Modell mit Zukunft: Deutsche Startups auf dem Vormarsch
Die Startup-Szene boomt. Der Bundesverband Deutsche Startups e.V. zählt 6.000 junge Unternehmen, Tendenz steigend. Startups könnten allein im kommenden Jahr bis zu 50.0001 neue Arbeitsplätze schaffen.
„Bei einem Start-up ist kein Tag wie der andere“, sagen Anna Alex und Julia Bösch, die Geschäftsführerinnen des Online-Herrenausstatters Outfittery. „Das ist ja das Schöne am Startup.“ Eine Konstante gebe es jedoch im Alltag: Dass etwas Unvorhergesehenes passiere.
Startups sind per Definition Unternehmen, die jünger als zehn Jahre sind, mit ihrer Technologie oder durch ihr Geschäftsmodell hochinnovativ sind und ein signifikantes Mitarbeiter- und Umsatzwachstum anstreben.
Gerade in Deutschland sind Startups immer mehr im Kommen. „Die gute Entwicklung resultiert vor allem daraus, dass wir in den vergangenen Jahren in Deutschland durch Pioniere wie Soundcloud, Lieferheld, Zalando und Rocket Internet Vorbilder hervorgebracht haben, die der jüngeren Gründergeneration gezeigt haben, dass man auch in Deutschland erfolgreich ein Startup gründen kann“, sagt Florian Nöll, Vorsitzender des Bundesverbands Deutsche Startups e.V.
Nische gleich Marktlücke
Outfittery gehört auch zu den Vorreitern. „Ein Freund hat sich in New York für 100 Dollar pro Stunde einen Personal Shopper gegönnt. Normalerweise gibt es für ihn nichts Schlimmeres als Shopping, doch an diesem Tag kam er glücklich und mit vielen schönen Kleidungsstücken zurück“, erzählt Anna Alex von der Gründungsidee.
Die beiden 30-Jährigen wollten dieses Erlebnis für jeden Mann zugänglich und vor allem erschwinglich machen – besonders für diejenigen, die keine Zeit oder Lust zum Einkaufen haben oder etwas Neues ausprobieren wollen. Der Online-Herrenausstatter hat es sich zur Mission gemacht, Männern die Angst vor dem Einkaufstrip zu nehmen. Mit Hilfe eines Fragebogens wird der individuelle Stil des Mannes ermittelt. Dann werden ein bis zwei Outfits zusammengestellt. Ist der Kunde nicht zufrieden, kann er die Ware kostenlos zurückschicken.
Was laut Aussage der beiden Gründerinnen einst von Skeptikern als „Nischenkonzept“ abgestempelt worden war, entpuppte sich bald als eines der erfolgreichsten jungen deutschen Unternehmen. Inzwischen hat Outfittery etwa 200.000 Kunden und liefert in acht Länder.
„Das Geld folgt den Köpfen“
Doch nicht jedes Jungunternehmen kann einen so rasanten Aufstieg verzeichnen. Insbesondere die anfängliche Finanzierung stellt für viele eine echte Herausforderung dar. So sind laut einer Umfrage des Bundesverbands Deutscher Startups Business Angels mit 29,7 Prozent nach Familie und Freunden sowie den eigenen Ersparnissen die wichtigsten Finanzierungsquellen.
Business Angels bezeichnen in der Regel größere Unternehmen, die Startups etwa durch eine offene Beteiligung finanzieren. Sie unterstützen die Startups auch durch Bereitstellung von Kontakten sowie Unternehmer-Know-how. Staatliche Finanzierungsquellen belegen lediglich den vierten Platz bei den Finanzierungsquellen. Noch wichtiger als die Finanzierung seien die Köpfe hinter dem Startup und das Durchhaltevermögen der Gründer, so Nöll. „Das Geld folgt diesen Köpfen.“
Scheitern nicht gesellschaftsfähig
Natürlich führt nicht jede Idee zum Erfolg. Laut dem Deutschen Startup Monitor von 2015 hat jeder dritte Gründer ein vorheriges Unternehmen eingestellt.1 Auch Alex und Bösch kennen diese Sorgen. „Scheitern ist in Deutschland weniger gesellschaftsfähig als etwa in den USA“, sagt Julia Bösch.
„Startups haben es in Deutschland in der Tat nicht immer leicht“, sagt auch Florian Nöll. „Wir beobachten oft den gesetzgeberischen Ehrgeiz, innovative Geschäftsfelder oder Produkte schon zu regeln, bevor diese überhaupt auf dem Markt getestet werden können.“ Diese Einstellung ersticke jegliche Innovation im Keim.
Besonders deutlich zeige sich dies beim Datenschutz. Schon beim Erhebungsvorgang der Daten muss laut Gesetz die konkrete Verwendung der Daten feststehen. „Das macht die kleinste Anpassung des Geschäftsmodells an den Markt unmöglich“, so Nöll. „Außerdem werden die Gründer mit Bürokratie überfordert, etwa bei der Aufrechterhaltung des Tagesbetriebs oder bei der Einstellung ausländischer Mitarbeiter.“
Das Erfolgsgeheimnis
Eine Roadmap zum Erfolg existiert nicht, darüber sind sich Nöll und die beiden Jungunternehmerinnen einig. Einen Rat hat Nöll für angehende Selbstständige aber doch. „Sie sollten möglichst früh anfangen, mit vielen Menschen über ihre Idee zu sprechen“, sagt Nöll. Irgendwann würde man dadurch denjenigen finden, der einem die nötige Unterstützung bieten könne. „Außerdem erhöht die Gründung im Team die Erfolgschancen.“
Anna Alex und Julia Bösch bestätigen: „Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude.“ Grenzenloser Optimismus sei auch unerlässlich für eine Gründung: „Geht nicht, gibt’s nicht“, gilt bei ihnen.
1 Deutscher Startup Monitor 2015, S. 5.