X Icon Facebook Icon

Filmkritik: Von Traum(a) und Wirklichkeit

Von Sophia Förtsch / 11. Mai 2023
Credit: FilmsToFestivals Distribution Agency & +58 Producciones S.A.C

Lea hat in der Nacht Albträume. Sie sitzt auf der Toilette, während es regnet. Immer und immer wieder. Jede Nacht der gleiche Traum. Jede Nacht nässt sich Lea ein. Schon bei dieser Szene wird klar: Eine Last liegt auf ihren Schultern.

Etwas Schlimmes muss passiert sein, das Lea nicht alleine verarbeiten kann. Doch ihre Mutter ist keine große Hilfe. Daher soll Kindermädchen Maria im Haus aushelfen und Lea betreuen. Maria entdeckt dabei ein dunkles Geheimnis und ist die erste Person, die nicht wegschaut.

Der Kurzfilm „Pilona/ Bedwetter“ aus Peru gewann beim diesjährigen Sehsüchte-Filmfestival in Potsdam den Preis für den besten Jugendfilm in der Sektion “Future“. Innerhalb von nur 15 Minuten wagt er sich ebenso vorsichtig wie wachrüttelnd an das Thema sexueller Missbrauch von Kindern heran. Auf direkte Konfrontation geht der Film allerdings nicht. Es gibt nur eine kurze Einstellung, die andeutet, was Lea passiert ist.

Am Anfang stehen der Albtraum und das Bettnässen. Bereits ab diesem Moment ahnt das Publikum, dass Lea ein Trauma verarbeiten muss. Visualisiert wird dies durch den leeren, starren Blick Leas, sitzend auf der Toilette, während es regnet. Dass sie diesen Traum immer und immer wieder durchmacht, zeigt, dass das, was ihr geschieht, aktuell sein muss. Spätestens nachdem offenbar wird, dass der Mann von Leas Mutter nicht ihr leiblicher Vater ist, wird klar, was mit Lea geschieht. Bestätigung erfährt das Publikum mit einer Nachtszene, in der das Kindermädchen Maria den Stiefvater in flagranti dabei erwischt, wie er sich stehend vor Leas Bett selbst befriedigt. Ob mehr als nur das passiert, wird nicht gezeigt. Zunächst läuft Maria überfordert von der gesehenen Situation davon, tut dann aber das einzig Richtige: Kehrt um und bringt Lea am nächsten Tag zu ihrem leiblichen Vater – und damit weg aus ihrer albtraumhaften Umgebung.

Obwohl dieser Film nur eine Viertelstunde lang ist, hat es Regisseurin July Naters geschafft, die Figuren tiefgründig zu zeichnen – einzig Leas leiblicher Vater am Ende des Films wird als Charakter lediglich angerissen. Ihn braucht es aber auch nur als Lichtblick aus diesem Traum(a). Bemerkenswert ist die metaphorische Darstellung von Leas Ängsten und die Herangehensweise an das Thema sexueller Missbrauch und sexuelle Nötigung von Schutzbefohlenen.

Pilona

Drehbuch/ Regie: July Naters

Peru, 2022, 15 Minuten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Ähnlicher Beitrag
Neues Thema
Meist kommentierter Artikel