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Istanbul scharf sehen

Von Andrea Lindner / 17. Mai 2016
picture alliance / imageBROKER | Michael Weber

Sagwas-Autorin Andrea Lindner hat sich in Istanbul die Augen lasern lassen, weil es dort billiger ist als in Deutschland. Bereut hat sie es bislang nicht.

Sechs Uhr morgens in Istanbul. Die Rufe der Muezzins wecken mich. Normale Touristen schlafen sicherlich noch. Aber ich bin kein normaler Tourist. Ich bin als Patient in die Türkei gekommen. Seit vielen Jahren fahren Deutsche für medizinische Behandlungen ins Ausland: zum Zahnarzt nach Ungarn, zum Schönheitschirurgen nach Tschechien. Mein Weg führt mich zum Augenarzt, denn ich habe -3,25 Dioptrien auf beiden Augen und möchte endlich wieder mehr als 30 Zentimeter weit scharf sehen.

Fast 600.000 Patienten aus dem Ausland wurden laut der Vereinigung der türkischen Reisebüros und dem türkischen Gesundheitsministerium 2015 in der Türkei behandelt. Augen-OPs hatten mit 8 Prozent den größten Anteil an den Behandlungen. Nun will die türkische Regierung den Medizintourismus in der Türkei weiter fördern: 2023 sollen mehr als zwei Millionen Patienten kommen.

Der Grund, warum man sich nicht in einer deutschen Augenklinik, sondern in der Türkei behandeln lassen wird, ist ein finanzieller. Eine sogenannte Wavefront-Lasik-Behandlung kostet in Deutschland zwischen 3.500 und 5.000 Euro – in Istanbul sind es nur 890 Euro. Dieses Angebot überzeugt mich.

Als ich Freunden und Familie von meiner Entscheidung erzähle, muss ich mir einiges anhören: „Oh Gott – davon kann man blind werden! Doch nicht in der Türkei!“ Viele Menschen haben falsche Vorstellungen vom Augenlasern. Außerdem gibt es viele Vorurteile Ärzten aus dem Ausland gegenüber. Blind werden kann man vom Augenlasern nicht – und auch türkische Ärzte haben viele Jahre studiert.

Die Erfahrung zählt, nicht der Preis

Anfangs war ich trotzdem skeptisch: Kann günstiger genauso gut sein? Mein Vater, selbst Arzt von Beruf, hat mir geraten, auf die Erfahrung der Ärzte, die Geräte, die Voruntersuchung und die Information und Aufklärung vorab zu achten.

Nach Gesprächen mit deutschen Augenärzten und ehemaligen Patienten stand für mich fest: Die Erfahrung zählt. Ich werde von Klinik-Chefarzt gelasert, der bereits 23 Jahre Erfahrung aufweist und 70.000 Laser-OPs durchgeführt hat. Mein Augenarzt in München hat nur etwa drei OPs pro Woche – selbst mit 23 Jahren Erfahrung wären das weniger als 4.000 OPs insgesamt. Die Geräte sind die gleichen wie in einer guten deutschen Klinik. Wie fast alle anderen Medizintouristen habe ich die Behandlung über eine deutsche Agentur gebucht.

Die Klinik liegt direkt gegenüber meines Hotels. Am Eingang des verspiegelten Hochhauses ist bereits früh morgens viel los. 30 weitere Patienten sitzen mit mir im Warteraum. Die Voruntersuchungen sind perfekt organisiert und durchgetaktet. Verschiedenste Geräte messen meine Hornhautdicke, meine Dioptrien-Werte und meine Pupillen-Größe.

Beim Warten lerne ich Gino und seine Freunde aus Nürnberg kennen. Sie haben sich bereits am Tag zuvor ihre Augen lasern lassen und sind zur Nachuntersuchung gekommen. Die Jungs machen mir Mut, denn langsam werde ich etwas nervös.

Werde ich nach der OP wirklich keine Sehschwäche mehr haben? Es kann nämlich passieren, dass die Sehschwäche nicht vollständig behoben wird. Die Klinik gibt auf ihre OPs zehn Jahre Garantie. Wenn sich meine Werte verändern sollten, kann ich mich kostenlos nachlasern lassen. Mit trockenen Augen muss ich auf jeden Fall bis zu drei Monate nach der Operation rechnen.

Wie kommt der günstige Preis zustande?

Harald Gümüseli, der mich in die Türkei vermittelt hat, erklärt, warum die Operationen so günstig sind: „Die Personalkosten sind in der Türkei viel geringer als in Deutschland, vom Chefarzt bis zur Putzfrau. Eine große Klinik hat auch viel günstigere Einkaufspreise beim Material.“

Nach einer Beruhigungstablette und letzten Anweisungen geht es los. Der Chefarzt erklärt mir auf Englisch jeden Schritt. Zuerst wird mein Auge aufgespreizt. Dann wird mit einem kleinen Schneidegerät ein kreisförmiger Schnitt in der Hornhaut gemacht und der geschnittene Deckel weggeklappt wie bei einer Mais-Dose.

Danach kommt die eigentliche Laserbehandlung. „Einfach in das grüne Licht schauen“, sagt er. Bis auf das seltsame Gefühl, die Augen nicht schließen zu können, und einem Druck von außen auf mein Auge, spüre ich nichts. Nach einer Minute ist alles vorbei. Der Augendeckel wird wieder zugeklappt. Auch mit dem zweiten Auge läuft alles reibungslos. Als ich nach fünf Minuten den OP-Raum wieder verlasse, kann ich es kaum fassen: Wenn ich gewusst hätte, wie unkompliziert Augenlasern ist, hätte ich es schon früher gewagt.

Nach der OP muss ich ins Bett und die Augen schonen. Sie tränen und brennen ein wenig. Doch am Morgen danach sehe ich schon sehr gut. „100 Prozent auf dem linken Auge haben wir bereits erreicht“, sagt mein Arzt bei der Nachuntersuchung. Rechts seien es knapp 90 Prozent – da müsse ich noch Geduld haben. Es kann bis zu sechs Monate dauern, bis der Heilungsprozess abgeschlossen ist.

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