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DebatteKippenpfand gegen Umweltverschmutzung?

Von Alisa Sonntag / 31. Juli 2019
picture alliance / imageBROKER | Jörg Horstmann

Auf dem Gehweg, im Gleisbett und sogar auf Spielplätzen: Zigarettenstummel liegen überall herum statt im Mülleimer zu landen. Also dort, wo sie eigentlich hingehören. Eine Petition fordert aus diesem Grund die Einführung eines Kippenpfands. Zu Recht?

Auch wenn das „was“ eingeschränkt und das „wo“ im öffentlichen Raum vielfach fremdbestimmt wird: Ob jemand (Tabak) raucht oder nicht, ist eine persönliche Entscheidung. Geht es allerdings um die Entsorgung von Zigarettenstummel und ihre Hinterlassenschaften in Böden und Gewässern, sind von dieser individuellen Freiheitsauslegung mehr Menschen betroffen als nur man selbst. Denn die Umwelt, die die Kippen verschmutzen, teilen wir alle.

Etwa 25 Prozent der Deutschen rauchen, hat eine Studie im Auftrag der Europäischen Kommission 2017 ergeben. Damit positioniert sich Deutschland europaweit im unteren Mittelfeld: In Schweden rauchen nur sieben Prozent der Bevölkerung, in Griechenland immerhin 37 Prozent. Seit 2006 sinkt der Anteil der Raucher in der Bundesrepublik zwar, stagniert aber andererseits seit 2014. 22 Prozent der Deutschen, so die EU-Studie weiter, greifen sogar täglich zum Glimmstängel, ein Prozent zur Pfeife. Bei ersteren bleibt ein Stummel als Müll übrig: Pro Tag und Raucher macht das in Deutschland im Durchschnitt 15 Kippen.

Für die Mehrheit ein Ärgernis

204 Millionen versteuerte Zigaretten werden in Deutschland laut dem Datenportal Statista jeden Tag durchschnittlich geraucht. Davon landen rund 163 Millionen Kippen nicht in einem Mülleimer, sondern daneben, glaubt man amerikanischen Wissenschaftlern. Diese gehen weiterhin davon aus, dass weltweit etwa 80 Prozent aller Zigaretten nicht entsorgt, sondern achtlos auf den Boden geworfen werden.

Dabei sind Statista zufolge weggeworfene, nicht zu Ende gerauchte Zigaretten und Kippen für 82 Prozent aller Bundesbürger ein Ärgernis. Nicht ohne Grund: Wir alle bezahlen die Straßenreinigung, die die Kippen von den Gehwegen sammelt, wir alle nutzen den Boden und das Wasser, in dem sich Nikotin, Arsen, Plastik und andere Stoffe aus Zigarettenstummeln wiederfinden. Für Pflanzen und Tiere können diese Gifte Verhaltensstörungen, Missbildungen und teilweise sogar den Tod bedeuten. So zumindest argumentiert die Bürgerinitiative Die Aufheber, die in einer Petition an Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ein sogenanntes Zigarettenpfand fordert. Etwa 47.500 Menschen haben die Petition auf change.org Mitte Juli unterschrieben.

Problem beheben mit Pfand

Zigarettenreste durch entsprechende Dienstleister aufsammeln zu lassen, sei weder finanziell rentabel noch praktisch ernsthaft möglich, schreiben die Initiatoren der Petition. Deshalb schlagen sie ein Pfandsystem vor: Wenn es Pfand auf Kippen gäbe, würde niemand mehr diese einfach auf den Boden schmeißen. Während Aufklärungskampagnen und mehr Mülleimer die Umweltbelastung durch Kippen allenfalls mindere, würde ein Pfand sie weitgehend beseitigen, sind Die Aufheber überzeugt.

Ihrer Ansicht nach sollen 20 Cent Pfand auf jede Zigarette aufgeschlagen werden, pro Packung also vier Euro. Das Geld würden die Käufer wiederbekommen, wenn sie die Zigarettenpackung mit den Kippenresten zurückgeben. Das könnte überall dort möglich sein, wo auch Zigaretten verkauft werden. Um den Rauchern das Sammeln der Kippen zu erleichtern, sollen sie mit dem Kauf von Zigaretten auch Taschenaschenbecher für unterwegs erhalten. Sowohl die Zigarettenpackungen als auch die Taschenaschenbecher sollen Mehrwegprodukte sein, um immer wieder abgegeben und neu verwendet werden zu können. Anschließend könnten die Kippen so nachhaltig wie möglich recycelt werden. Mit einem derartigen Pfandsystem könnten sich dann auch Menschen, die gar keine Zigaretten gekauft haben, etwas Geld verdienen – ähnlich wie Flaschensammler heute.

Mehr Verantwortung verlangen

Der Europäische Rat hat aktuell im Rahmen der „Einweg-Plastik-Richtlinie“ Grundlagen geschaffen, um Branchen wie die Tabakfilterindustrie finanziell verstärkt zur Verantwortung für die von ihnen mitverursachte Umweltverschmutzung zu ziehen. Doch das, betonen Die Aufheber mit ihrer Kritik, würde nicht das Problem an sich lösen, dass Kippen überhaupt erst auf dem Boden landen, wo sie nichts zu suchen haben.

Kippen einfach wegschnippen ist zwar bereits heute eine Ordnungswidrigkeit. Aber eine, die kaum geahndet wird. Statt der Verwarngebühr soll es das Pfandsystem richten. Bis es jedoch soweit ist, das weiß auch die Gruppe hinter der Initiative, wird noch viel Zeit vergehen. Deshalb fordern Die Aufheber jeden Einzelnen auf, schon jetzt grundsätzlich gegen Abfall aktiv zu werden und „drei Müllstücke pro Tag in den nächsten Müllkorb“ zu befördern. Sich selbst und der Umwelt zuliebe.



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