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Die erste Frau

Von Madlen Schäfer / 4. März 2020
picture alliance / ZUMAPRESS.com | Nick Otto

Erste Male sind etwas Besonderes. Wenn allerdings eine Frau die Hauptrolle innehat, kommt dabei nicht selten ein historischer Moment heraus.

Dass erste Male seltener werden, bei denen der weibliche Anteil einer extra Erwähnung bedarf, dürfen wir als positives Zeichen deuten. Denn wir kommen damit Schritt für Schritt der Gleichberechtigung näher. Einen großen Anteil daran haben die folgenden Pionierinnen auf ihrem jeweiligen Gebiet.

Die erste Frau, die eine Rede im Reichstag hält

Es ist ein geschichtsträchtiger Moment, als Marie Juchacz am 19. Februar 1919 eine Rede im Reichstag hält. Die Sozialdemokratin ist die erste Frau, die vor einem demokratisch gewählten Parlament in Deutschland spricht. „Ich möchte hier feststellen, und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist“, sagte Juchacz. Die damals knapp 40-jährige (Mehrheits-)SPD-Abgeordnete gehörte mit 36 weiteren Frauen zu den ersten weiblichen Parlamentarierinnen. Einen Monat zuvor hatten Frauen das allgemeine Wahlrecht erlangt. Im Dezember 1919 gründete Juchacz außerdem die Arbeiterwohlfahrt (AWO).

Die weiblichen Abgeordneten der MSPD in der Weimarer Nationalversammlung am 1. Juni 1919. (Foto: Historisches Museum Frankfurt)

Die erste Frau im All

Im Jahr 1963 umkreiste die “Wostok-6“ drei Tage lange die Erde, insgesamt 49 mal. Im Raumschiff saß die 26-jährige Kosmonautin Walentina Tereschkowa. Die gelernte Näherin wurde am 13. Juni 1963 von Baikonur aus – im südlichen Kasachstan – in den Weltraum geschossen. Nach dem Raumflug von Juri Gagarin am 12. April 1961 wollte die Sowjetunion schnellstmöglich eine Frau ins All bringen. Tereschkowa überzeugte mit ihrer Faszination für den Weltraum und absolvierte eine Ausbildung in der Abendschule. Raumfahrtkapseln waren zu jener Zeit noch so klein, dass nur eine Person darin fliegen konnte. Das ist der Grund, warum die „bemannte“ Mission von Walentina Tereschkowa die einzige Raumfahrt ist, an der eine Frau nicht nur erstmalig, sondern auch allein beteiligt war.

Berlin, 10. Weltfestspiel in der DDR, Demonstration am 4.8.1973, Angela Davis, Walentina Tereschkowa (Foto: Bundesarchiv)

Die erste Pastorin in Deutschland

Die wohl bedeutendste Frau in der Bibel ist Eva. In Deutschland gehörte Elisabeth Haseloff zu den kirchlich eindrücklichsten Frauen, als sie 1959 erste deutsche Pastorin in Lübeck wurde. Erst seit 1958 ist es Frauen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche durch ein Kirchengesetz überhaupt möglich, Pfarrerin zu werden. Eine Planstelle sollte dort mit einer unverheirateten Theologin besetzt werden. Die Wahl fiel auf die in Rom geborene Haseloff. Das sorgte deutschlandweit für Aufsehen und die Landeskirche teilte mit, dass dieser Fall nicht grundsätzlich dazu führen solle, Frauen zu Pastorinnen zu machen. Neben ihrer Gemeindearbeit kümmerte sich Haseloff als Mitherausgeberin um die Zeitschrift „Die Theologin“. Lange Zeit wurden Theologinnen in ihrem Amt noch Vikarinnen genannt, um zu verdeutlichen, dass Frauen in ihrer Arbeit keine gleichgestellte, leitende Funktion in kirchlichen Gemeinden übernehmen durften. Inzwischen sind Theologinnen in Deutschland keine Seltenheit mehr.

St. Matthäi-Kirche in Lübeck (Copyright: Andreas Geick)

Die erste Frau, die den Nobelpreis erhält

Bis heute hält sich hartnäckig das Vorurteil, Frauen hätten weniger Talent für Naturwissenschaften. Nicht zuletzt die Physikerin Marie Curie überzeugte bereits vor 100 Jahren alle vom Gegenteil. 1867 unter dem Namen Maria Sklodowska in Warschau geboren, studierte die Polin ab 1891 in der französischen Hauptstadt als eine von 23 Frauen (unter mehr als 1800 Studierenden) an der Fakultät für Naturwissenschaften. 1903 erhielt sie mit ihrem Ehemann, Pierre Curie, sowie Antoine Henri Becquerel den Nobelpreis für Physik für die Entdeckung der Radioaktivität. 1911 wird sie erneut mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, erhält die wissenschaftliche Ehrung nun für die Kategorie Chemie und ihre Entdeckung des chemischen Elements Radium. Im Jahr 1934 stirbt Curie an den Folgen einer Leukämie, verursacht durch den jahrelangen Kontakt mit radioaktiven Stoffen. Bis in unsere heutige Zeit ist sie die einzige Frau, die jemals mit zwei Nobelpreisen ausgezeichnet wurde.

Marie Curie, 1911. (Foto: Nobelpreis-Komittee)

Die erste Frau als gewähltes Staatsoberhaupt

Von 1980 bis 1996 war Vigdís Finnbogadóttir Staatsoberhaupt Islands und damit die erste Frau, die weltweit in das höchste Amt eines demokratischen Staates gewählt wurde. Im Juni 1980 setzte sich die parteilose, geschiedene, alleinerziehende Mutter einer adoptierten Tochter gegen drei Männer durch; wenn auch nur mit knapper Mehrheit. Während ihrer 16 Jahre andauernden Amtszeit setzte sich Finnbogadóttir, die Literatur- und Theaterwissenschaften studiert hatte, explizit auch für die Gleichberechtigung der Frauen ein. Sie initiierte 1996 die Gründung des „Council of Women World Leaders“, ein Netzwerk, welches aus amtierenden oder Ex- Regierungschefinnen besteht. Finnbogadóttir war die erste Vorsitzende des mächtigen Frauennetzwerks.

Vigdís Finnbogadóttir , 1985. (Foto: https://www.nationaalarchief.nl)

Die erste Frau bei den Olympischen Spielen

„Dabei sein ist alles“ – ein gültiges Motto? Auf Olympia und Frauen traf dies sehr lange Zeit nicht zu, ihnen war es in der Antike nicht einmal gestattet, die Olympischen Spiele zu sehen. Selbst in der Neuzeit dauerte es, bis eine Frau den olympischen Gedanken aktiv für sich leben durfte. Im Jahr 1900 nahmen 17 Frauen an der Sportveranstaltung teil, die erste Olympiasiegerin wurde Hélène de Pourtalès. Die Schweizerin segelte auf der Seine und gewann eine Goldmedaille. Die gebürtige New Yorkerin war zum Zeitpunkt ihres Olympia-Erfolgs 32 Jahre alt und segelte auf dem Schiff „Lérina“ zusammen mit ihrem Ehemann und ihrem Neffen. Sie soll bereits früh mit dem Segelsport in Kontakt gekommen sein, weil ihr Großvater, begeisterter Segler, einen Club gegründet hatte, in dem nicht nur Männer, sondern auch Frauen Sportarten betreiben durften.

Hélène de Pourtalès, ca. 1900. (Fotocredit: unbekannt)

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