ContraMit Rechtsextremen reden ist unmöglich
Mit Rechtsextremen zu reden, kann nicht funktionieren. Denn sie lehnen demokratische Werte ab und sind nicht an einem Austausch interessiert.
Wer kurz vor der Wahl in Thüringen im September WeltTV einschaltete, konnte ein besonderes Spektakel beobachten. Ein sogenanntes Fernseh-Duell zwischen politischen Kontrahenten, wie sie oft vor Wahlen stattfinden. Doch das Besondere war gar nicht unbedingt der Inhalt der Diskussion, sondern eher, wer da stand und debattierte: CDU-Politiker Mario Voigt, daneben der Chef der rechtsextremen AfD Thüringen Björn Höcke. Die Art und Weise, wie das Duell stattfand, wurde vielfach verurteilt. So sagte etwa der Geschichtswissenschaftler Jens-Christian Wagner dem mdr Thüringen: „Schon vor dem Duell kann sich Höcke als Sieger fühlen. Dass mit diesem TV-Duell einem Rechtsextremen ein Podium geboten wird, ist ein Erfolg für die AfD.“ Höcke bekäme hier die Chance, seine rechtsextreme Gesinnung als eine Meinung zu präsentieren, die innerhalb eines demokratischen Korridors zulässig wäre. Wagner: „Die Demokratie kann hier nur verlieren.“
Spätestens nach dem Wahlsieg der AfD in Thüringen werden die Debatten über ein AfD Parteiverbot lauter. Aber auch die Frage, ob wir mit Rechtsextremen reden sollen, wird immer drängender.
Zunächst möchte ich differenzieren: Nämlich zwischen Rechtsextremen und Bürger*innen, die rechtsextreme Parteien aus Protest wählen. Mit Letzteren sollte man unbedingt sprechen. Denn es ist wichtig, ihre Beweggründe zu verstehen und ihnen durch ein Gespräch zu vermitteln, dass man ihre Probleme und Befürchtungen wahrnimmt und ihnen zuhört. Anders sieht es jedoch mit überzeugten Rechtsextremen aus. Mit Rechtsextremen sollten wir nicht reden.
Es ist zwar prinzipiell wichtig, mit Menschen zu sprechen, die eine anderen Standpunkt haben. Doch Hass ist keine Meinung und somit ist rechtsextremes Gedankengut keine Meinung – sondern in vielen Fällen Volksverhetzung. Denn rechtsextreme Ideologie ist rassistisch, antisemitisch, sexistisch und menschenverachtend. Mit jedem Gespräch, jeder Debatte lassen wir es zu, dass genau dieser Hass einen Raum findet. Menschen leiden unter ihren Ansichten oder werden konkret in ihrem Leben bedroht. Wir lassen es zu, dass der Hass offen ausgesprochen werden kann. Dies gilt ganz besonders für Auftritte von Rechtsextremen in den Medien. In der Vergangenheit hat sich in einigen Fällen gezeigt, dass Journalist:innen rechtsextreme Parolen in Interviews nicht eingeordnet haben und den extremistischen Akteur:innen nicht ausreichend widersprochen wurde.
Rechtsextreme sind nicht an einer fairen Debatte interessiert
Jenseits der Ideologie ist es aber auch kaum möglich, überhaupt eine fruchtbare Debatte mit Rechtsextremen zu führen. Gespräche mit Rechtsextremen können gar nicht fair sein, denn Extremist:innen haben kein Interesse daran, an einer Debattenkultur mitzuwirken, die die Demokratie stützt. Im Gegenteil, sie arbeiten darauf hin, die Demokratie abzuschaffen und durch ein autoritäres System zu ersetzen. Offener und ehrlicher Meinungsaustausch ist ein Werkzeug der Demokratie, aber nicht von Autokraten und Diktatoren. Deswegen arbeiten sie mit Tricks. Von Rechtsextremen werden Fakten, die eine andere Meinung untermauern, als bloße Ansicht eingestuft. Sie selbst greifen dann gerne auf sogenannte „alternative Fakten“ zurück, Gespräche mit Rechtsextremen sind geprägt von Fake News. Ein Ziel von Extremist:innen ist es nämlich, Chaos zu säen um die bestehende Ordnung zu destabilisieren. Gespräche mit Rechtsextremen sind zudem sehr stark emotional geprägt. Dabei werden bewusst Emotionen in den Fokus gestellt, vorwiegend Ängste angesprochen, um eine emotionale Reaktion zu provozieren.
Rechtsextreme spielen nicht nach den Spielregeln der Demokratie, sondern untergraben sie. Das gilt auch für die Meinungsfreiheit: Sie erwarten von der Gesellschaft, dass ihre Überzeugung akzeptiert wird und dass Demokrat:innen sie ihre Auffassung ausleben lassen. Aber auf der anderen Seite nehmen Rechtsextreme keine anderen, gegensätzlichen Positionen an. Sie lassen sich nicht auf Argumente ein, weil sie ihre Position als die einzig richtige sehen. Und ein Gespräch kann nicht auf Augenhöhe geführt werden, wenn gegenteilige Einstellungen nicht akzeptiert werden. Für sinnvolle Debatten gilt, dass beide Seiten wenigstens grundlegende Regeln des Zusammenlebens und der Gesprächsführung anerkennen müssen. Da Rechtsextreme aber das Grundgesetz ablehnen, wird es sehr schwer bis unmöglich, eine gemeinsame Basis für ein Gespräch zu finden.
Die Frage, ob wir mit Rechtsextremen reden sollten, ist sehr komplex. Schließlich geht es um viel mehr als nur persönliche Differenzen. Rechtsextreme lehnen unsere demokratischen Werte ab. Wir müssen also die Bedrohung, die von ihnen ausgeht, ernst nehmen. Es ist aber auch wichtig, nicht von Anfang an zu pauschalisieren. Es gibt durchaus Menschen, die rechtsextreme Parteien aus Protest wählen. Wenn wir mit diesen Menschen nicht reden, ist die Gefahr groß, dass sie vollkommen in die Ideologie der Rechtsextremen gezogen werden und wir sie verlieren.