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Das erste Mal

Von Sagwas-Redaktion / 20. Juli 2020
Credits: Photo by Jackson David on Unsplash;

Sexualität ist in den Medien oft ein kontroverses Thema. Sexarbeit und Behinderung sowieso. Wir wollen eine Sexualbegleiterin für Menschen mit Handicap zu Wort kommen lassen, die akustische Eindrücke aus einer Welt ermöglicht, die viel zu oft übersehen wird. Heute in Folge 1: Das erste Mal.

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3 Antworten auf „Das erste Mal“

  1. Von Andrea am 28. Juli 2020

    Hallo. Ihr sprecht ein Thema an, dass wirklich mehr Aufmerksamkeit bräuchte, keine sensationsgeladene, sondern eine behutsame und offene Aufmerksamkeit mit der Absicht, zu mehr Verständnis und Sensibilität füreinander zu führen. Damit die Leute es leichter haben, aufeinander zuzugehen und letztlich zu dem zu kommen, was wir uns doch eigentlich alle wünschen: ein erfülltes befriedigendes Liebesleben.
    Gerade in der Sexualität wird ja Vieles immer noch (oder vielleicht sogar wieder mehr) falsch verstanden und falsch gemacht. Als Frau mit sicherlich genauso vielen und wenigen psychischen Knäcksen wie viele, die sich für „normal“ halten, mich aber schon seit langem mit den gesellschaftlichen Rollenbildern, mit Gendergerechtigkeit, mit dem Kampf gegen Unterdrückung und Gewalt aufgrund des Geschlechts auseinandersetzend, habe ich mich irgendwann auch verstärkt der Frage zugewandt, was ich von Sex als Dienstleistungsangebot allgemein halten soll. Liebe Bloggerin, nichts für ungut, aus Deinen Beiträgen merke ich, dass Du sehr differenziert damit umgehst und Dir die psychische Verfassung Deines Gegenüber wie auch Deine eigene, wichtig ist, das honoriere ich sehr, aber….
    Was auch immer Du in Deinen Begegnungen anbietest (und wenn es „nur“ Handarbeit sei), ich sehe es so: Zuhören, Tipps geben, Anleitung, den Gegenüber hinführen zu mehr Selbsterkenntnis, Selbstbewusstsein und Selbstbestimmung, kurz: Beratung, ja. Psychologische (Sex- oder Partner-) Beratung, Aufklärung über das Beziehungsgeschehen und Beratung über Hilfestellungen, auch „technischer Natur“, wenn es um körperliche Handicaps und deren Überwindung geht, gerne. Zielstellung: erfülltes Sexleben. Das finde ich wichtig und richtig, und davon gibt es leider auch zu wenig.
    Aber was Du anbietest geht darüber hinaus, denn ein/e Beratende Person gibt „nur“ Rat und Hilfestellung, ersetzt aber nicht den/ die Partner*in. Wenn Du aber „Hand anlegst“, bindest Du Dich mit ein in einen sexuellen Austausch mit der Person die Du „begleitest“ und machst Dich zum „Ersatzpartner“ – gegen Geld. Denn Du nimmst ja genau dafür Dein Honorar, wenn ich es richtig verstehe, dass Du „Hand anlegst“, und nicht für „nur“ eine Beratung.
    So sehe ich das: Eine beratend begleitende Person gibt Hilfestellungen ohne sich selbst einzubeziehen in die emotionalen Gefüge zwischen sich und der/den Hilfe suchenden Person(en). Und dabei sollte es bleiben, finde ich, und nicht in praktische Übungen mit dem/ der Dienstleistenden münden.
    Ich bin gegen „Sexarbeit für Geld“. Ausnahmslos. Konsequent. Warum? Die menschliche Sexualität ist ein komplexes Geschehen im Austausch von Gefühlen von einer Intensität wie sonst keine andere zwischenmenschliche Aktion. Ich finde, da hat Geld nichts bei verloren, denn sobald Geld ins Spiel kommt, ist es niemals eine unvoreingenommene Interaktion „auf Augenhöhe“. Und ohne diese Augenhöhe kann es nie wirklich für die Partner zu dem werden, was es eigentlich immer sein soll: eine (für jede/n Beteiligten) selbstbestimmte, so gewollte und die Gefühle aller Beteiligten berücksichtigende Interaktion. Wenn das nicht gegeben ist, sollte kein Sex zwischen Partnern stattfinden, weil einer der Beteiligten dann emotional der „Verlierer“ ist (das kann auch der „Kunde“ sein, denn er/sie weiß ja, dass er keine „Liebe“ bekommt, sondern eine „Dienstleistung“).
    Die Hilfestellung, damit ein Mensch zu erfüllter Sexualität kommt, kann doch nicht darauf beruhen, dass er Geld dafür bezahlt und dann „zu seinem Recht“ kommt. Meines Erachtens ist es immer eine Art Selbstbetrug, wenn (meist Männer) zu (meist weiblichen) Sexarbeiter*innen gehen. Wie Raul Krauthausen in einem anderen Beitrag auf „Sagwas“ so schön sagte: „Oft ist der Wunsch nach Sexualität ja eigentlich ein Wunsch nach Nähe und Partnerschaft.“
    Diese Nähe und Partnerschaft kann doch aber nicht erkauft werden. Genau diese emotionale Zuwendung ist das, was nicht gekauft werden kann. Schon gar nicht bei einer so intensiven emotionalen Zuwendung, wie sie bei sexuellen Beziehungen stattfindet. Wer glaubt, das als Dienstleistung erkaufen zu können, (ich wiederhole mich) betrügt sich selbst. Das kann auch leicht zu emotionaler Verrohung führen.
    Der Vergleich übrigens mit dem schrecklichen Menschenversuch mit den Kindern hinkt ganz gewaltig: Die Säuglinge starben wegen Mangel an emotionaler Zuwendung. Richtig. Aber emotionale Zuwendung ist nicht grundsätzlich (und schon gar nicht bei Kindern) sexueller Natur.
    Das führt zu einem anderen Problem: in pflegenden Berufen (Kinderheime, Altenpflege), in denen die pflegebedürftigen Personen auf Zuwendung angewiesen sind, vor allem wenn keine familiären Angehörigen da sind. Aber das würde hier zu weit führen. Nur so als Nebengedanke. Fazit: Zuwendung kann nicht gekauft werden. Und wenn es „nur“ um den körperlichen sexuellen Trieb geht: Menschen die körperlich dazu in der Lage sind, können das auch alleine. Auch geistig Behinderte. Und Menschen, die körperlich nicht dazu in der Lage sind, na ja, es gibt ja technische Hilfsmittel für alles Mögliche. Wieso nicht dafür?

