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Unser Essen ist zu billig!

Von Sagwas-Redaktion / 10. Oktober 2011
picture alliance / dpa | privat

Seit Jahren macht sich in Politik und Gesellschaft eine erhöhte Sensibilität für die Herkunft unseres Essens bemerkbar. Wir wollen wissen, woher das Fleisch kommt, was in Lebensmitteln steckt, ob Hühner Freilauf haben. Aber wo geht das Essen eigentlich hin? Nur die Hälfte unserer Lebensmittel wird tatsächlich verzehrt, die andere landet im Müll. Valentin Thurn, Regisseur, […]

Seit Jahren macht sich in Politik und Gesellschaft eine erhöhte Sensibilität für die Herkunft unseres Essens bemerkbar. Wir wollen wissen, woher das Fleisch kommt, was in Lebensmitteln steckt, ob Hühner Freilauf haben. Aber wo geht das Essen eigentlich hin?

Nur die Hälfte unserer Lebensmittel wird tatsächlich verzehrt, die andere landet im Müll. Valentin Thurn, Regisseur, Journalist und Buchautor, hat sich diesem Thema angenommen. In seinem Film Taste the Waste zeigt er auf, in welchen Massen Lebensmittel, die noch problemlos und unbedenklich essbar wären, im Müll landen. Er fand heraus, dass jährlich bis zu 15 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeschmissen werden – und das allein in Deutschland. Das sind 500.000 bis an den Rand beladene LKW. In einer Reihe würden sie von Berlin bis nach Peking reichen.

In dem Buch Die Essensvernichter vertieft Valentin Thurn gemeinsam mit Stefan Kreutzberger die Welt der Zahlen, Daten und Fakten zu diesem Thema. Selten passt das Wort Dekadenz so sehr zu der Beschreibung des Zustands, in dem wir leben.

Während in weiten Teilen der Welt die Menschen ums Überleben kämpfen und sich in Deutschland immer mehr Menschen von den vom Verein Die Tafel gesammelten Nahrungsmitteln ernähren müssen, schmeißen wir zu krumme Möhren, zu lange Gurken und zu blasse Tomaten direkt in den Müll. Weil wir ein Mindesthaltbarkeitsdatum auf den Verpackungen von Lebensmitteln für das Verfallsdatum halten, schmeißen wir wahllos alles unnötig weg und wollen immer mehr zu immer niedrigeren Preisen.

Da wir Essen nicht mehr wirklich zu schätzen wissen, lautet Valenthin Thurns These auf sagwas.net: Unsere Lebensmittel sind zu billig!

Hat er Recht?

F A Z I T  der Debatte (redaktionell)

Unser Essen ist zu billig, soll aber nicht teurer werden.

Das ist das etwas widersprüchliche Ergebnis zu der von Valentin Thurn angestoßenen Debatte. Generell sollten wir unsere Nahrungsmittel mehr wertschätzen und auch wissen, was dahinter steckt,  zum Beispiel bei der Herstellung eines Brathähnchens.

Umso anonymer die Herstellung und Herkunft sind, desto eher sind wir bereit, noch essbare Lebensmittel wegzuwerfen: Und das sind laut wissenschaftlicher Hochrechnungen, die der Filmemacher Valentin Thurn in Auftrag gegeben hat, 15 Millionen Tonnen Lebensmittel im Jahr! Doch würden wir die Preise erhöhen, so die Meinungen unserer Kommentierer, würden darunter vor allen Dingen sozial schlechter gestellte Menschen wie etwa Hartz VI-Empfänger leiden. Die Schere zwischen Arm und Reich könnte man dann schon auf dem Teller sehen. Mindestlohn wurde als möglicher Ausweg vorgeschlagen. Radikaler war es da schon, auf die nächste Epidemie Vogel- oder Schweinegrippe zu setzen, und zu hoffen, dass mit einer größeren Katastrophe auch das Umdenken bei uns Menschen einsetzt.

