Angst, die frei macht
Für viele Menschen gehört Angst haben zum Leben dazu. Grund zur Panik gibt es deswegen aber nicht gleich.
Abraham Maslow wusste zu beschreiben, wovon viele eine vage Ahnung haben, aber nicht unbedingt eine konkrete Vorstellung: Bedürfnisse. Der US-amerikanische Psychologe legte mit Hilfe einer Pyramide dar, dass alle Menschen die gleichen, grundlegenden physiologischen Bedürfnisse haben, wie Nahrung und Obdach. Direkt danach kommt Sicherheit. Es folgen soziale Bedürfnisse nach Liebe und Zugehörigkeit, aber auch Anerkennung und Wertschätzung sowie schließlich das laut Maslow weniger verbreitete Bedürfnis nach Selbstverwirklichung.
Sicherheit lässt sich am besten in der Verneinung definieren: Es fällt uns oft leichter zu benennen, wobei wir uns unsicher fühlen, als zu definieren, was uns ein Gefühl von echter Sicherheit schenkt. Wie beides im Einzelfall aussehen mag, hängt von Person und Kontext ab.
Viele Menschen habe ihre persönlichen Safe Spots, in die sie sich zurückziehen können, um Schutz und Geborgenheit zu finden, etwa die eigenen vier Wände. Problematisch wird es, wenn wir uns nirgendwo mehr sicher fühlen. Schuld daran sind oft tiefliegende Ängste, sogenannte Angststörungen.
Phobien und andere Ängste
Bei Angststörungen werden zwei verschiedene Formen voneinander unterschieden: Zum einen gibt es diffuse Angststörungen. Diese treten spontan und ohne konkret festzumachenden Auslöser auf. Hingegen stehen Phobien im Zusammenhang mit einer bestimmten Situation, einem Objekt oder anderen Lebewesen. Insofern können nahezu alle erdenkbaren Szenarien eine Phobie auslösen. Bekannt und recht weit verbreitet sind zum Beispiel die Angst vor Spinnen, engen Räumen und vor Blut.
Doch es geht noch kurioser. Hinter der Arachibutyrophobie versteckt sich die Angst, dass Erdnussbutter am Gaumen kleben bleibt. Klingt absurd? Scheinbar ungewöhnliche Ängste sind gar so häufig, dass sie medizinisch registriert wurden. Ataxophobier:innen leiden an einer pathologischen Angst vor Unordnung, welche leicht in Zwangshandlungen wie kompulsivem Aufräumen münden kann. Dieses Verhalten kann den Alltag der betroffenen Personen und ihrer Mitmenschen erheblich einschränken. Doch woher kommen Phobien überhaupt?
Vom Kreissaal zu Freuds Couch
Die kurze Antwort: Es gibt keine allumfassende Erklärung, wie Ängste entstehen. Allerdings lohnt sich, verschiedene Ansätze in der Philosophie und Psychologie genauer zu betrachten.
Als bekanntermaßen kontroverser Psychoanalytiker sprach Sigmund Freud in seiner Theorie von einer menschlichen „Urangst“ um unsere existentielle körperliche und seelische Gesundheit. Auslöser für diese Urangst sei das „Trauma der Geburt“ und die darauffolgende Trennung von Mutter und Kind bei der Entbindung. Alle weiteren Ängste ließen sich aus dieser ursprünglichen Angst und tiefen Verunsicherung rekonstruieren, so Freud.
Weitgehende Übereinstimmung in der Psychologie findet sich in der Annahme, dass den meisten Menschen zwei Ängste angeboren sind: die Angst vorm Fallen (aber nicht zwangsläufig vor Höhen) und die Angst vor lauten Geräuschen. Evolutionär lassen sich diese Ängste einfach erklären, dienen sie doch der Abwendung von Gefahrensituationen. Einige Forscher:innen vermuten deshalb, dass auch die Angst vor bestimmten, nicht ganz ungefährlichen Tieren wie Spinnen und Schlangen evolutionär bedingt ist.
Der deutsche Psychologe Hans-Peter Kapfhammer betrachtet gewisse Ängste, wie die Trennungsangst oder die Angst vor bestimmten Tieren, im kindlichen Alter als vollkommen normalen Entwicklungsschritt. Ängste, die darüber hinaus ins Erwachsensein vordringen, stammen ihm zufolge aus ebendieser prägenden frühkindlichen Wurzel. Angstpsychologe Charles Spielberger glaubte wiederum an eine genetische Veranlagung unsicherer Persönlichkeiten zur Ängstlichkeit, welche sich gegebenenfalls als psychische „Schwachstelle“ in eine Phobie, ja Panik steigern könne. Die Erklärungsansätze der Wissenschaft sind also vielseitig wie die zu erklärenden Ängste und Unsicherheiten selbst.
Vom Paradies zur Paranoia
Aus einer ganz anderen Perspektive betrachtete der dänische Philosoph Søren Kierkegaard das Thema in seinem Werk „Der Begriff Angst“ aus dem Jahr 1844. Kierkegaard, der heute gemeinhin als Urvater des Existenzialismus gilt, bediente sich dabei der christlichen Glaubenslehre und suchte den Ursprung der Angst im Sündenfall. Als die Menschen im Paradies aus ihrem Zustand himmlischer Unschuld erwachten und sich vom Nichts umgeben sahen, machte sich eben jene existenzielle Angst in ihnen breit, die im 20. Jahrhundert richtungsweisend im Denken werden sollte, schrieb er.
Doch während Angst und Verunsicherung bei Kierkegaard mit Sündhaftigkeit verwoben ist, führt gerade sie die ihr überlassenen Subjekte hinaus aus einer himmlisch-harmlosen Unschuldig- und Unmündigkeit und hinein in eine geerdete Welt der Selbstbehauptung und -bestimmung. Kurzum: Angst ist Freiheit, wenn wir sie richtig zu deuten wissen.
Den Vorhang zu und alle Ängste offen
Eine absolut Deutungshoheit über unsere Ängste, woher sie kommen und wie wir ihnen konkret am besten begegnen, gibt es offensichtlich nicht. Zu unterschiedlich sind dafür die verschiedenen Ansätze, zu weitreichend das Feld der zu erklärenden Phänomene. Gleichzeitig tragen diese Erklärungsansätze aus den verschiedensten Disziplinen zu einem stetig wachsenden Feld der Angstforschung bei, welches uns Mut zur Hoffnung geben sollte.
Und ohne diesen Hinweis darf ein solcher Text mit Sicherheit nicht enden. Natürlich gibt es auch für die Angst vor eben jener Beschäftigung damit beziehungsweise vor dem Lernen einen passenden griechischen Namen: Sophophobie. Wer es allerdings beim Lesen bis hierher geschafft hat, der ist jetzt hoffentlich wenigstens davon restlos geheilt.
Ihr geht da ein sehr wichtiges Thema an. Viele Menschen haben bestimmte Phobien und Ängste, das ihnen (noch) nicht bewusst ist.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir von klein auf unsere Kinder STARK und SELBSTBEWUSST machen. Dadurch entwickeln sie ein gutes Körperempfinden und können ihre Gefühle viel besser zu- und einordnen.
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