  2. Von Maria am 28. Juli 2020

    Also geht es um das „schmutzige Geld“, das hier eine Rolle spielt? Wäre es besser, sie täte es ehrenamtlich? Warum darf sie für ihre Dienstleistung kein Geld verlangen? Wenn sie es nicht gut macht, wird die Anzahl ihrer Klienten sowieso sinken – dann kann sie sich nicht mehr ausbeuten lassen 😉 Offensichtlich wollen hier Menschen (mit Behinderungen) auf die menschliche Interaktion bei sexuellen Handlungen nicht verzichten. Sie auf technische Geräte zu verweisen, finde ich anmaßend. Bedarf und Nachfrage sind offenbar da und jemand ist bereit, sich professionell damit zu beschäftigen. Ich sehe in diesem freiwillig stattfindenden Austausch kein Problem. Hier ist vielleicht sogar mehr Augenhöhe vorhanden, als bei anderen Beziehungsarten wie „friends with benefits“ und Co., wo definitiv auch dominante und unterwürfige Rollen gespielt werden. Ganz ohne Honorar.

    1. Von M am 29. Juli 2020

      Hallo, Du schreibst: „Offensichtlich wollen hier Menschen (mit Behinderungen) auf die menschliche Interaktion bei sexuellen Handlungen nicht verzichten. Sie auf technische Geräte zu verweisen, finde ich anmaßend.“
      Ich finde, genau die menschliche Interaktion ist es, die die Gefühle ins Spiel bringt. Und genau diese Gefühle kann niemand „erkaufen“. Und deshalb ist es – ich finde ganz richtig, wie Du es sagst – „schmutziges Geld“. Denn das, was eigentlich gesucht wird, kommt bei dem Austausch „Geld gegen Ware“ nicht rüber. Es ist ein uneingelöstes Versprechen, also ein falscher Deal, wenn jemand „menschliche Interaktion“ durch Sexkauf zu erlangen hofft, und dafür „Hand angelegt“ bekommt. Die Bloggerin sagt selbst, sie mache keinen kompletten Sexualakt mehr. Warum wohl? Weil sie selbst gemerkt hat, dass der Sexualakt Gefühle ins Spiel bringt, die mitzugeben sie nicht (mehr) bereit ist. Weil das Hergeben dieser Gefühle ohne echte emotionale Bindung zum Partner enorm belastend ist. Und was bleibt dann noch übrig von der „menschlichen Interaktion“, wenn eine fremde Hand Dich mechanisch reibt. Wieso soll es da anmaßend sein, dass mit einem Gerät zu vergleichen?
      Mir ist es egal, ob ein Mensch körperbehindert ist oder nicht: wenn er gegen Geld verlangt, sexuelle Befriedigung zu erlangen, betrügt er sich „bestenfalls“ selber (ich würde sagen: leider). Er bekommt eine sexuelle Triebabfuhr geliefert, aber eben keine echte zwischenmenschliche Interaktion.
      Und nur um diesen (Selbst-) Betrug aufrecht zu erhalten, soll ein ganzer Industriezweig aufrecht erhalten werden, der zum weitaus größten Teil zu Ausbeutung und psychischer Traumatisierung führt, und nur zu einem minimalen Teil für ein paar privilegierte „Sexbegleiter*innen“ zu einer lukrativen Einnahmequelle fraglicher Natur?

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