Europa leben: Perspektivenwechsel im Freiwilligendienst
Nach der Schule ins Ausland und nebenbei für Europa eintreten? Antonia Siemers hat das gemacht und ist nach England gezogen. Dorthin gebracht hat die Berlinerin der Europäische Freiwilligendienst (EFD). Der EFD ist ein Erasmus+ Programm, mit dem junge Erwachsene zwischen 17 und 30 Jahren aus allen Mitgliedstaaten der EU bis zu 12 Monate ins europäische […]
Nach der Schule ins Ausland und nebenbei für Europa eintreten? Antonia Siemers hat das gemacht und ist nach England gezogen. Dorthin gebracht hat die Berlinerin der Europäische Freiwilligendienst (EFD). Der EFD ist ein Erasmus+ Programm, mit dem junge Erwachsene zwischen 17 und 30 Jahren aus allen Mitgliedstaaten der EU bis zu 12 Monate ins europäische Ausland reisen können, um dort freiwillig zu arbeiten.
Die 21-Jährige Antonia hatte sich für ihren Auslandsaufenthalt vorgenommen, sich „über ihren weiteren Lebensweg“ bewusst zu werden. Ihre Gründe, ausgerechnet nach England zu gehen, waren vielfältig: Harry Potter, die Landschaft, Jane Austen, der englische Akzent, die Musik. Insbesondere die Band Mumford & Sons habe Antonia zu ihrer Entscheidung inspiriert. „England hatte für mich einfach etwas Magisches. Außerdem haben Freunde von mir dort studiert und ich fand es kulturell und politisch sehr interessant.“
„Europa ist einfach überall“
Geboren und aufgewachsen in Berlin, war es für Antonia eine große Umstellung, in ein kleines englisches Küstenstädtchen zu ziehen, das nicht einmal einen Bahnhof hat. Am Anfang der Reise sei es für Antonia schwer gewesen, sich in die neue Umgebung einzugewöhnen. „Engländerinnen und Engländer sind eben doch ein bisschen anders, zumindest die Leute in meiner Umgebung. Da wurde man nicht einfach so mal angequatscht.“
Antonias Aufgabe bei dem Projekt in Brixham war die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. In Berlin hatte Antonia bereits mit Menschen mit Behinderungen gearbeitet. Da sie die Arbeit sehr erfüllte, sei der Freiwilligendienst in Brixham für sie optimal gewesen. „Ich konnte mich sozial engagieren, etwas mit körperlich eingeschränkten Menschen machen und hatte dazu noch die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen.“
Unter den vielen Möglichkeiten, die Schulabgängerinnen und Schulabgänger in Deutschland haben, um ins Ausland zu gehen, wählte Antonia den EFD, weil sie etwas für Europa tun wollte. „Ich bin ein großer Fan von Europa“, sagt Antonia. „Ich glaube zwar nicht, dass Europa perfekt ist, aber dass es eben notwendig ist. Es ist ein guter Weg, den Frieden in Europa zu sichern, außerdem ist es interessant, die ganzen anderen Kulturen kennenzulernen.“ Bei Antonias Projekt seien so viele verschiedene Menschen aus ganz Europa beteiligt gewesen, dass sie in den zahlreichen Diskussionen viele neue Perspektiven erlangen konnte. „Europa ist einfach überall.“
Der EU-Abneigung entgegentreten
Auch andere Menschen konnte Antonia für die europäische Idee begeistern. „Viele Menschen in England haben sich über Europa beschwert. Als wir ihnen dann aber erklärt haben, dass wir ohne Europa, ohne dieses Projekt, das eben von der EU finanziert wird, nicht hier wären, hat ein Mann gesagt, er werde nie wieder etwas Schlechtes über Europa sagen“, berichtet Antonia. „Ob er das dann wirklich macht, weiß ich natürlich nicht. Aber ich glaube schon, dass wir ihnen durch unsere Anwesenheit zeigen konnten, dass Europa auch etwas Gutes hat, etwas, das ihnen wirklich persönlich hilft.“
Für Antonia sei der EFD auch eine gute Möglichkeit gewesen, die politische Kultur in einem anderen Land kennenzulernen. „Ich hatte wirklich nicht erwartet, dass in meinem Umfeld in England so viele Menschen EU-kritisch eingestellt sein würden.“
Vielfalt leben
Viele hätten gesagt, sie wollten nicht von Berlin aus regiert werden. „Ich glaube, dass die einzelnen Regierungen besser zusammen arbeiten müssen. Die Staaten müssen das Gefühl haben, dass sie gleichermaßen an der EU beteiligt sind“, schlägt Antonia vor. „Gerade die Bevölkerung muss das Gefühl haben, dass Europa ihnen etwas bringt. Es benötigt einen europäischen Gedanken, ein Gefühl.“
Ein europäischer Fernsehsender könnte laut Antonia so ein Gefühl fördern. „Der sollte dann auch so beworben werden, dass man etwas davon mitbekommt. Das ist nämlich das andere Problem: Es mangelt an Informationen.“ Europa sei „so klein“ im Vergleich zur Welt, „da müssen wir doch zusammen halten“. „Gerade diese europäische Vielfalt und die Möglichkeit, diese Vielfalt zu leben, ist doch wunderschön.“