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DebatteVerhindert digitaler Kontakt die totale soziale Isolation?

Von Madlen Schäfer / 26. Februar 2021
picture alliance / dpa Themendienst | Christin Klose

In der Corona-Pandemie sind Kontakte zu anderen Menschen so beschränkt wie noch nie. Einige Personen müssen zum Schutz ihrer Gesundheit komplett auf physische Begegnungen mit anderen verzichten. Kann an dieser Stelle die Kommunikation via Smartphone, Tablet oder PC ein Ausweg aus der damit verbundenen Einsamkeit sein?

In einer Welt voller Optionen sind Treffen mit Familie und Freunden, Restaurantbesuche, Sport und andere Freizeitaktivitäten plötzlich nicht mehr oder nicht mehr in gekannter Weise möglich. Das veränderte nicht nur die Dynamiken des bisherigen gesellschaftlichen Lebens, sondern auch die Empfindungen der Menschen. In einer YouGov-Umfrage unter Deutschen aus dem Oktober 2020 gaben mehr als die Hälfte, nämlich 53 Prozent, der 18- bis 24-Jährigen an, sich in den Monaten zuvor, also einer Zeit ohne Lockdown, „oft oder sehr oft“ einsam gefühlt zu haben. Unter den Befragten, die 55 Jahre oder älter waren, gaben derweil nur 16 Prozent an, „Einsamkeit zu verspüren“.

Eine Initiative der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) und des Verbunds universitärer Ausbildungsgänge für Psychotherapie (unith) riet unterdessen, in der Corona-Pandemie aus räumlicher keine emotionale Distanz werden zu lassen und auch auf möglicherweise ungewohnten Wegen den Kontakt mit anderen Menschen zu halten. So böten digitale Medien die Chance, sich via Fotos, Sprachnachrichten und Videos auszutauschen und sich gegenseitig auf dem Laufenden zu halten.

Für viele ist das nichts Neues. In Deutschland kommunizieren die meisten BürgerInnen mutmaßlich insbesondere über das Smartphone miteinander. Aus einer aktuellen Berechnung des Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) geht hervor, dass inzwischen 56 Millionen Deutsche ein Smartphone nutzen. Das entspricht 79 Prozent aller Deutschen. In einer weiteren Befragung gaben 82 Prozent der Teilnehmenden zu, dass ihnen ihr Mobiltelefon zudem dabei geholfen habe, besser durch die Krise zu kommen.

Untersuchungen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 zeigen, dass neben Tabak- und Alkoholkonsum der Medienkonsum schon damals um 70 Prozent gestiegen ist. „Die Menschen hatten während des Lockdowns einfach mehr Zeit dafür. Außerdem half ihnen der Medienkonsum über Ängste, Verunsicherungen und das Gefühl der Einsamkeit hinweg“, sagt der Nürnberger Professor Thomas Hillemacher, Leiter der zentralen Studie.

Auch Ältere an die Digitalisierung heranführen

Im Sommer 2020 gaben immerhin 14 Prozent der vom Deutschen Zentrum für Altersfragen (DZA) befragten Personen im Alter von 46 bis 90 Jahren an, auch sie seien „sehr einsam“. Ein Wert anderthalbmal so hoch wie in vorherigen Jahren.

Nun gehören Ältere tendenziell zu jenen Menschen, die bislang vergleichsweise wenig digital kommuniziert haben. Eine Seniorenstudie aus Österreich hält jedoch fest, dass gerade ältere Personen die Angebote digitaler Kommunikation als Ausgleich zu den Einschränkungen durch die Corona-Maßnahmen als wertvoll erlebt hätten. Zum gleichen Ergebnis kommt Georg Jahn, Professor für Gerontopsychologie und Kognition an der Technischen Universität Chemnitz, und ergänzt: „Zu diesen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten über Smartphones zählen soziale Netzwerke wie Facebook, Messaging-Dienste wie Whatsapp und Videotelefonie.“

Roswitha Uhde hilft Senioren dabei, zugrundeliegende Techniken hinter Smartphone oder Tablet durch Trainings zu erlernen. Oftmals könnten Kinder oder Enkel nicht genügend Geduld aufbringen, älteren Jahrgängen die digitalen Funktionen zu erklären. Die 72 Jahre alte Dame weiß, wovon sie spricht. Sie selbst ist als Admin der Facebook-Gruppe Raus aus der Einsamkeit mit Computer, Smartphone & Internet-Hilfe-Gruppe aktiv. Digitale Kommunikation könne gegen Einsamkeit helfen, ist sich die Berlinerin sicher. „Die Augen leuchten, wenn jemand das erste Mal ein Foto mit dem Smartphone an den Enkel versendet hat. Solche Geschichten machen mich glücklich”, erzählt sie. Die Corona-Zeit habe ihr noch einmal die Notwendigkeit verdeutlicht, ältere Menschen an die Digitalisierung heranzuführen.

„Viele ältere Menschen, die sich zuvor nie einsam gefühlt haben, konnten auf einmal nicht mehr zum Sport, ins Theater oder auf Reisen… und haben sich auf einmal einsam gefühlt”, bestätigt auch Dagmar Hirche, Vorstandsvorsitzende des 2007 gegründeten Hamburger Vereins Wege aus der Einsamkeit, mit Blick auf Corona. Vor der Pandemie hat der Verein Freizeitaktivitäten für Ältere angeboten. Mittlerweile wurde das Konzept umgestellt: In Zoom-Meetings können sich Senioren aus ganz Deutschland regelmäßig zu Sitz-Tanz, Yoga, Lesungen, Schreibwerkstätten und Konzerten digital treffen. Die Nachfrage ist da. „Viele sagen, wenn sie das nicht gehabt hätten, wären sie in eine Depression gefallen”, berichtet Hirche. Wie viele Menschen seit Corona mit Depressionen zu kämpfen haben, ist schwer festzustellen. Außer Frage steht für Hirche dagegen, dass vielen Menschen, die auch gern mithilfe digitaler Technologien ihre sozialen Kontakte aufrechterhalten wollen, genau das verwehrt bleibt, etwa weil sie keinen WLAN-Zugang haben. Höchstens ein Impfangebot.



3 Antworten auf „Verhindert digitaler Kontakt die totale soziale Isolation?“

  1. Von Christine Haider am 4. März 2021

    Leider verweigern sich viele ältere Menschen dem digitalen Zugang. „Kann ich nicht, will ich nicht, habe Angst davor, muss ich wieder was Neues lernen“. Aber gerade darum geht es, fit zu bleiben an Körper und Geist, da ist auch ein Umdenken der älteren Menschen erforderlich und sie tun sich dabei etwas Gutes denn durch Vernetzung können sie wieder neue Kontakte knüpfen und der Vereinsamung entgegenwirken.
    Aber hoffentlich ändert sich das jetzt zunehmend, denn das ist derzeit die einzige Möglichkeit in Kontakt zu bleiben.
    Ich schicke meinen Teilnehmerinnen (Gehirnfitness-Training mit Bewegung) nun videos die sich ansehen können und damit trainieren können und das wird gut angenommen.

  2. Von Sieglinde Kurth am 24. März 2021

    Das kann ich von mir nicht behaupten ! Ich arbeite noch ehrenamtlich fuer den Nachbarschaftsverein Steglitz Zehlendorf und bin gerade auf der Suche nach zwei Einzimmer wohnungen und Beschaeftigung fuer 2 meiner Schuetzlinge in Berlin.
    Vielleicht kann mir Jemand helfen ?
    Lieben Gruss
    Sieglinde Kurth

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