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Wie man durch Konfrontation etwas erreicht

Von John Kazadi / 15. November 2023
picture alliance / AFP Creative | GIANLUIGI GUERCIA

Wenn eine Situation außer Kontrolle gerät, ist man manchmal drauf und dran, handgreiflich zu werden. Konfrontation ist aber mehr als das: Es bedeutet, in der Lage zu sein, Gewalt zu absorbieren und Meinungsverschiedenheiten mit friedlichen Mitteln zu lösen.

Der Begriff „Konfrontation“ lässt viele Interpretationen zu. Wusstest du, dass man ihn auch als einen Weg definieren kann, mit dem soziale Beziehungen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden können? Diese positiven, konstruktiven und wirksamen Aspekte der Konfrontation darf man nicht unter den Tisch fallen lassen. Ich definiere Konfrontation daher am liebsten als argumentatives Mittel der Problemlösung – nicht als feindseligen Kommunikationsstil oder aggressive Reaktion auf einen Konflikt oder eine Kontroverse.

Vieles ist eine Frage der Wahrnehmung. Das gilt insbesondere, wenn sich jemand für das Mittel der Konfrontation entscheidet, um ein Problem anzusprechen oder eine persönliche oder gesellschaftliche Frage öffentlich zu thematisieren. Wir alle haben schon einmal jemanden oder etwas konfrontiert. Wie war es bei dir? Was war dein Ansatz? Wie waren die Ergebnisse? Die meisten Menschen denken beim Wort „Konfrontation“ automatisch an einen gewaltvollen Weg der Konfliktlösung – und das ist ein Problem.

Bevor wir über die negativen Seiten reden, noch ein Wort dazu, wie wir Konfrontation richtig anwenden – und zwar nicht nur als Wort, sondern als Konzept. Konfrontieren kann man nämlich nicht nur andere Menschen, sondern auch sich selbst. Sich selbst zu konfrontieren, bedeutet für mich zum Beispiel, zu fragen, wie ich auf Probleme reagiere oder wie ich mit Stress und Angst umgehe.

Ich habe selbst erlebt, wie ein falsches Verständnis von Konfrontation zu dauerhaften Konflikten führen kann. Ein Beispiel: Ich bin ein sehr optimistischer Mensch, aber auch ich bin gelegentlich niedergeschlagen. Meine größte Enttäuschung erlebte ich, als ich für ein Stipendium in Deutschland abgelehnt wurde. War es meine Schuld? Ich war so wütend auf mich selbst, dass es mir auf das Selbstwertgefühl schlug. Ich sah mich als Nichtsnutz, der nichts auf die Reihe bringt. Ich verlor an vielen Dingen das Interesse. Nach zwei Monaten, in denen ich sehr hart mit mir umgegangen war, wurde mir aber wieder bewusst, dass ich mehr bin als das, was ich verloren habe. Es gibt noch vieles, das auf mich wartet. Da kann ich doch wenigstens positiv bleiben und versuchen, mich weiterzuentwickeln.

Die Macht des offenen Wortes

Die meisten Konflikte entstehen durch Missverständnisse, gewaltvolle Sprache und ungerechte Behandlung. Sie entstehen zum Beispiel, wenn einigen Menschen der Zugang zu Dingen oder Diensten verwehrt wird und anderen nicht. Wenn dann jemand Gewalt anwendet, um die Dinge zu konfrontieren, hängt es von den angegriffenen Parteien ab, wie die Reaktion ausfällt. Manche begegnen Gewalt mit Gewalt. Dadurch eskaliert der Konflikt, und die Räume für Lösungen werden kleiner. Die Herausforderung ist also, „Konfrontation“ als friedliches und ehrliches Gespräch zu verstehen. Meiner Erfahrung nach ist überall da, wo ein Missstand oder eine Person ehrlich und gewaltfrei konfrontiert wird, das Ergebnis immer eins, von dem beide Seiten profitieren.

Das World Food Programme (WFP) unterstützt zum Beispiel Geflüchtete im Lager Dzaleka in Malawi. Aus Geldmangel wurde entschieden, einige Haushalte aus der Datenbank der Empfänger_innen zu streichen. Eine Studie hatte ergeben, dass einige Geflüchtete gut ohne Unterstützung zurechtkommen könnten, während andere vulnerabler sind. Unter den Haushalten, die nichts mehr bekamen, waren aber noch viele Geflüchtete, die sozial benachteiligt waren. Möglicherweise beruhte die Analyse auf einer fehlerhaften Erhebung. Was auch immer der Grund war: Die Geflüchteten im Dzaleka organsierten einen Streik gegen das WFP. Unter anderem wurde ein Fahrzeug blockiert. Nach mehreren Wochen Stillstand boten schließlich einige NGOs an, zu vermitteln und das WFP konstruktiv auf seine Entscheidung anzusprechen, einzelnen Haushalten die Hilfsleistungen zu streichen. Nach einer weiteren Evaluation entschied das WFP schließlich, einige Familien wieder in das Programm aufzunehmen.

Hier sehen wir, um wie vieles effektiver friedliche Ansätze im Vergleich zu gewalttätiger Interaktion sind. Es ist auch ein perfektes Beispiel dafür, dass wir im Gespräch bleiben müssen. Was hätten die Familien, deren Leistungen gestrichen wurden, denn davon gehabt, wenn weiterhin eine Strategie der Gewalt gegen die Mitarbeitenden des WFP verfolgt worden wäre? Wären sie wieder in das Programm aufgenommen worden, wenn es das Gespräch nicht gegeben hätte? Was wäre im Lager passiert, wenn niemand vermittelt hätte?

Wenn es bei einer Konfrontation nur darum geht, kämpferisch aufzutreten, sinken die Chancen auf eine friedliche Lösung. Ich finde, es ist möglich und manchmal sogar zwingend, dass man eine Person oder ein Problem auch ohne drastische Methoden konfrontieren kann. Wenn Menschen, Gemeinschaften und Staaten ehrlich miteinander sprechen und diskutieren (nennen wir es Diplomatie), um Probleme und Konflikte zu lösen, dann könnten wir auf dieser Welt einfacher über unsere Unterschiede hinwegsehen und uns auf das konzentrieren, was wir gemeinsam haben. Und genau das brauchen wir heutzutage mehr als alles andere.

(Übersetzung von Bianca Walther; hier findet sich das englische Original des Beitrags)

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