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republica: Irgendwas mit Internet

Von Katharin Tai / 14. Mai 2015
picture alliance / dpa | Britta Pedersen

Anfang Mai fand die Internetkonferenz republica in Berlin statt. Wie jedes Jahr standen Themen wie Überwachung und Urheberrecht auf dem Programm. Aber auch das Selbstverständnis der Konferenz wurde diskutiert.

Vor mehr als einer Woche endete die republica in Berlin, eine jährliche dreitägige Konferenz zu allem, was mit dem Internet zu tun hat – und eine Konferenz, die „für die digitale Gesellschaft“ bestimmt ist, wie Geschäftsführer Andreas Gebhard sagt. Der Name ist an den lateinischen Begriff res publica angelehnt, die öffentliche Sache oder Angelegenheit. Was könnte öffentlicher sein als das Internet?

Ins Leben gerufen wurde die Konferenz 2007 unter dem Motto „Leben im Netz“. Sie sollte sich vor allem mit dem Konzept der „kritischen Masse“ beschäftigen. Mit 700 Besuchern war das Ereignis überschaubar und wird von vielen rückblickend als eine Art Klassentreffen beschrieben – es kamen Blogger und Twitterer, die sich größtenteils schon aus dem Netz kannten. Acht Jahre später sieht das deutlich anders aus: Mehr als 6.000 Besucher, 850 Sprecher und 500 Stunden Programm.

Derartige Veränderungen werfen natürlich Fragen nach der Natur der republica auf. Ist sie immer noch das „Familientreffen“, als das sie lange wahrgenommen worden ist, oder doch eher eine kommerzielle Konferenz? Für Geschäftsführer Andreas Gebhard hat jeder, der auf die republica kommt, eine Art Geschäft – Journalisten, Blogger, Interessierte. Der Blogger und Podcaster Caspar Clemens Mierau hatte vor der diesjährigen republica in einem Blogpost die Frage nach dem Selbstverständnis der Konferenz gestellt. In einer Antwortmail der republica-Veranstalter fiel der Begriff „Business Festival“.

Suche nach dem Selbstverständnis

Für Mierau bestätigte sich der Eindruck der Uneindeutigkeit auf der Konferenz: „Das Budget der republica ist enorm, alles ist wirklich hochprofessionell. Viele sind hin- und hergerissen zwischen dieser Professionalität und der Bloggerkonferenz, die die republica immer noch sein soll.“

Er stört sich vor allem an der Unklarheit von Aussagen wie Gebhards „Konferenz für die digitale Gesellschaft“. Eine deutlichere Positionierung könnte seiner Meinung nach einige Missverständnisse ausräumen. „Dann erwarten die Besucher kein selbstgemachtes Familientreffen und finden stattdessen eine Plattform vor, auf der auch Besucher aus der Wirtschaft eine starke Stimme bekommen.„

Gebhard wehrt sich gegen eine feste Definition des Zielpublikums. Er versteht die Veranstaltung vor allem als Plattform und als Abbild des digitalen Zeitgeistes. „Dass Google oder Netflix eine große Rolle im Netzalltag spielen, mag nicht allen gefallen“, so Gebhard. „Die Stimmen von den CEOs und Sicherheitsschefs dieser Firmen sind aber dennoch wichtig, wenn man über Stand und Zukunft einer sich digitalisierenden Gesellschaft spricht.“

„Unüberschaubares Programm“

Dieser Ansatz spiegelt sich im Programm der republica 2015 wider. Einerseits kamen Persönlichkeiten wie der Science Fiction-Autor Cory Doctorow, die Europaabgeordnete der Piratenpartei Julia Reda oder der amerikanische Germanistikprofessor Eric Jarosinski zu Wort, der besser als seine nihilistische Twitterpersona NeinQuarterly bekannt ist. Andererseits kamen auf Panels zur Situation politischer Blogger in Kenia, Geek-Kultur in China oder Social Media in Saudi-Arabien auch Stimmen und Themen zur Sprache, die sonst wenig diskutiert werden.

Leonhard Dobusch (Foto: Dominik Landwehr)
Leonhard Dobusch (Foto: Dominik Landwehr)

„Das Programm ist nahezu unüberschaubar“, sagte der Berliner Professor für Organisationstheorie Leonhard Dobusch auf der Konferenz. „Da wäre es schon fast anmaßend, sich ein Urteil über das Programm als Ganzes zu erlauben.“ In seinem Talk widmete Dobusch sich zusammen mit Markus Beckedahl, einem Mitveranstalter der republica, nicht der Frage nach der Identität der Konferenz, sondern ihren Inhalten – dem Status Quo der deutschen Netzgemeinde. Auch 2015 sprach man auf der republica über die Vorratsdatenspeicherung, die Zukunft des Journalismus und eine Reform des Urheberrechts. Manche redeten von Frustration, andere von Aufbruchstimmung, doch Dobusch würde sich lieber auf eine andere Botschaft konzentrieren: Ausdauer lohnt sich.

„Ich glaube wirklich, dass sich in allen Themenfeldern etwas Gutes getan hat“, erklärte er, „und sei es nur der minimale Punkt, dass die Debatte jetzt gesellschaftsweit stattfindet. Die SPD beschäftigt sich in ihren Ortsvereinen mit Netzpolitik und jeder weiß, wovon ich rede, wenn es um Netzneutralität oder das Handelsabkommen TTIP geht.“

Alte Themen mit mehr Leuten diskutieren

Ständig negative Nachrichten zu verbreiten hält er für kontraproduktiv. Wie solle man so Menschen motivieren? „Vielleicht diskutieren wir immer noch die gleichen Themen wie vor zwei Jahren, aber zumindest reden mehr Leute mit als vorher“, so Dobusch. Man brauche sich nur einmal die Frage zu stellen, wie viele Leute sich seit den Snowden-Enthüllungen vor fast zwei Jahren Gedanken über die Verschlüsselung ihrer Emails machten. „Vorher war das eine Sache, die im gesellschaftlichen Diskurs vor allem für Computercracks und Aluhüte, die an Verschwörunsgstheorien glauben, reserviert war.“

Sowohl Dobusch als auch republica-Geschäftsführer Gebhard sehen allerdings noch einen anderen positiven Wandel, zu dem die republica maßgeblich beiträgt: Diversität. Gebhard verweist stolz auf die mehr als 40 Prozent Sprecherinnen und Besucherinnen der diesjährigen Konferenz. Dobusch ist überzeugt, dass nicht nur die Inhalte der netzpolitischen Debatte wichtig sind, sondern auch, wer sie diskutiert. „Die Stärke der republica liegt in ihrer bunten Mischung aus Besuchern und Sprechern, die Leute aus den verschiedensten sozialen Kreisen zusammenbringt und so ein Potenzial für neue Treffen und Zusammenarbeit birgt.“ Vielleicht, so Dobusch, liegen die Impulse also nicht in den einzelnen Vorträgen, sondern in der Diversität des Programms.

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