12 Antworten auf „Unser Essen ist zu billig!“

  1. Von bensch am 11. Oktober 2011

    Grundsätzlich stimme ich Valenthin Thurns These zu. Auf der anderen Seite sollte aber auch an die Teile innerhalb der Gesellschaft (in Deutschland) gedacht werden, die weit unterhalb der Armutsgrenze leben, welche vielleicht bereit wäre für Lebensmitel mehr zu bezahlen, sich dies aber nicht leisten können!

  2. Von Lotte Stein am 11. Oktober 2011

    Ich finde,Thurn hat Recht. Was nichts kostest, ist nichts wert – so ist doch oft das Preis-Signal. Die teureren Bio-Produkte – da ist man doch auch hinterher, dass diese entsprechend „geehrt“ und entsprechend verzehrt werden. Ich denke, hier ist auch entscheidend, dass man gerade bei den Bio-Produkten weiß, aus welcher Region sie stammen, so eine Art Anbindung existiert und daher der Respekt größer ist. Die Billigjogurts aus´m Aldi – was gehn die mich denn an? Und weg damit! Schön Krass die Zahlen, die hier genannt werden!!

  3. Von Antonia R. am 12. Oktober 2011

    Prima Idee! Teurere Lebensmittel damit der Handel mehr verdient. Der Hartz IV Empfänger kann sich ja auch von Tütensuppen und Tiefkühlpizza ernähren. Dann geht die Schere zwischen Arm und Reich ja noch weiter auf: Dann kann man das Einkommen schon am Teller ablesen. Das gibt nur sozialen Unfrieden!

  4. Von manao1955 am 12. Oktober 2011

    Nein das Essen ist nicht zu billig. Man kann in Deutschland billig und teuer einkaufen, im Rewe ist es doppelt so teuer wie im Aldi. Und es gibt auch Läden wo es teurer ist als Rewe. Allerdings lernen und lernten wir nie den Wert von Lebensmitteln zu schätzen. Viele kennen schon die verschiedenen Gemüsesorten nicht mehr und wenn 3 Liter Milch soviel kosten wie von ein Liter Benzin, dann ist das seltsam. Aber in eiinem globalen Markt ist das so, aber leider ist die Idee vom globalen Mark falsch. Die Schwächen sind die Verlierer und die können sich nicht schützen.

  5. Von Charly am 13. Oktober 2011

    Valentin Thurn saß ja am Sonntag bei Jauch. Die Zahlen aus seinem Film sind erschreckend. Aber der Vertreter vom Handel sagte bei Jauch, dass die Zahlen so gar nicht stimmen und wir doch wesentlich weniger wegwerfen. Weil kein Händler gerne seine Ware, die er ja bezahlt hat, wegwirft. Was stimmt den nun? Alles wieder nur ’ne von den Medien aufgeblähten Welle?

    http://mediathek.daserste.de/suche/8430830_essen-f-r-die-tonne—wie-stoppen-wir-den-wegwerf-w?clipSearchFilter=allClips&s=G%C3%BCnther%20Jauch&datumBis=&sendung=&datumVon=

  6. Von Valentin am 14. Oktober 2011

    Na da wird ja jetzt quasi meine Integrität als Journalist angezweifelt, da muss ich doch antworten:
    Weil es keine Studien über Lebensmittel-Müll in Deutschland gibt, habe ich die Zahlen von britischen und österreichischen Forschern hochgerechnet. Ich komme auf 10 – 20 Millionen Tonnen im Jahr. Diese Hochrechnung wurde jetzt von der neuesten EU-Studie bestätigt, die für Deutschland von 15 Mio. t im Jahr ausgeht. Für die ganze Europäische Union habe ich rund 90 Millionen Tonnen im Jahr hochgerechnet – die EU schätzte in ihrer neuen Studie dass es 89 Millionen Tonnen sind.
    Valentin Thurn

  7. Von jeschkec am 18. Oktober 2011

    Nein, ich glaube nicht dass Herr Thurn recht hat. Herr Thurn geht davon aus, dass Preise für Waren objektive Maßstäbe für Qualität sind und hat einen gerade zu magischen Glauben daran, dass diese Wirkung auch andersrum funktioniert: Mehr Preis, besseres Gut. Es ist aber so, dass der Preis eines Gutes durch Nachfrage und Angebot festgelegt werden und das die Herstellungskosten eines Gutes bestimmen, ob das Gut überhaupt noch am Markt abgesetzt werden kann (wenn der Kunde für Bananen nur noch 1 Euro bezahlt, die Herstellung aber 1,50 kostet, wird es über kurz oder lang kein Angebot mehr geben).

