Das Leben und die Arbeit jener Personen, die im Auftrag staatlicher Institutionen Verbrechen und gefährliche Strukturen aufdecken, wären gefährdet.

Gleichzeitig kann es schwierig sein, hochkomplexe Zusammenhänge so zu formulieren und auf das Wesentliche zu reduzieren, dass sie von Menschen verstanden werden, die sich nicht tagtäglich mit derartigen Themen auseinandersetzen. Gewisse Informationen, wenn sie miss- oder nicht verstanden würden, können für die Bevölkerung ein größeres Gefahrenpotenzial darstellen, als wenn diese verborgen blieben.

Diplomatische Beziehungen in Gefahr

Staatsgeheimnisse spielen auch in internationalen Beziehungen eine Rolle. Eine gewisse Geheimhaltung politischer und wirtschaftlicher Angelegenheiten gegenüber anderen Staaten ist notwendig, um erfolgreich Verhandlungen zu führen. Im Zusammenhang mit diplomatischen Einlassungen, gerade in konfliktbeladenen Situationen, in denen Entscheidungen schnell und effizient getroffen werden müssen, kann eine vollständige Transparenz Ergebnisprozesse behindern. Die vorzeitige Offenlegung von Regierungsvorhaben oder Verhandlungsabsichten würde dazu führen, dass Gespräche weniger vertrauensvoll geführt oder sogar abgebrochen würden.

Aktuell lässt sich das bei den Bemühungen verschiedener Staaten beobachten, die im Ukraine-Krieg als Vermittler auftreten. So mag kaum jemand die Vertraulichkeit infrage stellen, mit der die Reiseabsichten des Bundekanzlers oder der Außenministerin in die Ukraine behandelt wurden. Nicht nur wollte man so die Sicherheit der Politiker und Politikerinnen schützen. Es wäre sehr wahrscheinlich nicht zu einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten gekommen, wenn dieser hätte fürchten müssen, dass taktische oder politische Ziele seines Landes veröffentlicht und damit der gegnerischen Seite bekannt würden.

Ähnliches lässt sich im Nahost-Konflikt beobachten. Ob es um die Zusage von Waffenlieferungen, die Unterstützung mit humanitären Gütern oder politische Unterstützung geht – derlei heikle Informationen würden von kriegerischen Parteien mitgelesen. Durch absolute Transparenz dieser Vorgänge entstünde ein erhöhtes Sicherheitsrisiko für alle, Hilfsgüter würden womöglich abgefangen oder Verhandlungsgespräche mit Angriffen vereitelt werden.

Trotzdem muss regelmäßig der Nutzen einer Geheim- oder Zurückhaltung von Informationen gegenüber den demokratischen Ansprüchen einer Bevölkerung abgewogen werden. Denn allen Sicherheitsbestrebungen zum Trotz: Jedes Individuum hat das Recht, darüber Kenntnis zu haben, in welcher potenziellen Gefahr es sich bewegt und welche politischen Entscheidungen dazu getroffen werden.

Erleichterte Wirtschaftsspionage

Daneben gibt es wirtschaftliche Argumente, die Zurückhaltung vor allem dann fordern, wenn Diplomatie mit wirtschaftlichen Verhandlungen einhergeht. So können und müssen Staaten die eigene Wirtschaft vor Spionage und unfairem Wettbewerb schützen. Hier sind insbesondere Unternehmen gefährdet, die an Projekten oder Technologien von nationaler Bedeutung arbeiten. Gleiches gilt für Forschungs- und Entwicklungsprozesse, die vom Staat mit erheblichen Mitteln finanziert werden. Um den technologischen Fortschritt und die Innovationskraft des eigenen Landes voranzutreiben, gilt es, bestimmte projektbezogene Informationen unter Verschluss zu halten, damit andere Nationen oder Akteure nicht von unzulässigen Wettbewerbsvorteilen profitieren.

Letztlich steht der Sorge der Menschen vor einem Machtmissbrauch durch Staatsorgane infolge der Geheimhaltung eine strenge Kontrolle durch die Rechtsprechung gegenüber. Denn ohne Frage: Bei all den Gründen, die für das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit sprechen – Bürger und Bürgerinnen müssen nicht alles wissen (und sollten es auch nicht). Eine quasi Schweigepflicht in demokratischen Systemen hat stets abgewogen zu werden. Zu weitreichende Staatsgeheimnisse oder sogar deren Verschleierung können allerdings zu Missbrauch führen und das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung untergraben. Daher muss Diskretion stets im Einklang mit rechtsstaatlichen Prinzipien wie der Rechenschaftspflicht stehen und mit Bedacht gehandhabt werden.



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