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Weihnachtliche Geschenkeschlachten

Von Samira Lazarovic / 19. Dezember 2013

Bescherung ohne Geschenke? Das wäre für viele Menschen das perfekte Weihnachten. Theoretisch zumindest.

Warum fällt das nur so schwer? Und warum ist der Einzelhandel schon wieder aus dem Häuschen?

Alle Jahre wieder erzählen sich Erwachsene das Märchen von der Bescherung ohne Geschenke. Weihnachten ganz entspannt, mit Familie, Freunden und gutem Essen. Natürlich gibt es für die Kinder ein paar kleine Überraschungen. Strahlende Kinderaugen gehören schließlich zu Weihnachten, wie die drei Nüsse zu Aschenbrödel. Ansonsten ist Weihnachten ja nicht dafür da, dem Konsum zu frönen, oder? Na also.

Komisch nur, dass Einzelhandelsverbände und Konjunkturexperten seit Wochen frohlocken und jauchzen, als hätten sie den Stern über Bethlehem erblickt. Der Handel erwartet in diesem Jahr im Weihnachtsgeschäft einen Umsatz von 80,6 Milliarden Euro, das sind 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr.

Wie kann das sein, wo doch alle den heiligen Schwur geleistet haben, diesmal nicht in die Geschenkeschlacht zu ziehen? Wer kauft bloß die ganzen Uhren, den Schmuck, die Spielwaren, die Elektronik?

Mal abgesehen davon, dass die „Keine-Geschenke-Regel“ hinfällig ist, sobald die weihnachtsselige Mutter oder der liebende Partner sie bricht und den Beschenkten in die Bredouille bringt, kommen die durchschnittlich 360 Euro, die Analysten für dieses Jahr pro Kopf und Weihnachtsshopping-Tour veranschlagen, verblüffend schnell zusammen.

Schon die Spielkonsole für die kleinen Weihnachtsengel kann mit bis zu 400 Euro zu Buche schlagen, das neue Spiel dafür (mittlerweile eher ein Nikolaus- als ein veritables Weihnachtsgeschenk) ist für 40 bis 90 Euro zu haben.
Damit das Geld auch schön locker sitzt, helfen die Unternehmen mit dem Weihnachtsgeld (welch ein sinniger Name) nach. Denn nicht nur der Einzelhandel profitiert von dem Geschenke-Wahnsinn.

Weihnachten ist das beste Konjunkturprogramm, das man sich vorstellen kann. Das wusste schon US-Präsident Franklin D. Roosevelt, der 1939 das Thanksgiving-Fest auf den dritten Donnerstag im November vorziehen wollte. Er dachte ökonomisch: Da das große Truthahn-Essen in den USA traditionell den Startschuss für die Weihnachtszeit gab, wollte er seinen Bürgern mehr Zeit zum Einkaufen geben. Roosevelt konnte sich nicht durchsetzen, der Termin blieb beim vierten Donnerstag im November, aber daran, dass der Tag danach der Feiertag des amerikanischen Einzelhandels wurde, hat sich bis heute nichts geändert.

Geschenke als sozialer Kitt

 
Soziologisch gesehen haben Geschenke vielfältige Aufgaben. Angenommene Geschenke verpflichten den Beschenkten – er muss danken, eine Gegengabe parat haben und sich dem Schenkenden gegenüber freundlicher zeigen. Damit wirken Geschenke als sozialer Kitt und sind auch als Mittel zur Besänftigung nicht übel: Das Duschbad für die Schwiegermutter, der gebastelte Fotokalender für die Großeltern – wer kann sich da noch beklagen, dass das ganze Jahr über keine Zeit für Besuche war? Das Wort Liebe in „Fest der Liebe“ drückt sich durch möglichst viele Geschenke aus – das Bild der glücklichen Familie unter dem Tannenbaum gibt es nicht umsonst, wie auch clevere Werbemacher wissen.

Die Bescherung kommt oft am Tag danach: Mittendrin im überfüllten Kinderzimmer ein überfordertes Kind, das nun nicht fertig wird, Oma und Opa, Tanten und Freunden zu danken für dieses Übermaß an Dingen, die es nicht braucht. Gab es nicht auch hier einst gute, pädagogische Vorsätze? Doch es ist keine Zeit, darüber nachzudenken, schließlich wollen die ganzen Seifen, Handtücher, Socken, Parfüms, Teelichthalter und praktischen Haushaltsgeräte ordentlich im Keller verstaut werden.

Nicht nur ein Trendforscher hat bereits eine Bankrotterklärung für diesen Weihnachtskonsum ausgegeben: Wir haben den Höhepunkt an Besitz erreicht. Die Bedürfnispyramide ist randvoll gefüllt, da können noch so schöne Kerzen das Flügelrad nicht mehr antreiben.

Doch vom Schenken hält das niemand ab: Statt Socken und Krawatten werden immer mehr Reisen und Gutscheine verschenkt. Allein im diesen Jahr werden etwa die Gutscheinkarten im Scheckkartenformat wahrscheinlich einen Umsatz von etwa zwei Milliarden Euro erzielen. Dem Einzelhandel kann das nur recht sein. Er preist die bunten Plastikkärtchen als „individuell“ und Garant für „maximale Freiheit“ an.

Wäre es nicht schön, man hätte stattdessen maximale Freiheit vom Geschenkestress und könnte die Zeit, die man in den Kaufhäusern oder vor dem Rechner verbringt, einfach dafür nutzen, sich vom anstrengenden Jahr auszuruhen? Sich mit Menschen zu treffen, die einem wichtig sind? Innezuhalten? Vielleicht ist das ein guter Vorsatz für das nächste Jahr. Wahrscheinlich wird es aber wieder nur ein Weihnachtsmärchen, das sich alle erzählen.
 

2 Antworten auf „Weihnachtliche Geschenkeschlachten“

  1. Von Prinz am 27. Dezember 2013

    Schöner Text, danke. Ich habe in diesem Jahr mich verschenkt, mich und meine Zeit. Das gibt es nur einmal! Und die Lieben freuen sich…

  2. Von Ashley am 30. Dezember 2013

    Hey,

    ich kaufe viele Geschenke über das Jahr verteilt. Das ist dann
    günstiger, weil es nicht in der Hauptkonsumzeit liegt, stressfreier und macht mehr Spaß.
    Hier also meine Tipps 😉

    Geschenk du kaufst zur rechten Zeit
    dir steht’s zur Weihnachtszeit bereit.
    Kaufst du’s Geschenk im Juni schon,
    lachst du dem Weihnachtsstress dann Hohn.
    Dann kannst entspannt du es dir machen
    und kaufst dir selbst manch nütz’ge Sachen.

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