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ContraGutes Klima, kaputte Gesellschaft

Von Anna Steinmeier / 30. September 2024
Credit picture alliance / CHROMORANGE | Andreas Poertner

Was bedeutet der Klimawandel für Menschen, denen die Kosten der Klimaanpassung ein großes Loch ins Portemonnaie reißen? Menschen mit geringen Einkommen sowie kleine und mittlere Unternehmen ächzen unter Kosten und Auflagen. In energieintensiven Branchen fürchten Arbeiter um ihre Jobs.

Es ist kein Geheimnis, dass die Umstellung auf grüne Energien teuer ist. Die Energiepreise steigen, und viele Menschen haben das Gefühl, dass sie für eine Krise bezahlen müssen, die sie nicht alleine verantworten. Es ist leicht, den Umstieg zu fordern, wenn man selbst finanziell wenig davon betroffen ist. Aber was ist mit den Leuten, deren Lebensstandard durch die Energiewende bedroht wird?

Wann ist der Preis für grüne Energie zu hoch?

Steigende Energiepreise einerseits, andererseits Förderungen für hauseigene Elektroladestationen und E-Autos, die Eigentum und genug Kapital voraussetzen, haben dazu geführt, dass viele Menschen den Glauben an eine gerechte Energiewende verloren haben. In ihren Augen geht es nur noch um Ideologie und nicht um eine gerechte Verteilung der Lasten der Klimakrise. Emotional aufgeladene Diskussionen wie über die Wärmepumpe haben diese Wahrnehmung noch verstärkt. Die Gefahr ist, dass berechtigte Kritik nicht nur in Forderungen nach sozialem Ausgleich mündet, sondern sich in einer generellen Ablehnung des Klimaschutzes äußert. Wenn die Energiewende vor allem als Last empfunden wird, die man nicht tragen kann, wächst das Misstrauen gegenüber allen politischen Maßnahmen, die mit Klimaschutz zu tun haben.

Die gestiegenen Strompreise treffen derzeit Haushalte mit niedrigem Einkommen besonders hart. Sie müssen nun einen größeren Anteil ihres Einkommens für Energie ausgeben. Studien zeigen, dass der Anteil der Energiekosten in ärmeren Haushalten deutlich höher ist als in wohlhabenderen. Während eine wohlhabende Familie vielleicht noch in (geförderte) Solarzellen investieren kann, um so einen Teil des Stroms selbst zu erwirtschaften, bleibt vielen anderen nur die Möglichkeit, die höheren Preise hinzunehmen oder drastisch Energie zu sparen. Soziale Gerechtigkeit in der Energiewende muss heißen, dass Lösungen für alle gefunden werden – nicht nur für diejenigen, die es sich leisten können.

Klimaneutral, aber arbeitslos

Während vor allem die einkommensschwächeren Haushalte direkt die finanziellen Folgen der Klimawende auf ihrer Stromrechnung ablesen können, können große Unternehmen von Subventionen profitieren, um ihre Produktion klimaneutral aufzustellen. Unternehmen wie ThyssenKrupp stellen ihre Stahlproduktion auf Wasserstoff um, um CO₂ zu sparen. Berechtigterweise fragen sich viele Arbeiter, was das für ihre Zukunft bedeutet. Wird klimaneutraler Stahl noch wettbewerbsfähig und bezahlbar sein? Der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband sagte unlängst, grüner Stahl könne profitabel sein, wenn die gesamte Wertschöpfungskette in Deutschland bleibe. Wenn die vollständige Transformation aber nicht gelinge, drohe massiver Stellenabbau. Zehntausende Arbeitsplätze stehen also auf dem Spiel – und in einer Stadt wie Duisburg, die stark von der Schwerindustrie abhängig ist, schafft diese Form der Umstellung Unruhe.

Während große Unternehmen zumindest die Chance haben, durch Subventionen den Übergang zur Klimaneutralität zu stemmen, stehen viele kleine Zulieferer und mittelständische Betriebe vor einer ungewissen Zukunft. Diese Firmen sind das Rückgrat der lokalen Wirtschaft, doch sie verfügen oft nicht über die Ressourcen, um die teuren Investitionen in neue Technologien zu stemmen. In der öffentlichen Diskussion wird zu wenig darüber gesprochen, wie auch diese Betriebe in die grüne Transformation einbezogen werden können, ohne dass sie auf der Strecke bleiben oder gar bankrottgehen.

Klimawende geht nur sozial

Ja, der Wandel zu erneuerbaren Energien und Klimaneutralität ist nötig. Es reicht aber nicht, nur auf technologische Lösungen wie Wasserstoff oder Elektroautos zu setzen. Die Klimawende erfordert mehr – es braucht Umschulungen und Unterstützung für betroffene Arbeiter, Förderungen für kleine Unternehmen und weitere staatliche Hilfen vor allem für Menschen mit wenig Einkommen.

Es reicht nicht, auf die ökologischen Vorteile hinzuweisen, wenn ganze Regionen ihre wirtschaftliche Grundlage verlieren und Menschen sich entscheiden müssen: zwischen Lebensmittel einkaufen oder Heizkosten bezahlen. Es geht um die Frage, wie wir Wohlstand und soziale Sicherheit in einer klimaneutralen Zukunft gewährleisten können. Es ist an der Zeit, die soziale Dimension der Energiewende ernsthaft zu diskutieren, überzeugende Argumente zu liefern und politische Lösungen zu finden, die nicht nur auf ökologische, sondern auch auf soziale Nachhaltigkeit abzielen.

Es geht um weit mehr als CO₂-Zertifikate und E-Autos. Andernfalls riskieren wir nicht nur die Akzeptanz der Klimapolitik, sondern wir verlieren vielleicht auch das Vertrauen in die Fähigkeit unserer Gesellschaft, eine gerechte Zukunft zu gestalten.



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