ProAutofahren in den Städten ist zu billig
Eine Maut würde den Schäden, die Autos verursachen, einen Preis geben. Und das Autofahren unattraktiver machen.
Für ein Festival in München war eine vierspurige Straße gesperrt. Wir schlenderten zwischen den Buden durch, rechts und links hohe Häuser. Viel Platz, nur Geräusche von Menschen, Musik von den Bühnen, kein Autolärm. Und ich dachte: Wie schön wäre das, wenn hier nie Autos wären! Wenn es mitten in der Stadt so viel Raum gäbe, dass Menschen in Ruhe zusammenkommen, spazieren gehen, Rad- oder Skateboard fahren könnten.
Davon sind wir leider sehr weit entfernt. Aber es könnten immerhin deutlich weniger Autos sein, wenn es mehr kosten würde, mit selbigem in die Stadt zu fahren. Deshalb brauchen wir eine City-Maut, also eine Gebühr, die Auto- und Motorradfahrer zahlen müssen, wenn sie in die Innenstadt wollen.
Denn Abgase verschmutzen die Luft. Parkplätze verbrauchen Flächen, die man anders nutzen könnte. Außerdem ist längst klar: Der immense CO2-Ausstoß schadet dem Klima. Das alles spiegelt sich nicht hinreichend in den Kosten für die Verursacher wider. Eine City-Maut würde helfen, die negativen Auswirkungen des innerstädtischen Verkehrs einzupreisen.
Alternativen wählen
Weniger Menschen würden dann das Auto für ihren Weg in die Stadt nutzen und stattdessen Alternativen wählen, wie die öffentlichen Verkehrsmittel oder das Fahrrad. Durch Bikesharing (oder bald auch E-Scootersharing) kann man zum Beispiel mit der S-Bahn in die Stadt gelangen und von dort weiter mit einem geliehenen Fahrrad (bzw. E-Scooter).
Dass das geht, haben andere Länder gezeigt. In einigen Großstädten wurde die City-Maut längst eingeführt. Mit Erfolg. Laut der OECD nutzen Menschen in Mailand immer häufiger Bikesharing-Angebote, seit es eine City-Maut gibt. Auch London hat seit 2003 ein entsprechendes System. Gemäß der Londoner Verkehrsbehörde ist der Autoverkehr innerhalb der eingepreisten Zone um fast ein Drittel gesunken. Das entspricht 80.000 Autos weniger pro Tag. Die Zahl der Fahrradfahrer sei dafür um zwei Drittel gestiegen.
Eine City-Maut schlägt also zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits suchen Menschen nach Alternativen, eben weil Autofahren teurer wird. Andererseits nutzen sie mit der Zeit auch lieber das Fahrrad oder gehen zu Fuß, weil nun weniger Autos in der Stadt sind.
Klimatechnisch sind diese Vorreiter ebenfalls besser aufgestellt. Laut einer Übersicht der Verkehrsbehörde San Francisco sank der CO2-Ausstoß in London nach Einführung der City-Maut um 16 Prozent, in Stockholm um 14 Prozent. Und einer City-Maut droht nicht das gleiche Schicksal wie der von der CSU geplanten Pkw-Maut, die der Europäische Gerichtshof gekippt hat. Sie würde alle gleich belasten und deutschen Autofahrern nicht über Umwege erstattet werden. Das Problem der Diskriminierung ausländischer Autofahrer gäbe es damit nicht.
Maut – für manche
Immer wieder hört man das Gegenargument, eine Maut belaste ärmere Menschen stärker. Wer wenig Geld habe, könne es sich nicht mehr leisten, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Das muss nicht so sein! Es kommt ganz darauf an, wie das System gestaltet ist. So könnten Menschen mit geringerem Einkommen von der Maut befreit werden. Das ist denkbar. Allerdings muss man über ein bestimmtes Einkommen verfügen, um sich überhaupt ein Auto leisten zu können. Von den Schattenseiten des Autoverkehrs sind am Ende alle betroffen. Die kostenlose Straßennutzung wirkt deshalb wie eine Subventionierung für diejenigen, die sich diesen fahrbaren Untersatz auf Dauer leisten können.
Würden die Einnahmen einer City-Maut in Investitionen zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs fließen, könnten auch diejeniegendiejenigen profitieren, die ohne Auto unterwegs sind.
Tatsächlich brächte die City-Maut sogar Vorteile für diejenigen Autofahrer, die zur Kasse gebeten werden: Wo weniger Menschen mit dem Auto unterwegs sind, gibt es weniger Staus. Und die Menschen, die trotz Maut das Auto nutzen, kommen schneller voran. Wovon auch Busse des öffentlichen Nahverkehrs profitieren: Laut einer Studie des Zentrums für Transportwissenschaften in Stockholm sank die Wartezeit auf den Hauptverkehrsstraßen im Feierabendverkehr um die Hälfte, morgens während der Rush hour um etwa ein Drittel.
Zudem könnte eine gestaffelte City-Maut dazu beitragen, dass mehr Menschen in ein Auto mit niedrigerem CO2-Ausstoß investieren: Für Elektroautos wären geringere Mautgebühren fällig, dagegen aber mehr für sehr große und schwere Autos, die viele Luftschadstoffe verursachen und zudem viel Platz brauchen.
Die Klimakrise erfordert möglichst schnell tiefgreifende Veränderungen. Dabei können wir uns leider nicht nur darauf verlassen, dass viele Menschen freiwillig kleinere Autos kaufen oder von sich aus auf’s Rad umsteigen. Jedes Mittel, dass zum Klimaschutz beitragen kann, ist wichtig. Die City-Maut ist eines davon.