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Altersvorsorge – oder: wie man sich an das Thema herantraut

Von Zita Hille / 17. August 2022
picture alliance / beyond | Annie Engel

Früher oder später ist es soweit: Jeder von uns muss sich mit dem Thema Altersvorsorge auseinandersetzen. Doch welche Optionen gibt es? Wie viel Geld braucht man im Alter? Zeit für Gespräche mit Expert:innen und eine Eigenrecherche.

Ich wusste, irgendwann würde es kommen – bisher aber war das Thema Altersvorsorge für mich weit weg. Als Studentin musste ich am Ende des Monats jedes Mal Geld zusammenkratzen, an „übrige“ Kohle zum Sparen war einfach nicht zu denken. Jetzt, im Alter von 26, als Journalistin arbeitend und „genug“ verdienend, denke ich, wird es Zeit, sich mit meiner Altersvorsorge (AV) auseinanderzusetzen. Oder bin ich vielleicht schon zu spät dran? Ich fange an zu recherchieren.

Zugegeben, durch Youtube-Tutorials lerne ich die drei Säulen der AV kennen: Die gesetzliche, die betriebliche und die private. Die gesetzliche Rente ist die, die jedem Menschen in Deutschland zusteht. Jahr für Jahr für Jahr gibt jeder einen Teil seines Bruttogehaltes automatisch ab. Die so gesammelten Finanzmittel werden ab Rentenantritt ausgezahlt. Da summiert sich einiges, doch wird dieses Geld für den Lebensstandard, den man sich für sein Alter wünscht, im Regelfall nicht reichen. So bleibt es einem selbst überlassen, worin man neben der gesetzlichen Variante noch investieren möchte, um sich weiter abzusichern.

Wie viel Geld braucht man im Alter?

Wie viel Geld brauche ich denn eigentlich im Alter? Beraterin Bianca Keller empfiehlt mir einen monatlichen Rentenbetrag von 80 Prozent des heutigen monatlichen Netto-Gehalts. Bianca ist 24 Jahre alt, betreut Kund:innen – unter anderem in Fragen der AV – und betreibt auf Instagram (@bibsurance) einen Info-Kanal für ihre „Maklertätigkeit“. Das bedeutet, dass sie die Situationen ihrer (vor allem weiblichen) Kund:innen analysiert, sich deren Wünsche anhört, AV-Vorschläge macht und nach der Entscheidung an eine bestimmte Versicherung weitervermittelt. Auch ich habe Bianca auf Instagram entdeckt – und jetzt rechnen wir gemeinsam. „Gehen wir von gewünschten 2000 Euro pro Monat aus, kann man ja genau sagen, wie viel man, bei zum Beispiel 30 Jahren Ansparzeit, bis zur Rente pro Monat weglegen muss.“ Neben der Berechnung dieser „Rentenlücke“ muss aber ebenso die Inflation beachtet werden, betont die Düsseldorferin. Denn der Wert des Geldes ändere sich ja ständig.

Die erste Option der AV, die wir besprechen, ist die betriebliche AV (bAV). „Bei der bAV wird man vom Staat und vom Arbeitgeber im Geld ansparen unterstützt“, erklärt Bianca. Tatsächlich bestünde bei der bAV jedoch nur wenig Flexibilität, sagt sie. Man komme erst mit Rentenantritt an das Geld dran und müsse die Rente beziehungsweise das Kapital komplett versteuern. Das heißt, ein großer Teil des angesparten Geldes wäre für Steuern und Sozialabgaben wieder weg. Mir schwirrt vor lauter Zahlenspielen der Kopf.

