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ProNicht nur Bares ist Wahres

Von Sophie Hubbe / 20. November 2015
picture alliance / dpa-tmn | Christin Klose

Klimperndes Kleingeld in schweren Portemonnaies ist nicht mehr zeitgemäß. Online-Banking und Kreditkarten sind längst auf der Überholspur und das ist auch gut so. Ein Plädoyer fürs Verschwinden des Sparschweins aus deutschen Haushalten.

Ich gestehe, dass auch ich 2001 zu jenen Kindern gehörte, die ein Säckchen mit Euro-Münzen unterm Weihnachtsbaum fanden. Wie besessen sammelte ich die neuen Münzen aus allen Staaten der Euro-Zone. Mittlerweile nehme ich die Geldstücke wie selbstverständlich an und schaue oft gar nicht mehr nac welche Prägung sich auf der Rückseite befindet. Stattdessen nervt mich das Kleingeld in meinem Portemonnaie. Doch damit könnte es bald vorbei sein: Der Trend geht zur Bargeld-Abschaffung.

Wie so oft sind es die nordeuropäischen Staaten, die hierbei vorangehen. In Schweden müssen Geschäfte kein Bargeld mehr annehmen. Was aber passiert in Deutschland?

Wir haben wie so oft zu große Angst vor Veränderungen. Stattdessen empfinden wir das schwere, mit Kleingeld überfüllte Portemonnaie in unseren Taschen als eine Art Sicherheit. Kellner und Taxifahrer bezahlen wir am liebsten in bar und auch beim Bäcker könnten sich die wenigsten vorstellen, auf Hartgeld zu verzichten.

Immer noch zu viel in bar

Lediglich bei 35 Prozent unserer Einkäufe zücken wir die EC- oder Kreditkarte.1 Dabei gehört das digitale Bezahlen längst zu unserem Alltag. Sei es die Strom- oder Handyrechnung, der Vermieter oder Online-Schuhverkäufer unseres Vertrauens – hier stoßen wir mit Bargeld schon lange an Grenzen.

Und das ist auch gut so. Neben den praktischen Gründen, die für ein Verschwinden des schweren Geldbeutels sprechen, gibt es zahlreiche Vorteile beim elektronischen Bezahlen.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger bringt es auf den Punkt: „Bei den heutigen technischen Möglichkeiten sind Münzen und Geldscheine ein Anachronismus“.2 Wir sind immer und überall online. So überrascht es nicht, dass es bereits einige Apps für die digitale Brieftasche gibt.

Zeit ist Geld

Auch im Supermarkt wäre die Bargeldlosigkeit attraktiv: So gäbe es keine langen Wartezeiten mehr, wenn die ältere Dame vor uns nicht mit ihrem Kleingeld zurechtkäme oder der Kassierer neue Geldrollen auffüllen müsste. Ebenso wäre es in einer Welt ohne Bargeld für den Staat deutlich leichter, bei Konjunkturkrisen zu agieren. Geldhorten im privaten Kämmerlein gäbe es nicht mehr. Stattdessen könnten Immobilien- oder Rohstoffanlagen die Wirtschaft stabilisieren.

Statistiken zeigen, dass jeder EU-Bürger insgesamt etwa 800 Bezahlvorgänge pro Jahr durchführt. 200 davon laufen bereits ohne Bargeld ab. In den kommenden fünf Jahren soll sich dieser Anteil verdoppeln.3

Besonders bei zwielichtigen Geschäften scheint das Bargeld bisher unverzichtbar – 500-Euro-Scheine machen ein Drittel des gesamten Euro-Bargeldes aus. Wer aber hat schon einmal mit so einem großen Schein bezahlt? Während Geldscheine unseren alltäglichen Zahlungsverkehr erschweren, vereinfachen sie die Geschäfte auf dem Drogen- und Schwarzmarkt enorm.

Die Anonymität der Banknoten wiegt schwer

Kritiker der Bargeld-Abschaffung behaupten, dass es die Banken selbst seien, die von einer Umstellung auf bargeldlose Geschäfte am meisten profitieren könnten. Die Bürger jedoch würden zum gläsernen Kunden.

Doch wie viele Menschen werfen Unternehmen wie Apple, Facebook oder Google ihre Daten bereitwillig hinterher? Was würde demgegenüber die Einführung eines ausschließlich elektronischen Zahlungsverkehrs bedeuten? Dass eine solche Umstellung natürlich nicht ohne eine entsprechende Anpassung von Gesetzen einhergehen kann, steht außer Frage.

Die Banken und den Staat interessiert es wenig, an welchem Kiosk ich mein Feierabendbier kaufe oder welchen Film ich mir im Kino anschaue. Stattdessen würde kriminellen Geschäften mit der Bargeld-Abschaffung ein Strich durch die Rechnung gemacht werden. Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung wären ohne Bargeld deutlich schwieriger realisierbar. Man zeige mir den privaten Drogendealer, der ein Kartenlesegerät besitzt.

Bis zur Bargeldlosigkeit ist es jedoch noch ein weiter Weg. Vertrauen braucht Zeit. Gerade wenn es um existenzielle Grundlagen geht, scheut sich der Mensch vor Veränderungen. Sicherlich hatten die Menschen auch 1661 große Angst, als Schweden als erstes Königreich Europas das Papiergeld einführte.

Ausgezahlt hat es sich im wahrsten Sinne des Wortes allemal. Auf einmal konnten Postkutschen 50 Mal so viel Geld transportieren wie noch zur beschwerlichen Zeit von Gold- und Silbermünzen. Wagen wir also auch heute den Schritt und vertrauen Computern und Automaten, die unser Geld in Sekundenschnelle von einem Konto auf ein anderes bringen können.

1www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Veroeffentlichungen/Bericht_Studie/zahlungsverhalten_in_deutschland_2014.pdf?__blob=publicationFile

2 http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bargeld-peter-bofinger-will-muenzen-und-scheine-abschaffen-a-1033905.html

3 http://www.heise.de/resale/artikel/Kunden-bevorzugen-PayPal-Zahlung-oder-Rechnung-1908861.html



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