Bitcoins – Eine Frage des Vertrauens
Bitcoins gehören neuerdings zur digitalen Welt wie Facebook oder Twitter. Sie sollen ihre Besitzer vor allem unabhängig von Zentralbanken und Regierungen machen, ein paar Glückliche sind sogar reich geworden. 27 Dollar aus Spaß in die digitale Welt investieren, es vergessen und vier Jahre später ein Vermögen im Gegenwert einer Eigentumswohnung auf dem Desktop entdecken. Geschichten, […]
Bitcoins gehören neuerdings zur digitalen Welt wie Facebook oder Twitter. Sie sollen ihre Besitzer vor allem unabhängig von Zentralbanken und Regierungen machen, ein paar Glückliche sind sogar reich geworden.
27 Dollar aus Spaß in die digitale Welt investieren, es vergessen und vier Jahre später ein Vermögen im Gegenwert einer Eigentumswohnung auf dem Desktop entdecken. Geschichten, wie die des 29-jährigen Norwegers Kristoffer Koch tragen zum aktuellen Hype rund um die Cyberwährung Bitcoin bei.
Unternehmen wie Ebay denken laut über den Einsatz von virtuellen Währungen nach, das Bundesfinanzministerium erkennt Bitcoins rechtlich und steuerlich als Zahlungsmittel an, und in China, so heißt es, sind die Menschen überhaupt schon ganz und gar verrückt nach dem Online-Geld. Dort sollen Bitcoins schon als gute Alternative zum schwächelnden Goldmarkt oder streng reglementierten Immobilienmarkt gelten. „5000 vor Christus: Entdeckung des Feuers, 1700 Erfindung der Elektrizität. 1960 Erfindung von Computern, 2008: Bitcoins“, wirbt etwa die Handelsplattform BTC China für ihr Produkt.
Hat man also eine der größten Erfindungen der Industriegesellschaft verpasst, wenn man noch kein virtuelles Portemonnaie auf seinen Rechner hat? Möglich. Doch bei aller Begeisterung hat der Bitcoin-Traum auch seine Kehrseiten. Für Devisenexperten ist die Bitcoin-Welt ein Eldorado für Spekulanten. Zudem lassen wiederholte Hackerangriffe immer wieder an der Sicherheit des elektronischen Portemonnaies zweifeln.
Dabei sollten Bitcoins gerade eine Antwort auf das von der Krise vertriebene Vertrauen in die Finanzwelt sein. 2008 entwickelte ein IT- und Kryptospezialist namens „Satoshi Nakamoto“ (der Name ist vermutlich ein Pseudonym für einen, möglicherweise auch eine Gruppe von Programmierern) erstmals eine Währung, die von Staaten, Zentralbanken und anderen Finanzinstituten unabhängig war. Komplexe mathematische Formeln schürfen seit 2009 im sogenannten „Mining“-Prozess das Geld, die Geldmenge ist begrenzt und soll so vor Entwertung geschützt sein. Nutzer können die Währung als virtuelles Guthaben erwerben und verwenden, auch ein Umtausch in andere Währungen ist möglich.
Bit oder Papier?
Nun ist Bitcoin bislang zweifelsohne die bekannteste Cyberwährung, aber weder die erste noch die einzige. Und die Idee einer virtuellen Währung, ist die Idee des Geldes an sich. Das Geldsystem beruht darauf, dass die Menschen darauf vertrauen, dass ein Gegenstand ohne besonderen eigenen Wert, wie zum Beispiel bunt bedrucktes Papier, als Tauschmittel anerkannt wird. Das Gegenteil von sogenanntem Fiatgeld ist Warengeld, wie Gold, Silber, Perlen, Tabak. Alle großen Währungen, seien es Euro, Dollar, Yen, Pfund, sind Fiatgeld, sie werden von den Zentralbanken praktisch aus dem Nichts geschaffen.
Die Verwendung des Fiatgeldes hängt seiner Nützlichkeit ab, die sich an drei Funktionen messen lässt: Für die Tauschmittelfunktion muss das Geld allgemein als Zahlungsmittel anerkannt sein, die Sparmittelfunktion ist nur erfüllt, wenn die Inflation gering und das Vertrauen da ist, dass das Geld auch künftig als Tauschmittel dient. Beides ist wiederum abhängig vom der dritten Funktion, dem Vertrauen in die Institution, die das Geld ausgibt.
Wie sieht es hier beim Bitcoin aus? Die Zahl der Nutzer steigt zwar, ist aber immer noch sehr klein. Und angesichts der rasanten Kursentwicklung werden Bitcoins kaum als Zahlungsmittel, sondern eher als Spekulationsobjekt genutzt. Angesichts der starken Kursschwankungen ist es gleichzeitig mit der Sparmittelfunktion und dem Gebrauchswert nicht weit her. Zuletzt hat der Preis des Bitcoins die 1000-Dollar-Marke überwunden – eine enorme Preissteigerung zu den 14 Dollar, die ein Bitcoin Anfang des vergangenen Jahres kostete. In die Zwischenzeit erlitt die Währung aber auch schon Einbrüche um bis 75 Prozent, wie im April diesen Jahres. Wie soll man damit umgehen, dass das Ersparte innerhalb weniger Tage dahin schmelzen kann? Wie kann man so Produkten einen Preis geben?
Interessant ist die Frage des Vertrauens. Viele Nutzer, die den immerhin von Regierungen gedecktem Zentralbankgeld misstrauen, setzen auf eine Währung, die sich Regulierungen bislang weitgehend entzieht und deren Schöpfungs- und Aufbewahrungsprozess nicht besonders transparent ist. Und lagern dort nicht unerhebliche Summen ein. „Web-Geldbörsen sind wie echte Portemonnaies, in denen man Bargeld herumträgt. Sie sind nicht dazu gedacht, große Summen aufzubewahren“, schrieb der Chef der dänischen Zahlungsdienstleisters BIPS (Bitcoin Internet Payment System), Kris Henriksen, einem Tag nach einem Hackerangriff auf seine Plattform. Diese Warnung kam für viele Kunden zu spät.
Trägt die Idee des Bitcoins aufgrund der starken Kursausschläge und der mangelnden Sicherheit ihre Zerstörung schon in sich, wie manche Devisenexperten glauben? Nicht unbedingt. Sicher will niemand auf Dauer eine Währung verwenden, die ständig auf Achterbahnfahrt geht. Die Geschichte des Internets hat jedoch schon andere nicht vorhersehbare Entwicklungen hervorgebracht. So bestimmen Facebook und Twitter die Welt, wie es noch vor weniger als eine Handvoll Jahren undenkbar war. Ob tatsächlich Bitcoins die bestimmende virtuelle Währung werden, oder eine andere Cyberwährung kommt, wird man sehen. Sollte das jedoch tatsächlich die größte Erfindung seit der Elektrizität sein, kann man aber auch abwarten, bis sich die Goldgräber verzogen haben und das Licht von alleine angeht.