Mein Freund Robin, der als Berater in der Sparkasse gearbeitet hat, rät mir davon ab. Er weiß, dass ich als Journalistin häufiger den Job wechseln könnte und betont, dass bestehende bAV-Verträge von neuen Arbeitgebern oft nicht übernommen werden. Oder dass ihr Angebot ein schlechteres sein könnte. „Wenn Du aber vorhättest, noch viele Jahre im gleichen Betrieb zu arbeiten, könnte sich das lohnen“, schickt er aus der Festangestellten-Ecke grinsend hinterher. „Sich auf die drei Säulen aufzuteilen ist nicht schlecht. Je mehr Sicherheit, desto besser.“ Bianca ergänzt, dass man auch immer auf den Zuschuss des Arbeitgebers schauen müsse: 15 Prozent seien gesetzlich vorgeschrieben, optimal wären natürlich mehr.

Die sogenannte Riester-Rente, eine staatlich geförderte Form der privaten Vorsorge, empfiehlt Bianca mir nicht. „Ich finde hier schwierig, dass man kaum Flexibilität hat und dass sich das Geld wegen der Kosten nicht so gut vermehrt. Die Riester-Rente passt perfekt zum klassischen Familienbild: Ein Elternteil arbeitet, das andere ist zuhause und macht den Haushalt und es gibt drei Kinder – da lohnt sich die Riester wegen der Zuschüsse pro Kind auf jeden Fall.“ Ich schaue mich lieber weiter um.

Aktien, ETFs und was das alles mit der Rente zu tun hat

Auf zur dritten Säule: der traditionellen privaten Altersvorsorge. Laut Bianca kann sich hier das Geld am besten vermehren und die Flexibilität ist am höchsten. Wenn man nicht direkt Aktien kaufen möchte, also Anteile eines Unternehmens, könne man sich auch für Fonds, sogenannte Exchange Traded Funds (ETF), entscheiden. Es gibt Angebote für aktive und passive Fonds erklärt Bianca: „Bei den aktiven muss man allerdings wissen, dass ein Teil des investierten Geldes immer an eine Art Fondsmanager geht. Das ist bei den passiven Fonds nicht so.“

Bianca zählt unterschiedliche Optionen auf, geht ins Detail, bleibt aber verständlich. Sie sagt, dass auch sie sich ihren eigenen Bedarf ausgerechnet hat und momentan 315 Euro pro Monat einzahlen müsse, um auf ihren Wunschwert im Rentenalter zu kommen. Aktuell, ergänzt sie lächelnd, kann sie das noch nicht leisten, und hat mit 200 Euro Einzahlung pro Monat in eine ETF-Rentenversicherung begonnen. „Wichtig ist es eigentlich nur zu wissen, wie viel man einzahlen muss, damit man keine unrealistischen Vorstellungen hat“, erklärt die Mittzwanzigerin. „Denn Planung ist bei sowas wichtig. Deswegen finde ich es gut, sich das von Menschen durchrechnen zu lassen, die Ahnung haben – einfach, damit man im Alter keine bösen Überraschungen erlebt.“

Mein Fazit: Puh, ganz schön viel Input! Eine finale Wahl, wo ich wie viel wann einzahlen und sparen soll, habe ich noch nicht getroffen. Zwar zähle ich etwas nervös die verstreichenden Tage, nehme mir aber noch ein wenig Bedenkzeit. „Wichtig ist nur, sich irgendwann zu entscheiden“, sagt Robin. Denn Geld auf dem Konto zu lagern, das auf Grund der Inflation immer mehr an Wert verliert, sei Verschwendung, warnt er.

2 Antworten auf „Altersvorsorge – oder: wie man sich an das Thema herantraut“

  1. Von Ibi am 20. August 2022

    Altersvorsorge ist ein spannendes Thema.Man kann sich eigentlich nicht früh genug darum kümmern. Andererseits muss man immer auch abwägen,nicht jetzt auf alles zu verzichten,um dann später ein tolles Leben zu haben. Da muss man einen Zwischenweg finden..

  2. Von Ks am 23. August 2022

    Bei dem unreformierten Rentensystem kriegt man als junger Mensch sowieso nichts mehr zurück vom Staat. Daher bleibt nur sich selbst zu informieren und vorzubereiten- ein guter Auslöser dieser Artikel!

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