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Shareconomy – Teilen statt Besitzen

Von Maria Fiedler / 19. Dezember 2013

Ein positiver Trend: Denn mit Hilfe der neuen „Shareconomy“ können wir endlich lernen, uns von unserem Besitzdenken zu lösen. Wir verschwenden andauernd: Sei es der abgelaufene Jogurt in der hintersten Kühlschrankecke, der in den Müll wandert. Der Akkuschrauber, den wir nur zwei Mal im Jahr aus der Werkzeugkiste holen. Oder die Klamotten, die uns plötzlich […]

Ein positiver Trend: Denn mit Hilfe der neuen „Shareconomy“ können wir endlich lernen, uns von unserem Besitzdenken zu lösen.

Wir verschwenden andauernd: Sei es der abgelaufene Jogurt in der hintersten Kühlschrankecke, der in den Müll wandert. Der Akkuschrauber, den wir nur zwei Mal im Jahr aus der Werkzeugkiste holen. Oder die Klamotten, die uns plötzlich nicht mehr gefallen. Doch all diese Dinge müssten wir nicht besitzen: Wir können sie verschenken, ausleihen und eintauschen, ganz einfach, mit Hilfe des Internets.

Das ist der Gedanke der „Shareconomy“ – ein Begriff, der derzeit in aller Munde ist und sogar zum diesjährigen Leitmotto der IT-Messe CeBIT wurde. Teilen statt besitzen ist die Divise – und das ist mittlerweile weit mehr als nur simples Carsharing: Auf foodsharing.de beispielsweise kann man Essen verschenken, das man über hat. Die App „Why Own It“ zeigt an, welcher der Facebook-Freunde ein bestimmtes Produkt zu Hause hat, so dass man es nicht kaufen muss, sondern leihen kann. Und auf zahlreichen Plattformen ist es möglich, Produkte oder Dienstleistungen gegeneinander einzutauschen.

In einer Wegwerfgesellschaft wie unserer kann das nur eine positive Entwicklung sein. Und Teilen ist nicht nur gut für die Umwelt. Es hilft auch, sich vom ewigen Besitzdenken zu lösen, das vor allem auf eines ausgerichtet ist: kaufen, konsumieren, sich etwas leisten können. Warum muss man unbedingt etwas erwerben, damit dann nur unbenutzt in der Ecke steht? Der Gedanke ist im Bezug auf digitale Medien schon länger präsent: Filme online leihen statt kaufen und Musik streamen anstatt die MP3-Datei zu erwerben.

Dass sich diese digitale „Leihen statt Besitzen“-Mentalität nun auch auf materielle Güter ausweitet, ist nur logisch. Und sie wird sogar noch um eine Dimension erweitert: Denn wenn wir uns gegenseitig Dinge leihen, miteinander tauschen oder etwas verschenken, konsumieren wir plötzlich gemeinsam. Auch deshalb wird der neue Trend nun auch „Collaborative Consumption“ genannt.

Kaum aber hat der geteilte Konsum in Deutschland ein wenig an Fahrt aufgenommen, beginnen die ersten zu meckern: Es gehe ja bloß ums Geld. Die Sharing-Plattformen hätten es aufs Verdienen abgesehen, während die Nutzer nur das Sparen im Hinterkopf hätten. Doch wer so argumentiert, hat den Grundgedanken der „Shareconomy“ nicht verstanden.

Natürlich kann jemand Geld sparen, wenn er die Plattform Couchsurfing nutzt und auf Reisen kostenlos auf dem Sofa eines Fremden nächtigt. Selbstverständlich kann man den Gang zum Supermarkt ausfallen lassen, wenn man das Gemüse stattdessen von jemandem aus dem Kiez bekommt, der morgen in den Urlaub fährt und es nicht verkommen lassen will.

Aber anders als der bloße Konsum – für den es unter Umständen nur ein paar anonyme Klicks im Internet braucht – besitzt die „Collaborative Consumption“ auch eine soziale Komponente. Das mag vielleicht nicht für Carsharing-Dienste gelten. Aber wer bei anderen überschüssiges Essen abholt, der kommt zwangsläufig ins Gespräch. Und übernachtet man bei einem Fremden auf der Couch, ist mindestens ein kleiner Plausch mit inbegriffen.

Und noch etwas hat die neue Bewegung, das unsere Gesellschaft ein bisschen besser machen könnte: „Shareconomy“ setzt auf Vertrauen zu Fremden.

Verleihe ich meine Bohrmaschine, gehe ich davon aus, sie heil zurück zu erhalten. Lasse ich jemanden auf meiner Couch übernachten, vertraue ich darauf, dass er mich nicht ausraubt. Und selbst bei den Carsharing-Diensten ist der Grundgedanke, dass der Vorgänger das Auto ordentlich für den nächsten hinterlässt. Das steht auch der „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“-Mentalität entgegen, bei der nur der eigene Besitz gepflegt wird.

Wahrscheinlich ist es naiv, zu glauben, dass die „Shareconomy“ unsere heutige Konsumwelt ablösen kann. Doch selbst, wenn wir nur ab und zu gemeinschaftlich konsumieren, ist das ein Erfolg. Denn: Wer nur auf sich selbst achtet und Besitztümer hortet, richtet sich ein in einem Kokon – und wird irgendwann einsam.
 

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