Wie Handwerk Zukunft macht
Wir alle brauchen das Handwerk: wenn die Heizung streikt, das Auto liegenbleibt oder einfach für unser Abendbrot. Dennoch wirkt es so, als lägen die guten Zeiten des Handwerks lange zurück.
Betriebe sind chronisch unterbesetzt und viele Schulabsolvent:innen zieht es eher in Richtung Studium. Doch das Handwerk hat Zukunft und kann Potenziale nutzen, um mit der Zeit zu gehen und unsere Zukunft mitzugestalten. Drei Entwicklungen sind dafür bedeutsam: die fortschreitende Digitalisierung, ein erhöhtes Augenmerk auf Nachhaltigkeit und Kooperationen zwischen verschiedenen Akteuren.
Das Handwerk wird digitaler
Digitalisierung und Handwerk sind kein Widerspruch. Zunehmende digitale Prozesse finden Eingang auch in klassische handwerklichen Betriebe. Während 2020 in Deutschland 53 Prozent aller Handwerksbetriebe digitale Technologien und Anwendungen wie Online-Plattformen oder Cloud-Systeme nutzten, waren es 2022 mehr als zwei Drittel. Zu dieser Entwicklung beigetragen hat nicht alleine die Coronapandemie. Förderprogramme des Bundes und der Länder sollen dafür sorgen, dass kleine und mittelständische Handwerksbetriebe digitaler werden und IT-Anwendungen vor allem die notwendige Sicherheit in den verschiedenen Arbeitsabläufen gewährleisten.
Denn neben neuen Maschinen und Geräten ermöglicht es die Digitalisierung Handwerksbetrieben, ihre Prozessabläufe effizienter und ressourcenschonender zu gestalten. Unter anderem kann vorausschauende Datenanalyse mithilfe von KI die Entscheidungsfindung erleichtern. Zum Beispiel, indem sie einen Materialverbrauch vorzeitig ermittelt und daraufhin Empfehlungen für das weitere Vorgehen erfolgen.
Große Unternehmen testen aktuell solche Analysemethoden, manche zögerlich, andere durchaus skeptisch. Doch auch kleinere Handwerksbetriebe machen sich KI bereits zunutze: durch KI-basierte Buchhaltungsprogramme oder fotorealistische Darstellung in der Raumausstattung und im Möbelbau. Für mehr Innovation, aber schlicht auch, um Zeit zu sparen.
Das Handwerk wird nachhaltiger
„Das Handwerk steht wie kein anderer Wirtschaftszweig für Nachhaltigkeit“, lobt die Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk. Und sie hat recht. Immer mehr Handwerksbetriebe möchten der gestiegenen Nachfrage nach nachhaltiger Produktion entsprechen. Sie verwenden nicht selten heimische Produkte, produzieren regional und setzen auf Recycling. Dabei sollen ökonomische und ökologische Erwägungen möglichst Hand in Hand gehen.
Auch Reparaturprozesse sind ein essenzieller Bestandteil handwerklicher Tätigkeit. Diese könnten die Rolle des Handwerks als Wirtschaftszweig in Zukunft weiter stärken. Im vergangenen November stimmte das EU-Parlament für ein „Recht auf Reparatur“, das dazu beitragen soll, die Bestandsdauer von kurzlebigen Produkten zu verlängern. Das Ziel: reparieren statt ersetzen. Im Fokus: vor allem Handy und Staubsauger.
Neben ökologischem Handeln fließen wirtschaftliche und soziale Belange in den Nachhaltigkeitsbegriff mit ein. Soziale Nachhaltigkeit ist Kund:innen und Angestellten heute wichtiger denn je. Ebenso steigen vonseiten des Staates dementsprechend die Ansprüche an Unternehmen. Handwerksbetriebe könnten ebenso in sozialer Hinsicht Vorreiter für Nachhaltigkeit werden: durch die Förderung regionaler Strukturen, durch ehrenamtliches Engagement und durch die Integration von geflüchteten Menschen, betont der Zentralverband des Deutschen Handwerks in seinem Positionspapier „Nachhaltigkeit im deutschen Handwerk“ von 2020.
Das Handwerk wird kooperativer
Kooperatives Arbeiten ist eine weitere Möglichkeit, das Handwerk zukunftsfähiger aufzustellen. Zusammenschlüsse von Handwerksbetrieben haben den Vorteil, dass Ressourcen effektiver eingesetzt und Erfahrungen – genauso wie Risiken – geteilt werden können. Was es bereits gibt: Zusammenschlüsse von Handwerksbetrieben, die Bau- und Ausbauleistungen aus einer Hand anbieten oder auch Innungen, die regional Handwerksbetriebe einer bestimmten Branche vereinen. Das Startup Check and Work etwa hilft mit einer digitalen Kooperationsplattform Handwerksbetrieben zur gegenseitigen Unterstützung bei Großaufträgen und Auftragsspitzen.
Wissenschaft und Handwerk fusionieren am besten, wenn im Mittelpunkt des Zusammenschlusses die Nutzung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch das Handwerk steht – häufig mit den Schwerpunkten Digitalisierung und Nachhaltigkeit. So hat die Universität Bayreuth zusammen mit dem Fraunhofer Institut Erlangen und privaten Handwerksunternehmen ein neues, intelligentes Energiesystem entwickelt, das ein praxistaugliches, übergreifendes Ladekonzept für unterschiedliche Fahrzeugtypen vorsieht. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben für drei Jahre mit insgesamt rund drei Millionen Euro. Derartige Projekte zeigen, dass das Handwerk gegenüber der industriellen Massenproduktion nicht abgeschrieben oder handwerkliche Ausbildungsberufe ins Ausland verfrachtet werden sollten, sondern dass das Handwerk bei der Zukunftsgestaltung durchaus ein Wörtchen mitzureden hat.
Ja, das stimmt. Kann als Handwerker es zustimmen