Sicher – sicherer – am versichertsten
“Safety first“ lautet die Devise für viele Menschen, besonders für die älteren Jahrgänge. Und das bedeutet in Deutschland vor allem, für ein engmaschiges Versicherungsnetz zu sorgen. Die Jüngeren ziehen nach, wenn das Einkommen stimmt.
Sich in allem sicher sein wollen – das scheint eine sehr deutsche Eigenschaft zu sein. Dem Klischee nach. Im Urlaub das Handtuch bereits in den frühen Morgenstunden auf die Liege legen, um sich einen (guten) Platz zu sichern; bereits vor Ladenöffnung vor Ort sein, um als Erster reinzukommen und die besten Schnäppchen abzugreifen. Eigentlich kein Wunder, alle Menschen sehnen sich nach ein bisschen Sicherheit im Leben. Die Deutschen mehr, andere weniger. Was uns eint: Wir durchdenken möglichst viele Szenarien, die eintreffen könnten, bereits im Vorhinein, um auf alles so gut wie möglich vorbereitet und auch im schlimmsten Fall abgesichert zu sein. Wir spannen ein Netz, das uns auffangen soll, angesichts der täglichen Risiken und Unwägbarkeiten.
Versicherungsausgaben um die Hälfte gestiegen
Aber nicht nur im konkreten Alltag, im Hier und Jetzt, sind unsere Entscheidungen von dem Wunsch geleitet, möglichst wenige Risiken einzugehen. Von ihnen ausgegangen wird trotzdem. Man will hierzulande auf das Worst-Case-Szenario vorbereitet sein: Im Jahr 2019 haben Privathaushalte in Deutschland laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) im Durchschnittknapp 1.500 Euro für Versicherungen ausgegeben. Zehn Jahre zuvor waren es noch 1.020 Euro.
Dabei kann man sich nicht alle Versicherungen aussuchen. Krankenversichert muss in Deutschland jede:r sein. So verlangt es das Gesetz. Alle, die weniger als 64.350 Euro brutto, also monatlich ca. 5.360 Euro ohne Abzüge, verdienen, haben das Recht auf eine gesetzliche Krankenversicherung. Wem in dieser Gehaltskategorie eine private Versicherung lieber ist, kann sich auch dort versichern – und einige Vorteile genießen.
Doch damit geben sich die fleißigen Deutschen natürlich noch nicht zufrieden. Eine weitere verpflichtende Versicherung, die jede:r nachweisen muss, ist die Haftpflichtversicherung. Auch für Auto, Mofa oder Traktor. Stand 2021 gibt es in Deutschland knapp 124,3 Millionen abgeschlossene Verträge zur sogenannten Kraftfahrtversicherung. Im Jahr 2019 zahlten die Haushalte in Deutschland durchschnittlich 492 Euro. Einfach drauf los fahren ist also eher nicht.
Ein deutsches Sicherheitsbedürfnis?
Nicht zuletzt das Thema Lebensversicherung spielt in Deutschland eine große Rolle: Allein 81 Unternehmen gibt es hier, die mit Lebensversicherungsverträgen aufwarten. Das größte Unternehmen im Geschäft mit Lebensversicherungen ist die Allianz Leben.
Im Jahr 2019 haben, Achtung, Zahlenwirrwarr: Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 1.300 Euro durchschnittlich knapp 360 Euro für Versicherungen ausgegeben, Haushalte mit höherem Einkommen von 2.600 bis 3.600 Euro viermal so viel (ca. 1.320 Euro). In diesen Angaben sind freiwillige Zusatzbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie kapitalbildende Lebensversicherungen und private Rentenversicherungen, Hausrats- und Berufsunfähigkeitsversicherung nicht enthalten.
Aber warum ist vielen Deutschen so dermaßen wichtig, neben den gesetzlich verpflichtenden auch zahlreiche andere Versicherungen abzuschließen?
Ein Gefühl von Sicherheit kaufen
Wer Geld hat, gibt es aus, klar. Warum sich aber die Bereitschaft erhöht hat, mehr Geld ausgerechnet für Versicherungen auszugeben als noch vor zehn Jahren, ist bisher nicht wissenschaftlich geklärt. Das Agitano -Wirtschaftsforum Mittelstand hat allerdings fünf Gründe ausgemacht, warum sich Deutsche hauptsächlich versichern lassen. Erstens, um Hab und Gut zu schützen; zweitens, um sich gegen finanzielle Not abzusichern; drittens, für die Familie; viertens, für den Urlaub und fünftens, um Vorsorge zu treffen. Viel hat sich in den letzten Jahrzehnten daran nicht geändert. Geändert haben sich hingegen die Kosten für Familienunterhalt, Mieten und Teilnahme am öffentlichen Leben. Alles ist teurer geworden.
Besagtes Hab und Gut, das man schützen will, bringt ohne eine Versicherung das Risiko mit sich, alles zu verlieren. Genau wie im Urlaub von Betrug, Raub oder anderen Überraschungen herausgefordert zu werden. Derlei Dinge möchte man nicht erleben. Aber für den Fall der Fälle vorbereitet sein. Daher ist nicht ganz unverständlich, dass bei steigenden Preisen auch die Bereitschaft höher ist, das ausgegebene Geld abzusichern, wenn man es sich leisten kann – man kauft sich ein Stück Sicherheit.
Dass die Deutschen relativ mehr Geld für Versicherungen ausgeben liegt wohl auch daran, dass ihr durchschnittliches Einkommen gestiegen ist. Hier sprechen die Zahlen eine eindeutige Sprache: 1998 belief sich das durchschnittliche Haushaltseinkommen auf 2.615 Euro, 2018 auf 3.661 Euro, das bedeutet eine Steigerung binnen 20 Jahren um etwas mehr als 1.000 Euro.
Vorsorge kann einen zwar nicht vor Schicksalsschlägen schützen, dafür aber helfen, den freien Fall, der damit oft einhergeht, zumindest abzufedern.
Sehr guter und wichtiger Artikel. Ich persönlich habe, aufgrund der Tatsache, dass ich kürzlich umgezogen bin, auch Mal mit dem Gedanken gespielt, mir eine Hausratversicherung zuzulegen. Hab’s aber im Endeffekt nicht gemacht. 😅
Grundsätzlich soll jeder so viele Versicherungen haben, wie er möchte, man sollte nur den Überblick nicht verlieren. 👍
Grundsätzlich sollte man nur die Versicherungen haben, die man braucht und sich leisten kann. Keine Hausrat-Versicherung zu haben ist schon ein stolz eingegangenes Risiko, finde ich. Überlege dir das nochmal! In einigen Fällen sind Hausrat und Haftpflicht auch ein Muss!