  8. Von D. Mahler am 18. Oktober 2011

    @Jeschkec: Wenn dem wirklich so wäre, das der Markt den Preis für Lebensmittel bestimmen würde, dann würden wir alle staunen wie teuer unsere Lebensmittel dann würde. Den den freien Markt den gibt es nicht: EU Subventionen steuern doch was zu welchem Preis bei uns in den Handel kommt. Oder glaubst Du wirklich, dass ein Liter angeblich ökologische Milch aus dem Discounter tatsächlich nur 1 Euro und ein bisschen was kostet in der Herstellung? Würden wir das bezahlen, was die Herstellung von Lebensmittel tatsächlich kostet, dann würden wir wahrscheinlich nachdenken bevor wir was wegwerfen!

  9. Von litprom am 18. Oktober 2011

    Billig sind unsere Lebensmittel zwar, aber wichtiger noch: sie sind auch oft nicht einmal schmackhaft und nahrhaft. Am schlimmsten aber ist, dass von Europa aus Nahrungsmittel exportiert werden, mit Subventionen aus unseren Steuern noch und nöcher, was in Afrika, der arabischen Welt die einheimische Nahrungsmittelproduktion kaputtmacht.

  10. Von seklammer am 21. Oktober 2011

    Ich glaube schon, dass unser Essen zu billig ist. Bleiben wir doch mal beim Huhn. Wenn ich ein (mehr oder weniger) komplettes Huhn für unter 5 Euro bekomme, muss ich mich fragen, wie das geht: Brut, Aufzucht, Ernährung, Pflege (hüstel), Schlachtung, Transport, Kühlung… und der Laden will ja auch was verdienen. Dass das Huhn kein besonderes berauschendes Leben hatte, liegt auf der Hand. Aber ich glaube, das Problem setzt höher an. Natürlich sollten Lebensmittel mehr kosten – dann muss sie sich aber auch jeder leisten können. Und damit wären wir bei den Löhnen bzw. beim Mindestlohn.

  11. Von Hamed am 23. Oktober 2011

    Ich weiß nicht, ob Thurn denkt, dass es ausreichend wäre, lediglich die Preise anzuheben. Ich verstehe ihn so, dass es darum geht, dass Essen generell wieder die entsprechende Wertschätzung erhält. Und in einer durch und durch kapitalisierten Welt funktioniert das eben leider vor allem übers Geld. Natürlich müsste man dabei auch daran denken, die Armen „mitzunehmen“. Eine Lösung habe ich nicht. Es kann aber auch nicht sein, dass ich nicht darüber nachdenke, weil andere sonst auf der Strecke blieben. Ja, unser Essen ist zu billig. Jeder Lebensmittelskandal ist ein Beweis dafür!!!

  12. Von Claus K. am 24. Oktober 2011

    Können höhere Preise tatsächlich die Lösung sein? Ich bin mir nicht sicher, ob Geld das Hauptargument ist. Das Umdenken muss doch in erster Linie in unseren Köpfen stattfinden. Wir müssen uns dessen bewusster werden, dass unser Überfluss keine Selbstverständlichkeit ist. BSE, Schweinepest, Vogelgrippe – der ganze Mist hat auch sehr viel mit unserem Überfluss zu tun. Vielleicht brauchen wir einfach eine Epidemie, die härter zuschlägt als die Schweinegrippe, um tatsächlich mal über die Konsequenzen unserer Lebensweise nachzudenken. Dann wäre das mit dem Preis auch egal.

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