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How to: Den eigenen Akku aufladen

Von Anna Steinmeier / 9. Dezember 2020
picture alliance / Westend61 | VITTA GALLERY

Zuhause bleiben. Was sonst mit Entspannung und dem Auffüllen der eigenen Energiereserven verbunden war, kostet in der Corona-Pandemie auf einmal Kraft. Dabei sind es vor allem die geistigen Speicher, die in der aktuellen Situation gefüllt werden müssen.

In praktisch jedem anderen Jahr sahen die Tage zwischen den Jahren bislang so aus: Wer nicht arbeiten musste, legte sich nach mehreren reichhaltigen Essen mit der Familie und einer Extraportion Schokolade tagelang auf die Couch und schaute sich einen Filmklassiker nach dem anderen an. Man nahm sich die Zeit, die vergangenen Monate zu reflektieren und sammelte Energie und Ideen für das nächste Jahr. Doch wie vieles ist auch diese Tradition im Jahr 2020 in Gefahr. Ihr nachzugehen verbraucht mehr Energie, als sie hergibt. Um allerdings zu verstehen, wann und wie die eigenen Akkus wieder gefüllt werden, ist es wichtig, materielle als auch geistige Energie aktiv zu schöpfen. Mal eben darauf verzichten? Das können sich nur wenige leisten.

Welche Energie brauchen wir?

Wie alle Lebewesen nutzen wir Menschen verschiedene Arten von Energie. Unseren Bedarf an materieller Energie können wir dazu auch leicht berechnen. Die durchschnittliche sagwas-Leserin etwa braucht als Frau zwischen 25 und 34 Jahren bei einer Körpergröße von circa 167 Zentimetern und etwa 66 Kilogramm Gewicht am Tag rund 2285 Kalorien, wenn sie acht Stunden schläft und im Sitzen acht Stunden am Tag arbeitet sowie etwa eine Stunde täglich moderat Sport treibt. Da sie derzeit vielfach im Homeoffice arbeitet oder studiert, verbraucht sie in etwa vier bis fünf Kilowattstunden Strom am Tag. Im Vergleich zur Zeit vor Corona steigt dieser Wert leicht an, allerdings verzichtet die sagwas-Leserin dafür auf andere Aktivitäten, die Energie verbrauchen würden (und sie in häufigen Kontakt mit anderen Menschen bringen) wie beispielsweise regelmäßiges Bahnfahren.

Das ist natürlich nur eine reine Wahrscheinlichkeitsrechnung auf Basis von Durchschnittswerten. Und das Ganze sagt noch nichts darüber aus, ob die Menge individuell wirklich ausreicht, um damit gut durch den Alltag zu kommen – oder an sich überhaupt gerechtfertigt ist angesichts der ungleichen Verteilung vom Zugang zu Strom und fließend Wasser auf der Welt. Um hier mehr Licht ins Dunkel zu bringen, empfehlen manche Leute das Führen eines Strom- oder Ernährungstagebuchs. Und es stimmt ja auch, wie viel Energie in die Avocado gesteckt wurde, die 400 Kalorien zum Frühstück beiträgt, lässt sich heutzutage leicht nachverfolgen. Für den fairen Gebrauch von verfügbarer Energie zudem keine unwichtige Einsicht. Darüber reden ist also nicht verkehrt. Aber welche Schlüsse ziehen wir als Gesellschaft daraus? Was bleibt von dieser theoretisch angestrebten, aber unerreichten energetischen Verteilungsungerechtigkeit? Sicher ist: Um unsere Kräfte in die Bewältigung unseres Alltags und zugleich in die Bekämpfung globaler Ungerechtigkeiten zu stecken, brauchen wir noch eine andere Form von Energie.

In der Selbsterkenntnis liegt: die Kraft

Die zweite Energieressource, die wir als Menschen benötigen und die uns als Mensch ausmacht, ist insofern nicht zu unterschätzen: geistige Energie. Diese Form der Energie hat für viele unterschiedliche Bezeichnungen: Lebensenergie, psychische Energie, Willenskraft und noch etliche mehr. In YouTubeVideos wird sie oft als das „Warum“ betitelt, der ausschlaggebende Grund, weshalb man es morgens aus dem Bett schafft.

Wie viel geistige Energie braucht man und woher kommt sie? Gerade in diesem Jahr mussten viele Leute feststellen, dass ein Übermaß an Entspannung und Zuhause herumsitzen nicht zu einer besseren Lebensqualität im Alltag führen muss – im Gegenteil. Durch die sich ständig verändernde Realität machen wir uns vermehrt Sorgen um unsere Zukunft. Doch fortwährende Bedenken sind ein echter Energiekiller, Energieerhaltungssatz hin oder her. Uns wird zwar von Motivationsmemes auf Plattformen wie Instagram eingetrichtert, dass unser Tag dieselbe Stundenanzahl hat wie der von Sängerin, Schauspielerin und Entertainerin Beyoncé. Wie unterschiedlich die Lebenswirklichkeit der meisten Menschen im Vergleich zu derjenigen der multitalentierten Multimillionärin ist und was das für den inneren Energiespeicher bedeutet, darüber schweigt man sich dagegen gepflegt aus. Sicher, an manchen Tagen sprudeln auch wir nur so vor Kreativität und sind voll Tatendrang. An vielen anderen aber schaffen wir es vielleicht nur gerade so, das Nötigste zu erledigen. Es sind stressige, komplizierte Zeiten. Corona macht’s möglich!

Natürlich können und sollten wir äußere Faktoren wie Schlaf, Ernährung und Bewegung optimieren, um uns besser zu fühlen. Doch was bringt es, sich gesund zu ernähren, wenn man das Gefühl hat, dass die ganze Welt aus den Fugen gerät?

Warum es sich trotzdem lohnt, Energie zu investieren

Wie können wir herausfinden, wie viel geistige Energie jeder von uns tatsächlich benötigt und wie wir unsere individuellen Energiespeicher rechtzeitig auffüllen, bevor die Batterie im roten Bereich ist? Wichtig ist, offen und ehrlich zu unterscheiden, was uns Energie gibt und was sie uns raubt. Fühlen wir uns nach einem Webinar mit viel Input eher inspiriert oder erschlagen? Geben uns Nachrichten das Gefühl, die Welt zu verstehen oder die Kontrolle zu verlieren? Fokussiert und entspannt Meditieren uns oder schlafen wir dabei ein?

Am Ende des Tages ist es nicht nur ein sehr individuelles, sondern auch hilfreiches Unterfangen herauszufinden, wann wir wie viel Energie wofür brauchen. Denn selbst in dieser Rechnung ändern sich die Variablen täglich. Mal hilft ein Kaffee, mal eine Umarmung, um unsere Energiereserven aufzufüllen.

Halten wir fest: Energie ziehen wir – ganz profan – natürlich aus Nährstoffen wie Fett und Glucose, Sport ist für die einen eine ebenso wichtige Energiequelle wie für die anderen, einen achtsamen Tag zu verbringen. Und wer auf Power aus ist, sollte sich mit Selbstmotivation auskennen. Was kann und will ich leisten? Was tut mir wirklich gut? Wir können heute vieles in Zahlen darstellen – die passende Kraftquelle ausfindig zu machen, bedarf jedoch der richtigen Portion Ehrlichkeit mit sich selbst.

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