Bilanz: Und was jetzt?
Bereits während des Studiums in der Medien- und Filmbranche stellt sich die Frage, was die berufliche Zukunft bringen soll. Hierfür lieferte das Internationale Studierendenfestival “Sehsüchte“ einige Antworten.
Auf dem 52. Internationalen Studierendenfilmfestival “Sehsüchte“ in Potsdam gab es nicht nur Filme zu sehen. Das Festival leistete auch einen Beitrag zur Nachwuchsförderung und gab Möglichkeiten zum Netzwerken, indem es die Bühne frei machte für Newcomer*innen und Alumni. Beim Ideenwettkampf traten Nachwuchsautor*innen mit ihren Konzepten für noch nicht realisierte Filmprojekte vor einer Fachjury und dem Publikum gegeneinander an.
Für die Sektion “Schreibsüchte“ hatten Moritz Koch und Friederike Ortmann aus dem Sehsüchte-Team im Vorhinein 30 Einsendungen gesichtet und fünf davon nominiert. Das Event Pitch! – Der Ideenwettkampf gab den Auserwählten die Möglichkeit, ihre Projekte am vorletzten Festivaltag vorzustellen.
Schnell wurde deutlich: Manche Nominierte wissen bereits, welchen Typ Schauspieler*in sie casten möchten. Andere haben zunächst eine Geschichte oder schlichtweg ein Thema im Fokus. Sie alle versuchten, Bilder in den Köpfen des Publikums zu erzeugen, meist nur mit Worten, manchmal unterstützt durch ein paar Power-Point-Folien. Gut 50 neugierige Besucher*innen hörten ihnen dabei zu – und die Jury.
Feedback für die Trollarmee
Teil der Jury waren Expert*innen aus der Filmbranche, die unter anderem selbst Newcomer*innen sind, wie der 24-jährige Bruno Alexander, Teil des Regie-und-Drehbuch-Teams hinter der erfolgreichen Fernsehserie “Die Discounter“. Von der Jury wurden Fragen nach Zielgruppe und Relevanz gestellt und genau nachgehakt: Warum verhalten sich die Figuren in den geplanten Filmproduktionen so wie sie es tun?
So auch bei dem spannenden Coming-of-Age-Thriller “Ich weiß, was du nicht weißt“, denGeorg Reinke präsentierte. Sein Protagonist, ein Schüler mit zerstrittenen Eltern und nur einem einzigen Freund, baut für eine rechtsextreme Partei eine Trollarmee auf und wendet sich schließlich aber wieder von dem gefährlichen Projekt ab.
Die Antworten von Georg Reinke überzeugten: Sein Film gewann den mit 1.000 Euro dotierten Preis, der von dem Kölner Filmproduktionsunternehmen action concept gestiftet wurde.
„Das ist meine erste Bewerbung bei einem Filmfestival“, so Reinke stolz. Gleichzeitig handelt es sich um sein erstes größeres Projekt außerhalb der Universität. Fakt ist: Aus dem Pitch soll unbedingt ein Drehbuch werden. Das Preisgeld wird er aber für ein anderes Projekt einsetzen: „Da es sich weder durch meine Familie noch durch meine bisherigen Jobs ergab, konnte ich nie meinen Führerschein finanzieren. Als Student ist es natürlich schwer, das nötige Geld zusammen zu bekommen.“
Irgendwas mit Medien
Szenenwechsel: Ebenfalls am Samstagnachmittag, aber auf dem Theaterschiff, einem ehemaligen Binnenschiff, das heute für Veranstaltungen am Tiefen See in Potsdam zu finden ist, durften vier Absolvent*innen der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf zu Wort kommen. Where are they now? lautete der Titel des Panels, in dem sie über ihre beruflichen Erfahrungen sprachen.
Es zeigte sich schnell, dass die ehemaligen Studierenden im Bereich Digitale Medienkultur keineswegs nur „irgendwas mit Medien“ machen. Lilli Berger etwa war vor dem Studium zur Bestatterin geschult worden. Gemeinsam mit zwei Mitgründer*innen verband sie die eigene Ausbildung und ihr Studium, indem sie mit ihren Mitstreiter*innen farvel entwickelte: ein virtueller 3D–Erinnerungsraum, in dem Trauernde einer verstorbenen Person gedenken können.
Auch Florian Kasten hat ein eigenes Unternehmen gegründet und ermutigte die im Publikum auf dem Theaterschiff verstreuten gut 20 Studierenden, es ihnen gleich zu tun und den Weg in die Selbstständigkeit zu wagen. Kasten gehört zu Schønlein Media, einer Podcast-Produktionsfirma. „Alle anderen kochen auch nur mit Wasser“ lautete die Devise neben der Aufforderung: „Seid selbstbewusst und probiert viel aus.“
Gute Ratschläge
Kasten lobte nicht nur, wie viele der anderen Gesprächspartner*innen, die praktische Ausrichtung des Studiengangs, sondern auch die BWL-Seminare, die am ehesten mit der Realität konfrontierten. Ebenso bewarb er Seminare zur Montagetechnik aus seiner Studienzeit: Alle Studierenden mussten einen Filmstil präsentieren und interpretieren. „Ohne es zu merken, habe ich etwas gelernt“, betonte Kasten lachend.
Die erstaunlichste Aussage von Florian Kasten: „Wenn ich jemanden einstelle, schaue ich mir keine Zeugnisse an. Neulich habe ich erfahren, dass eine unserer Redakteurinnen in der Schulzeit eine fünf in Deutsch hatte.“
Die Veranstaltung endete mit der Möglichkeit, auf dem Bootsdeck mit anderen Teilnehmer*innen ins Gespräch zu kommen. Vielleicht ist das sogar noch wichtiger als jeder Ratschlag: sich kennenlernen, miteinander austauschen, Fragen stellen.